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Prozesse der Film-Untertitelung gezeigt an einem deutsch-französischen Beispiel   GERMANOPOLIS : Dossier - Berufsbild Translation bei Film und Fernsehen

Alles was Sie immer wissen wollten über Film-Untertitelung, Synchronisation, Übersetzungstechniken und Herausforderungen beim Film und Fernsehen. Analysen, Erfahrungsberichte und Fallsbeispiele werden hier vorgestellt.

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Filme oder Fernsehprogramme im Original tragen zur Verbreitung der verschiedenen Sprachen und Kulturen bei. Untertitel sind dank des digitalen Fernsehens immer häufiger präsent und dadurch zu einem Instrument der Massenmedien geworden. Deshalb sind die komplexen Arbeitsschritte zur Erstellung von Untertiteln immer öfter Gegenstand der Wissenschaft im allgemeinen und der Übersetzungswissenschaft im besonderen.
Eglantine Devos

Prozesse der Film-Untertitelung

gezeigt an einem deutsch-französischen Beispiel


Inhaltsverzeichnis

Einleitung. 3

1. Multimediale Sprachübertragung. 6

1.1 Abgrenzung des Themenbereichs. 7

1.2. Die verschiedenen Verfahren der audiovisuellen Sprachübertragung. 8

2. Die Untertitelung. 13

2.1. Historische Aspekte. 13

2.2. Wirtschaftliche und kulturelle Aspekte. 14

2.3. Zielgruppen der Untertitelung. 16

2.3.1. Intralinguale Untertitelung. 17

2.3.2. Interlinguale Untertitelung. 17

2.4. Einsatzbereiche der Untertitelung. 18

2.4.1. Untertitel für die Kinoleinwand. 18

2.4.2. Video- und Fernsehuntertitelung. 19

2.4.3. DVD-Untertitelung. 19

2.5. Formale Aspekte. 20

2.5.1. Position der Untertitel im Bild. 21

2.5.2. Zeit- und Raumproblem.. 22

2.5.3. Schriftzeichen. 23

2.5.4. Zeichengröße und Zeichenabstand. 23

2.5.5. Schriftfarbe und Hintergrund. 24

2.5.6. Interpunktion. 25

2.5.6.1. Bindestrich / Trennstrich (Divis) / Gedankenstrich. 25

2.5.6.2. Punkt / Auslassungspunkte. 26

2.5.6.3. Anführungszeichen. 27

2.5.6.4. Ausrufe- und Fragezeichen. 28

2.5.6.5. Großschreibung. 28

2.5.6.6. Kommata / Semikola / Parenthesen. 29

2.5.6.7. Kursiv. 29

3. Translatorische Aspekte der Untertitelung. 30

3.1. Die Untertitelung innerhalb der Translationswissenschaft 30

3.2. Mündlichkeit und Schriftlichkeit 34

3.3 Strategien beim Untertitelungsprozess und damit verbundene Probleme. 40

3.4. Strategien der Textverkürzung. 42

3.4.1. Auslassung. 42

3.4.2. Die Wiederholung. 43

3.4.3. Haupt- und Nebensätze. 45

3.4.4. Adverbialbestimmung. 46

3.4.5. Kausale Relation. 46

3.4.6. Aufzählung. 47

3.4.7. Synonymie. 47

3.4.8. Paraphrasen. 48

3.5. Vereinfachte Syntax und vereinfachte Lexik. 49

3.5.1. Umstellung der Syntax. 49

3.5.2. Zusammenführung mehrerer Dialogteile. 50

3.5.3. Vereinfachte Lexik. 51

3.6. Übersetzungsprobleme bei der Untertitelung. 52

3.6.1. Zahlwörter 52

3.6.2. Lieder und Lyrik. 53

3.6.3. Abkürzungen. 54

3.6.4. Flüche und obszöne Ausdrücke. 54

4. Kulturspezifische Realia. 55

4.1. Kultur im Film.. 59

4.2. Strategien zur Übersetzung kulturspezifischer Elemente. 60

4.2.1. Auslassung des kulturspezifischen Begriffs. 60

4.2.2.Übernahme des AS-Ausdruckes als Zitatwort 61

4.2.3. Anpassung an die Zielsprache. 62

4.2.4. Neutralisieren des kulturspezifischen Ausdrucks. 64

4.3. Übersetzung von Wortspielen. 65

5. Zusammenfassung. 67

6. Korpusanalyse – Untersuchung der frz. Untertitel des Films „Good bye, Lenin!“. 68

6.1. Zum Film.. 68

6.2. Inhalt des Films. 68

6.3. Wahl des Films. 72

6.4. Strategien zur Textverkürzung und damit verbundene Probleme. 73

6.5. Kulturspezifische Elemente. 90

6.6. Auswertung der Untersuchung. 99

7. Schlussbetrachtung. 101

Bibliographie. 103

Beitrag                                                                                                                              

von Eglantine Devos.

Email: e.devos@traduc.biz Nicht ohne Rücksprache zitieren. Eglantine Devos ist Dipl.-IFK (Interkulturelle Fachkommunikation) der Humboldt-Universität zu Berlin.

Einleitung

Am Anfang der Filmgeschichte waren die Filme stumm. Das Bild nahm die Vorrangstellung ein, weshalb alle die Filme verstehen konnten:

[À l’époque, on] tendait à tout exprimer, l’objectif autant que le subjectif, par le seul moyen de l’image animée. (J. Epstein, 1947: 66; zit. nach Tomaszkiewicz, 1993: 15)

Für die Filmtheoretiker[i] reicht die Zeit, in der der Film allein durch die Bilder lebte, von 1890 bis 1900. In dieser Periode bildeten Filme die Realität ab und hatten die Charakteristika eines Dokumentarfilms. Es war die Zeit, in der man sich vor allem mit den technischen Aspekten der neuen Erfindung beschäftigte. Die Gestik und Mimik des Schauspielers ersetzte oft das gesprochene Wort. Ab 1902 entdeckte man, dass es auch möglich war, mit diesem Medium kleine Geschichten zu erzählen. Die Entwicklung der Montagetechniken unterstützte, dass Meliès in Frankreich, bzw. Edison und Porter in Amerika damit anfingen, kurze fiktive Geschichten zu drehen. Die Natur der Filme veränderte sich dadurch. Sie wurden immer länger und komplexer. Das Dekor und die Orte wechselten und den Zuschauern wurde ein völlig neues Raum- und Zeitgefühl vermittelt. Um dem Publikum die neue Erzählform verständlich zu machen, tauchten die Zwischentitel auf. Diese auf Schrifttafeln eingefügten kurzen Texte erläuterten die Bilder und fassten die Dialoge zusammen. Mit der Einführung des Tonfilms um 1929 endete die Verständigung allein über die Bildsprache. Der Stummfilm hatte internationalen Charakter, da Zwischentitel leicht in andere Sprachen zu übersetzen waren. Durch den Tonfilm, in dem eine Geschichte nicht mehr nur visuell, sondern auch über Dialoge erzählt wurde, entstanden nun Sprachbarrieren, die es zu beseitigen galt. Um die Internationalität des Filmes aufrechtzuerhalten, musste eine neue Form der Übertragung der Filmdialoge von der Ausgangs- in die Zielsprache gefunden werden.

Für den globalen Filmvertrieb wurden verschiedene Möglichkeiten erarbeitet, die auf neuen Techniken basierten. Synchronisation und Untertitelung sind dabei nicht die einzigen Möglichkeiten der Filmübersetzung. Im wesentlichen wurden sechs verschiedene Lösungen eingesetzt, um dem Film sein gesamtes Zielpublikum zu erschließen: (1) die Verfilmung in mehreren Sprachen (ein System, dass oft in den 30er Jahren verwendet wurde), (2) das Simultandolmetschen, (3) das „voice-over Verfahren“, (4) der Kommentar, (5) die Synchronisation und (6) die Untertitelung. Die Techniken (2) bis (4) haben den Vorteil, preisgünstiger zu sein, sie sind jedoch für den Betrachter störend, da sie die Synchronie des Films beeinträchtigen. Vielleicht sind sie gerade deshalb nicht so weit verbreitet, wie die beiden letztgenannten Methoden, die bis zum heutigen Tag große Fortschritte gemacht haben und eine leistungsfähige sprachliche Vermittlung des Werkes erlauben. Nur Untertitel ermöglichen dem Zuschauer die Originalsprache und die Übersetzung zeitgleich wahrzunehmen.

Filme oder Fernsehprogramme im Original tragen zur Verbreitung der verschiedenen Sprachen und Kulturen bei. Untertitel sind dank des digitalen Fernsehens immer häufiger präsent und dadurch zu einem Instrument der Massenmedien geworden. Deshalb sind die komplexen Arbeitsschritte zur Erstellung von Untertiteln immer öfter Gegenstand der Wissenschaft im allgemeinen und der Übersetzungswissenschaft im besonderen. Obwohl der Stellenwert der Filmübersetzung sehr früh erkannt wurde, hat sich die Übersetzungswissenschaft erst spät mit der Materie auseinandergesetzt. Vielleicht weil sie eine junge Disziplin ist, die lange Zeit brauchte, um sich von der Linguistik zu emanzipieren. Es existieren bisher noch keine deutschen wissenschaftlichen Studien über die translatorischen Tätigkeiten und Strategien, die für die Untertitelung von Filmen notwendig sind.

Henrik Gottlieb, der sich als Übersetzungswissenschaftler intensiv mit der Problematik der Untertitelung auseinandergesetzt hat, beschreibt das Anforderungsprofil eines Untertitlers[ii] wie folgt:

The subtitler must possess the musical ears of an interpreter, the stylistic sensitivity of a literary translator, the visual acuteness of a film cutter, and the esthetic sense of a book designer. (Gottlieb, 1994: 101)

Er sollte also Dolmetscher, Literaturübersetzer, Cutter und Layouter in einem sein.

Die vorliegende Arbeit möchte die komplexen Prozesse aufzeigen, die zur Erstellung von Untertiteln erforderlich sind, wobei die Terminologie, die geschichtlichen Zusammenhänge, die geographische Verbreitung der Verwendung von Untertiteln und die technischen Vorraussetzungen erklärt werden. Der Hauptteil widmet sich den praktischen Schwierigkeiten beim Übersetzen, bzw. den verschiedenen translatorischen Strategien, die zum Übersetzen von Untertiteln notwendig sind. Als Korpus für die Betrachtung dient die Untersuchung der französischen Untertitel des deutschen Filmes „Good bye, Lenin!“ von dem Regisseur Wolfgang Becker. Anhand von repräsentativen Beispielen sollen die theoretischen Ausführungen des 3. Teils näher erläutert werden.


1. Multimediale Sprachübertragung

In unserer globalisierten Welt sind die Medien allgegenwärtig und nehmen einen hohen Stellenwert ein. Charakteristisch für diese Entwicklung ist die stetig fortschreitende Verbildlichung von Informationen, die mit der Erfindung der Medien Fotografie und Film begann. Folge davon ist, dass multimediale Formen der Kommunikation die traditionelle Informationsvermittlung über das Medium Schrift ergänzt und sogar z.T. verdrängt haben. Für die Übersetzungswissenschaft bedeutet dies, dass sie sich vermehrt auf diesen neuen Bereich einstellen muss und folgerichtig auch die multimediale Sprachübertragung als Untersuchungsgegenstand wahrzunehmen hat. Allerdings existieren wissenschaftliche Untersuchungen zur multimedialen Sprachübertragung erst seit kurzem. Laut Gambier beginnt das Interesse ab ca. 1995 mit den vom Europarat organisierten Kolloquien über audiovisuelle Kommunikation anlässlich des 100-jährigen Jubiläums des Kinos (Gambier, 2003: 171). Durch die Globalisierung erleben wir eine zunehmende Internationalisierung, die sich auch an der Menge von übertragenen Texten zeigt: Übersetzungen bilden in vielen Sprachen eine deutliche Mehrheit aller audiovisuellen Nachrichten (Lambert / Delabastita, 1996: 34). Der entflammte Enthusiasmus für das Thema ist sicherlich auch durch den parallel stattfindenden Technologieboom zu erklären: die neuen Angebote von online- und offline- Produkten (Internet, CD-Rom), die Entwicklung neuartiger Medienträger wie der DVD usw.. Wir leben mittlerweile in einer Welt, aus der der Bildschirm nicht mehr wegzudenken ist. Ethnische Minderheiten entdecken, dass sie ihre Sprache und ihre kulturelle Identität mithilfe der neuen Werkzeuge verbreiten und stärken können. Dazu stellt der Übergang von analoger zu digitaler Technik eine Revolution dar, denn die digitale Technik ermöglicht einen flexibleren und schnelleren Informationsaustausch (Gambier, 2003: 171). Dadurch verändert sich die Tätigkeit des Übersetzers rasant, was sich natürlich auch in der Terminologie wiederspiegelt. Allerdings beschäftigen sich die wissenschaftlichen Studien mit verschiedenen Medien und der untersuchte Gegendstand ist oft unterschiedlich bezeichnet. Deshalb erscheint es wichtig, den Themenbereich der vorliegenden Arbeit genau einzugrenzen.


1.1 Abgrenzung des Themenbereichs

Bei der Untersuchung der Fachliteratur zum Thema fällt die Vielfalt der verwendeten Begriffe auf. 1971 war Reiss die erste Wissenschaftlerin, die den Begriff „audio-medial“ verwendete. Ihr Untersuchungsgegenstand waren Texte, die gesungen oder gesprochen wurden (Reiss, 1971: 34). Erst im Jahre 1984 ersetzte sie diesen Begriff durch „multi-medial“ und schloss in ihre Definition auch die Comicsprache mit ihren visuellen Elementen ein (Reiss, 1984: 211).

Eine Darstellung der Entwicklung der Begrifflichkeit ist bei Gambier zu finden. Er greift das Thema auf und setzt sich mit den verschiedenen Aspekten der „multimedia translation“ (multimediale Übersetzung) auseinander:

Another expression that is gaining ground is multimedia translation, but this leads to a certain element of confusion since sometimes it implies theatre, comics, films and at other times TV, cinema, video and on-line and off-line products and services (such as web pages, CD-Roms, computer games) – as though there is no differences between media in the strict sense (TV, cinema, computer) and verbal and visual codes. (Gambier, 2003: 171-172)

Der Begriff ist gerade erst entstanden und noch nicht sauber genug eingegrenzt.

Ähnlich unscharf erscheint der von ihm vorgestellte Terminus „language transfer“, welcher den Schwerpunkt auf Sprache setzt und die Elemente Bild und Ton zu vernachlässigen scheint:

The term language transfer was [...] introduced, focusing on language, even though the verbal content is supplemented by other elements such as pictures and sounds. (Gambier, 2003: 171)

In der Fachliteratur taucht zudem der Begriff “audiovisual translation” (audiovisuelle Übersetzung) auf:

La traduction audiovisuelle (TAV) relève de la traduction des médias qui inclut aussi les adaptations ou éditions faites pour les journaux, les magazines, les dépêches des agences de presse, etc. Elle peut être perçue également dans la perspective de la traduction des multimédias […]. (Gambier, 2004: 1)

Karamitroglou verwendet den Begriff “audiovisual translation”, um die audiovisuelle Dimension der Kommunikationsart deutlich zu machen und umfasst darin sowohl die sogenannte „screen translation” als auch die „film translation“ (Karamitroglou, 2000: 1). „[S]creen translation” bezeichnet „all products distributed via a screen (television, cinema or computer screen)” (Gambier, 2003: 173). Er setzt also den Akzent auf das Medium des zu übersetzenden Ausgangstextes. Demnach könnte auch die Übersetzung von Webseiten in diese Kategorie fallen, da das Ergebnis auf einem (Computer-) Bildschirm dargestellt wird. Die Bezeichnung „film translation“ ist unpräzise, da unter dem Begriff Film zumeist nur der Spielfilm verstanden wird und somit Kurzfilme, Serien oder Dokumentarfilme ausgeklammert blieben (Karamitroglou, 2000: 1-2). Außerdem erscheint es sinnvoll die DVD in die Betrachtung einzubeziehen, da dieses Medium zunehmend an Bedeutung gewinnt und aus der audiovisuellen Medienlandschaft nicht mehr weg zu denken ist.

Anders als die Kommunikationsmittel Bücher, Radio, Telefon oder Gebärdensprache, impliziert die audiovisuelle Kommunikation, dass die Information gleichzeitig über den akustischen und den visuellen Kanal vermittelt wird (Karamitroglou, 2000: 1). Karamitroglou schließt in dieser Definition die Unter- und Übertitel des Theaters oder der Oper aus und beschränkt sich lediglich auf die drei Hauptmedien TV, Kino und Video.

In dieser Arbeit wird „audiovisual translation“ als Überbegriff benutzt.

1.2. Die verschiedenen Verfahren der audiovisuellen Sprachübertragung

Die Techniken der Sprachübertragung von Filmen begrenzen sich nicht nur auf Synchronisation und Untertitelung. Diese sind jedoch die ältesten und am häufigsten verwendeten. Als Nächstes zuerst die kurze Vorstellung und Erläuterung der anderen Verfahren, bevor dann der Schwerpunkt dieser Arbeit, die Untertitelung, aufgegriffen wird.

»    Verfilmung in mehreren Sprachen („Multilingual versions“) ist immer aufwändig und somit sehr kostspielig. Beim „Double Shooting“ wird der Film parallel in mehreren Sprachen gedreht. Auf Grund der exzessiven Kosten, findet das „Double Shooting“ kaum noch Anwendung.

Das sogenannte Remake ist ein ähnliches Verfahren, welches auch immer noch angewandt wird. Von Remake spricht Josephine Dries in der Regel, wenn die zweite Version eines Filmes nicht mehr zeitnah, sondern erst mit einem gewissen Abstand zur Erstproduktion gedreht wird (Dries, 1995: 39). Für Gambier ist das Remake die Adaptation eines Filmes an eine andere Zielgruppe, wobei Inhalte und Form an deren Werte, Ideologien und Erzählungsweise angepasst werden. Am Anfang des Tonfilms, etwa ab 1930 bis 1950, wurde dieses Verfahren von den Amerikanern eingesetzt, um auf dem europäischen Markt Fuß zu fassen, heutzutage sind es eher europäische Produktionen, die auf diese Weise dem amerikanischen Markt angepasst werden (Gambier, 2003: 174).

»    Simultandolmetschen („simultaneous interpreting“) wird zum Beispiel während einer Debatte im Fernsehen, bei Filmfestivals oder auch in Kinematheken verwendet. Der deutschfranzösische Fernsehsender „Arte“ macht regelmäßig Gebrauch davon. Auch die Übertragung in Gebärdensprache kann zum Simultandolmetschen gezählt werden. Gedolmetscht wird unter Zuhilfenahme des Drehbuchs, der Dialogliste oder von Untertiteln einer anderen Sprache (Relaissprache). Diese Art der Übersetzung von Filmen richtet sich vor allem an Filmliebhaber (Gambier, 2003: 173).

»    Das voice-over Verfahren („voice-over“) kommt zum Einsatz, wenn ein Dokumentarfilm oder ein Interview übersetzt, bzw. adaptiert und synchron mit dem von einem Schauspieler oder einem Journalisten gesprochenen Text übertragen wird (Gambier, 2003: 173).

»    Kommentar („free commentary“) ist zweifelsohne eher eine Adaptation als eine Übersetzung, da der Text für ein neues Publikum aufbereitet wird. Hierbei werden Zusatzinformationen geliefert, Erläuterungen und Kommentare eingefügt und Auslassungen vorgenommen (Gambier, 2003: 174).

»    Synchronisation („dubbing“): Dries beschreibt diesen Übersetzungsvorgang als Technik, die die Originalstimme eines audiovisuellen Produktes durch eine andere ersetzt:

Dubbing can best be described as the technique of covering the original voice in an audiovisual production by another voice. (Dries, 1995: 9)

Das deutsche Wort Synchronisation kommt aus dem Griechischen und bedeutet „Herstellen von Gleichzeitigkeit[iii]. In der Filmtechnik bezeichnet es das gleichzeitige Ablaufen von Bild und Ton. Im Allgemeinen versteht man darunter die lippensynchrone Nachvertonung eines fremdsprachigen Filmes. Dies ist besonders wichtig, wenn die Lippen in Grossaufnahme gezeigt werden. Sind sie nur teilweise sichtbar, ist eine größere Flexibilität bei der Übersetzung möglich. Bei der lippensynchronen Nachvertonung ist oftmals eine Adaptation notwendig, z.B.: “I met him fifteen years ago“ zu “ça fait vingt ans que je l’ai vu.“ Die Übertragung von „fifteen“ in „vingt“ ist nur unter der Bedingung möglich, dass die allgemeine Glaubwürdigkeit und der ursprüngliche Sinn beibehalten werden (Gambier, 2004: 3). Ende der 20er Jahre, als die ersten Tonfilme erschienen, wurde die zielsprachige Tonspur von Muttersprachlern aufgenommen. Anstatt den Schauspielern die fremdsprachliche Aussprache beizubringen, lernten sie für die Neuverfilmung Zahlen von eins bis hundert. Der Dialog wurde dann in Nummern umgeschrieben. Der englische Satz „I love you“ wurde z.B. im Deutschen durch die Zahlen „eins sieben vier“ ersetzt, damit die Lippenbewegungen wie „ich liebe dich“ aussahen (Reid, 2001: 17).

»    Mit Untertitelung bezeichnet man im Allgemeinen die Übersetzungsmethode, die Filmdialoge durch sogenannte Untertitel („subtitle“) überträgt. Der Däne Henrik Gottlieb liefert uns eine ausführliche Definition des Begriffs Untertitelung. Demnach ist die Untertitelung die Übertragung in eine andere Sprache (1) von verbalen Aussagen (2) in filmischen Medien (3) in Form von ein- oder zweizeiligen Texten (4), präsentiert auf Leinwand oder Bildschirm (5) und synchron zur Originalaussage (6).“ (Gottlieb, 2001: 13)

Dies würde bedeuten, dass die intralinguale Untertitelung (für z.B. Gehörgeschädigte) durch seine Definition ausgeschlossen bliebe (vgl. (1)) – natürlich wird sie hier ebenfalls vorgestellt. Die von Gottlieb erwähnten „verbalen Aussagen“ (2) beziehen sich nicht ausschließlich auf die Rede (Dialog, Kommentar usw.) sondern auch auf Schriftzüge (Straßenschilder, Zeitungstitel, Werbeplakate usw.), sowie Texteinfügungen zur Erläuterung der Filmsituation (Orte, Namen usw.). Die „filmischen Medien“ (3) beinhalten Kino, Video, Fernsehen, Laser Disc und DVD. Untertitel können von links nach rechts gelesen werden (4), wie es bei der lateinischen oder kyrillischen Schrift der Fall ist, oder von rechts nach links wie bei der hebräischen oder arabischen Schrift (5). Um die bildliche Harmonie nicht zu beeinträchtigen, erscheinen Untertitel meist am unteren Rand des Bildschirmes oder der Leinwand. Allerdings akzeptiert man sie in manchen Ländern auch am oberen Rand, wenn besonders wichtige Bildinformationen im unteren Teil des Bildes platziert sind. In Japan werden häufig vertikale Untertitel verwendet. In der Regel platziert man Untertitel mit Hilfe eines „Timecodes“, um die Synchronität zwischen Dialog und Bild zu gewährleisten (Gottlieb, 2001: 14).

Die Übersetzungswissenschaftlerinnen Hurth und Wiedler liefern folgende Definition für den Begriff Untertitel:

Als Untertitel bezeichnet man die gekürzte Übersetzung eines Filmdialoges, die synchron mit dem entsprechenden Teil des Originals auf dem Bildschirm bzw. der Leinwand zu sehen ist. Für den Übersetzer stellen Untertitel eine ganz besondere Herausforderung dar. Er hat es dabei nicht nur mit einem schriftlich fixierten Text zu tun, sondern muss auch die optischen (Fernsehbild, Film…) und akustischen (Musik, Geräusche…) Ausdrucksformen berücksichtigen. Dazu steht ihm aufgrund der technischen Gegebenheiten nur ein beschränktes Ausmaß an Zeit und Raum zur Verfügung. (Hurth / Wiedler, 1999: 261)

Wichtig ist der Hinweis auf den multimedialen Charakter der Filmsprache, in der neben dem Wort auch Bilder, Musik und Geräusche zur Kommunikation beitragen und Informations- bzw. Bedeutungsträger sind. Alle diese Elemente müssen von dem Übersetzer in Betracht gezogen werden, damit der Informationsgehalt möglichst gleich bleibt.

Grundsätzliche wird zwischen zwei Arten der Untertitelung: den „open subtitles“ (1) und den „closed subtitles“ (2) unterschieden. Die Entscheidung, welche der beiden zur Anwendung kommt, wird je nach Zielgruppe (siehe Kap. 2.3.) oder Medium (Kinofilme, Video, DVD, TV) (siehe Kap. 2.4.) getroffen.

1. Permanente (nicht abschaltbare) Untertitel, werden „offene Untertitel“ („open subtitles“) genannt. Sie sind vor allem im Kino und im analogen Fernsehen am gebräuchlichsten. Nach ihrer Erstellung sind sie fester Bestandteil des Films und können folglich nicht vom Zuschauer beeinflusst werden. Diese Art von Untertitel werden bevorzugt, wenn die Ausgangssprache eines Films, einer Fernsehproduktion oder anderer öffentlichen Vorstellungen, nicht mit der Sprache der Zielgruppe identisch
ist – interlinguale Untertitelung (siehe Kap. 2.3.2.).

2. Durch den Zuschauer optional zuschaltbare Untertitel bezeichnet man als geschlossene Untertitel („closed subtitles“). Sie hatten ihren Ursprung in Amerika, wo sie speziell für Hörgeschädigte entwickelt wurden. Geschlossen deshalb, weil sie nicht allen Zuschauern zur Verfügung stehen, sondern nur denen, die sie unter Verwendung spezieller technischer Ausrüstung auf eigenen Wunsch aktivieren. Sie visualisieren alle wichtigen akustischen Inhalte (Dialoge als auch Zusatzinformationen, wie Beifall, Gelächter, etc.), wobei die Ausgangssprache identisch mit der Zielsprache ist - intralinguale Untertitelung (siehe Kap. 2.3.1.).

Dank der digitalen Medien finden sie immer breitere Anwendung. Die Untertitelung auf DVD gehört ebenso zur Kategorie der „closed subtitles“. Ihre hohe Speicherkapazität macht es möglich, dass der Zuschauer sowohl Sprache als auch Untertitel frei wählen kann (Ivarsson / Carroll, 1998: 4; Caimi, 2002: 24).

Closed subtitles“ verwendet man vor allem im digitalen Fernsehen, wo verschiedene Versionen des gleichen Programms parallel empfangen werden können. Über einen Befehl kann der Rezipient die gewünschte Sprache und / oder gewünschten Untertitel auswählen. Diese digitale Technik ist für das Fernsehen bereits im Einsatz. In den Vereinigten Staaten und seit kurzem auch in Europa wird sie im Kino getestet (Caimi, 2002: 24). Auch über Videotext (Tafel 150) können geschlossene Untertitel ausgestrahlt werden. Diese unterscheiden sich faktisch von den offenen, weil jeder auf dem Bildschirm erscheinenden Person eine Farbe zugeordnet ist, um auseinander halten zu können, wer gerade spricht. Bei Handlungsrelevanz werden Geräusche oder Musik im Text erwähnt. Zu den „geschlossenen Untertiteln“ zählt auch ein neues, noch umstrittenes Verfahren: die Live-Untertitelung, die bisher relativ wenig verwendet wird. Vorwiegend setzt man sie bei der Übersetzung von Nachrichten und Sportereignissen ein. Zu ihrer Erstellung wird ein sogenanntes „Velotype“ benutzt. Es ist eine Tastatur, die mit Silben schreibt. Bei Sportprogrammen hört der „Editor“ dem Live-Kommentar zu und versucht in bestimmten Zeitabständen einen Untertitel zu formulieren. Ein Spracherkennungssystem transformiert die Kommentare des Editors (ca. 900 Zeichen pro Minute) in Untertitel, die dann ausgestrahlt werden. Bei Nachrichten ist die Prozedur etwas anders, da einige Beiträge erst kurz vor Sendungsbeginn eintreffen, weshalb  nur ein Teil der Sendung wirklich live untertitelt wird. Talkshows können mit dieser Methode nicht übersetzt werden, da das Sprechtempo zu schnell ist. Länder, in denen „closed subtitles“ weit verbreitet sind, stehen dieser neuen Methode aufgeschlossen gegenüber. In England werden z.B. 80% aller Programme der BBC und in den Niederlanden immerhin 50% der Programme der öffentlich-rechtlichen Kanäle mit Untertiteln ausgestrahlt. In den Niederlanden findet die Live-Untertitelung bereits bei etwa der Hälfte der gesamten Videotext-Untertitelung Verwendung (Wahl, 2001: 10).

Einer weiteren Erläuterung bedürfen die Begriffe „caption“ und „display“. Im Englischen wird “caption” oft als Synonym für den deutschen Begriff Untertitel verwendet. Ivarsson und Carroll merken dazu jedoch an, dass die Bedeutung dieses Wortes in der Fachliteratur nicht eindeutig geklärt ist. In der Tat steht „captions“ eher für spezifische Hinweise, die dazu dienen den Kontext der Handlung näher zu erläutern (z.B. „Ost-Berlin 1989“):

"Captions" are texts that have been added to the film [...] after shooting, texts that tell the audience when and/or where a scene is taking place or, in programs of a more documentary nature, the name of a speaker and perhaps his position and title. (Ivarsson / Carroll, 1998: 97)

Auch für Karamitroglou sind „captions“ Textinformationen, die vom Regisseur nachträglich ins Bild eingefügt werden, um Namen, Plätze und Daten, die für das Verständnis des Filmes relevant sind, zu erläutern:

"Captions" (or "Toptitles") are pieces of textual information usually inserted by the program maker to identify names, places or dates relevant to the story line. (Karamitroglou, 2000: 5)

Ein weiterer Fachbegriff, der zu terminologischer Verwechslung führen kann, ist die Bezeichnung „display“. In der Fachliteratur bezeichnet „display“ einen kurzen schriftlichen Text in der Originalsprache, der auch in der übersetzten Version mit Untertiteln erhalten bleibt. Dies können Graffitis, Zeitungstitel, Werbeplakate, Laden-, Straßenschilder oder ähnliche Informationen sein (Caimi, 2002: 23). Es sind Textfragmente, die von der Kamera aufgenommen wurden und eine Relevanz für die filmische Erzählung haben (Ivarsson / Carroll, 1998: 97):

"Displays" are fragments of text recorded by the camera – letters, newspapers, headlines, banners, etc. (Karamitroglou, 2000: 5)

2. Die Untertitelung

2.1. Historische Aspekte

Schon zur Zeit des Stummfilms war man bemüht, Dialoge in das neue Medium zu integrieren. Die verbale Kommunikation innerhalb eines Filmes bestand aus kurzen Zwischentiteln in Form von einblendeten Schrifttafeln, die als Vorläufer der Untertitel gelten können. Laut Ivarsson und Carroll bezeichnete man die erstmals 1903 in einem Film auftauchenden Zwischentitel bereits als Untertitel und kopierte ein von Büchern oder Zeitungsüberschriften bekanntes Verfahren (Ivarsson / Carroll, 1998: 9). Die auf Karton oder Papier gedruckten bzw. gemalten Zwischentitel wurden abgelichtet und in die Filmsequenzen eingefügt:

Le cinéma muet se passa pendant longtemps du langage naturel et construisait un langage cinématographique pur, complet et rigoureux. On aspirait à limiter les intertitres, soit on les intégrait dans les codes de l’image, peints, décorés, harmonisés dans les rythmes diégétiques. La gestuelle de l’acteur se faisait explicite et emphatique et substituait ainsi le langage. (Becquemont, 1996: 147)

Die Übersetzung der Schrifttafeln stellte kein technisches Problem dar. Die Zwischentitel wurden einfach übernommen, der Text übersetzt, auf Papier gezeichnet oder gedruckt, abgelichtet und wieder im Film eingesetzt (Ivarsson / Carroll, 1998: 9).

Untertitel, wie wir sie heute kennen, gibt es erst seit 1909, als N. M. Topp eine neue Vorrichtung zur Darstellung von Untertiteln patentieren ließ. Sie wurden nicht direkt auf Celluloid gebracht, sondern mittels eines Skioptikons (eine Art Diaprojektor und Weiterentwicklung der Laterna Magica) manuell unterhalb des Bildes eingeblendet. Es war jedoch ein ziemlich kompliziertes Verfahren, weshalb sich diese Technik nie wirklich durchsetzte. Die Synchronisierung zwischen projiziertem Untertitel und den Bildern des Films stellte ein großes Problem dar (Ivarsson / Carroll, 1998: 12). Erst 1930 erwarb der Norweger Leif Eriksen ein Patent für eine Methode, bei der die Untertitel durch Befeuchtung der Emulsionsschicht auf den Filmstreifen geprägt wurden. Dieses Verfahren entwickelte dann der Ungar O. Turchányi technisch weiter, indem er Buchstaben mittels Erhitzung der Emulsionsschicht einbrannte. Allerdings war keines dieser Verfahren wirklich überzeugend. Der eingeprägte oder eingebrannte Text war nicht beständig, nutzte sich ab und wurde dadurch schnell unleserlich (Ivarsson / Carroll, 1998: 12).

Spätere Entwicklungen zur Untertitelung verwendeten chemische oder optische Verfahren. Bei der chemischen Methode wurden die Buchstaben der Untertitel nicht mehr eingeprägt sondern mit Hilfe chemischer Lösungen aufgetragen. Die optische Methode griff hingegen auf das separate Abfilmen der Untertitel zurück, die dann mit den Bildern zusammengesetzt wurden.

Beide Verfahren, sowohl das chemische als auch das optische, sind in modernisierter Form bis heute im Einsatz. Der große Durchbruch gelang allerdings erst mit der von Denis Auboyer 1988 in Paris entwickelten und von ihm patentierten Technik der Laseruntertitelung. Sie hat sich inzwischen vorwiegend in den westlichen Ländern durchgesetzt. Hierbei wird der Text mit einem computergesteuerten Laserstrahl direkt auf das Filmpositiv gebrannt. Die so gewonnene Schrift ist sehr scharf und somit gut lesbar. Die Laseruntertitelung ist kostengünstiger als die chemische Variante, allerdings sind die Anschaffungskosten der notwendigen technischen Geräte sehr hoch. Dafür garantiert sie einen sehr hohen Qualitätsstandard (Ivarsson / Carroll, 1998: 17-18).

2.2. Wirtschaftliche und kulturelle Aspekte

Die Verbreitung der Untertitelung ist in Europa regional verschieden. Laut einer Studie von Luyken kommt sie in Nordeuropa überwiegend in Dänemark, Norwegen, Schweden und in Südeuropa in Portugal, Zypern und Griechenland zur Anwendung (Luyken, 1991: 31; zit. nach Caimi 2002: 21). In den größeren Ländern Mitteleuropas, wie z.B. Frankreich, Deutschland, Spanien, Italien und Österreich[iv], hat sich die Synchronisation als favorisierte Methode durchgesetzt. England bevorzugt ebenfalls die Synchronisierung, hier kommt jedoch die Mehrheit der importierten Filme aus Amerika und benötigt meistens keine Übersetzung (Danan, 1991: 606).

Die folgende Tabelle soll die geographische Verbreitung von Untertitelung und Synchronisation in Europa veranschaulichen (vgl. Caimi 2002: 22):

Länder, in denen Filme überwiegend synchronisiert werden.

Länder, in denen Filme überwiegend untertitelt werden.

Österreich, Frankreich, Deutschland, Großbritannien, Irland, Russland, Spanien, die Schweiz.

Belgien, Zypern, Kroatien, Dänemark, Griechenland, Wales, Island, Luxemburg, Norwegen, Niederlande, Portugal, Slowenien, Schweden, Ungarn, Rumänien.

Daraus lässt sich ableiten, dass Untertitel vorzugsweise in kleineren Ländern mit geringerer Bevölkerungszahl eingesetzt werden, deren Muttersprache wenig verbreitet ist. Zudem stellt die Untertitelung eine relativ kostengünstige Alternative zur Synchronisierung dar. Daher werden Untertitel auch in den Ländern eingesetzt, in denen die finanziellen Mittel für die ca. zehnmal teurere Synchronisation fehlen (Caimi, 2002: 22). Man kann demzufolge annehmen, dass „ die Länder östlich von dem, was einst der Eiserne Vorhang war, [die] [...] erst in letzter Zeit angefangen [haben], Filme zu importieren, [...] wahrscheinlich hauptsächlich untertiteln [werden].“ (Reid, 2001: 19).

Filme oder Fernsehprogramme für Kinder bilden, was die soeben beschriebene Verbreitung der Übertragungsverfahren in Europa angeht, eine Ausnahme. Meist werden sie synchronisiert und nicht untertitelt und zwar auch in den Ländern, die traditionell auf Untertitelung setzen. Die Entscheidung für eine Technik der Sprachübertragung geht oft auf historische Zusammenhänge und kulturelle Gewohnheiten zurück. Historisch betrachtet, war die Synchronisation in Europa nach dem ersten Weltkrieg eine Art Protektionismus gegen die amerikanische Vorherrschaft in der Filmindustrie. Später wurde sie Ausdruck von Nationalismus, manchmal extrem, wie in Deutschland, Italien oder Spanien (Danan, 1991: 611). In Ländern, in denen die Untertitelung dominiert, findet sie in der Regel auch die Zustimmung des Publikums. Untersuchungen haben ergeben, dass sie dort nicht als störend empfunden wird. Für die Zuschauer ist es selbstverständlich geworden, gleichzeitig zu lesen und Bilder anzuschauen. In Ländern hingegen, in denen synchronisiert wird, ist das Untertiteln von fremdsprachigen Filmen eher eine exzentrische Ausnahme für ausgewählte Zuschauerkreise, es gilt als Markenzeichen für Qualität und als Symbol für Kunstfilme. Auf Betrachter, die keine Filmliebhaber sind, wirken Untertitel oft befremdlich (Danan, 1991: 607).

Laut Ivarsson und Carroll ist die Zukunft der Untertitelung sicher, da sie im Gegensatz zur Synchronisierung eine relativ preisgünstige Variante ist, um den Inhalt eines Films für alle verständlich zu machen. Hinzu kommt, dass die Zuschauer immer mehr daran interessiert sind, Filme in ihrer Originalsprache zu erleben, denn sie möchten ihre Fremdsprachenkompetenz erweitern und verlangen nach mehr Authentizität. Eine weitere Tendenz in zahlreichen Ländern ist die Einführung von Untertiteln für ein gehörloses Publikum (Ivarsson / Carroll, 1998: 1). Gambier teilt diese Meinung. Für ihn ist absehbar, dass sich die Gewohnheiten der Zuschauer durch moderne Marketingstrategien und die neue Flexibilität der Medien verändern werden. Bereits jetzt zeigen traditionell synchronisierende Länder Filme in Originalsprache mit Untertiteln (OmU), um deren Erfolgschancen zu testen. Das war z.B. bei „Malcolm X“ von Spike Lee der Fall, der in Frankreich zuerst mit Untertiteln veröffentlicht wurde (Gambier, 2003: 173).

2.3. Zielgruppen der Untertitelung

Filme oder Fernsehprogramme mit Untertiteln erfüllen mehrere Funktionen. Sie helfen Sprachbarrieren zu überwinden. Ausländische Produktionen öffnen sich mit Hilfe von Untertiteln einem internationalen Publikum. Sprachstudenten oder ausländische Mitbürger mit eingeschränkten Sprachkenntnissen nutzen sie als Lerninstrument. Außerdem ermöglichen Untertitel Personen mit Gehörproblemen den Zugang zum Medium Film, das ihnen ansonsten versperrt bleiben würde. Es muss allerdings angemerkt werden, dass sowohl intralinguale als auch interlinguale Untertitelungen bedeutende Differenzen zur Ausgangssprache aufweisen. Zum Einen liegt dies daran, dass die mündliche Sprache einer anderen Normierung als die schriftliche Sprache unterliegt (siehe Kap. 3.2.), zum Anderen können Sprachen mit unterschiedlichen sprachlichen Systemen nicht immer adäquat übertragen werden (siehe Kap. 3.3), weshalb der Zuschauer, der die Fremdsprache nicht beherrscht, falsche Schlüsse ziehen könnte.

2.3.1. Intralinguale Untertitelung

Intralinguale Untertitel („closed subtitles“) sind Transkripte der Dialoge. Die Ausgangssprache (mündlich) ist identisch mit der Zielsprache (schriftlich). Durch die Übertragung eines mündlichen Textes in eine schriftliche Form, sind Veränderungen des Ausgangstextes, wie Kürzungen und Vereinfachungen, unvermeidlich. Die intralinguale Untertitelung richtet sich an zwei verschiedene Empfänger mit unterschiedlichen Erwartungen: einerseits die Untertitelung von inländischen Sendungen für Gehörlose, andererseits die Untertitelung als Lernunterstützung für das Erlernen von Fremdsprachen. Für die Gehörlosen ist das Lesen der Untertitel eine Möglichkeit bzw. ein Hilfsmittel, um zu den auditiven Informationen Zugang zu bekommen. Für die zweite Gruppe sind die Untertitel eine didaktische Unterstützung, die das Hör- und Leseverständnis einer Fremdsprache fördert (Caimi, 2002: 26).

In die Kategorie der intralingualen Übersetzung fallen auch Sonderfälle, wie die Filme „Trainspotting” oder “Harry Potter”, die in US-Englisch synchronisiert wurden oder „L’amore molesto“, ein Film, der in Süditalien gedreht und für den Norden des Landes übersetzt wurde (Gambier, 2003: 173).

2.3.2. Interlinguale Untertitelung

Interlinguale Untertitel („open subtitles“) verbinden mindestens zwei verschiedene Sprachen und Kulturen. Die Ausgangssprache (mündlich) und die Zielsprache(n) (schriftlich), welche nicht identisch sind. Die wichtigste Arbeitsphase bei der Erstellung interlingualer Untertitel ist die Übersetzung (Caimi, 2002: 28). Die zweisprachigen Untertitel, wie sie z.B. in Belgien, Finnland, Israel und in der Schweiz vorkommen, gehören ebenfalls in diese Kategorie. Bei diesem Sonderfall ist je eine Zeile pro Sprache vorgesehen. Die Bilder im Kino, im Fernsehen, auf Video oder auf DVD unterscheiden sich in ihrer Größe (Auflösung), in der Anzahl an Pixel und in der Bildgeschwindigkeit (24 oder 26 Bilder/Sekunde). Diese Unterschiede haben auch Auswirkungen auf die Qualität der Untertitel, weshalb es nötig sein kann, sie neu zu fertigen, wenn z.B. ein Kinofilm im Fernsehen gezeigt wird (Gambier, 2004: 2).


2.4. Einsatzbereiche der Untertitelung

Seit das Fernsehen als Massenmedium die Haushalte erreicht, kommen immer häufiger Filme, die ursprünglich für das Kino konzipiert waren, anschließend dort zur Ausstrahlung. Anfangs stellte man sich nicht die Frage, ob die für Kinofilme hergestellten Untertitel auch für das neue Medium geeignet seien. Man ging einfach davon aus.

Als am 14.8.1938 „Der Student von Prag“ (1935, von Arthur Robinson) von der BBC ausgestrahlt wurde, stellte sich heraus, dass die fürs Kino erstellten Untertitel für das Fernsehen nicht tauglich waren, da das Fernsehbild u.a. einen engeren Kontrastumfang hat als die Kinoleinwand (vgl. Ivarsson / Carroll, 1998: 20ff). Ab etwa 1940 setzte es sich in vielen Ländern durch, eine Version mit Untertiteln für das Kino und eine für das Fernsehen anzufertigen. Die Standzeiten der Untertitel für das Fernsehen sind kürzer und die Bildwiederholfrequenz ist höher als beim Film. Manche Firmen fertigen eine vollständig neue Untertitelung an, damit sie den jeweiligen Standards der Medien gerecht werden. Um die Kosten zu senken, suchten die Vertriebe Wege, eine mehrfache Verwendung der Untertitel zu ermöglichen. Sie versuchten von vornherein einzubeziehen, ob der Film im Fernsehen, auf Video oder DVD erscheinen wird, um so die Untertitelung entsprechend anzupassen. Die höhere Bildwiederholfrequenz der Fernsehbilder legte nahe, dass es einfacher sei, zuerst Fernsehuntertitel zu produzieren und diese dann für das Kino zu verwenden. Allerdings empfanden die Kinozuschauer diese Untertitel als zu langsam und zeitverzögert. Die Lösung dieses Problems liegt in zwei getrennten Übersetzungsversionen, eine für das Kino und eine für Video, DVD und Fernsehen. In der Regel wird erst die Kinoversion fertiggestellt, gekürzt und alsdann für Video und DVD verwendet (Ivarsson / Carroll, 1998: 26-27).

2.4.1. Untertitel für die Kinoleinwand

Die Kinoleinwand bietet offensichtlich Vorteile bei der Untertitelung: Ihre Größe und ihre Lichtintensität lassen die weiße Schrift stets gut zentriert und lesbar erscheinen. Untersuchungen haben ergeben, dass dieselben Untertitel auf der Kinoleinwand 30 Prozent besser gelesen werden können, als auf dem Bildschirm. Das ist einerseits damit zu erklären, dass die Leinwand eine höhere Auflösung als der Bildschirm hat, und anderseits, die Buchstaben viel breiter und dadurch einfacher zu lesen sind. Das Kino verwendet 24 Bilder pro Sekunde, während es im Fernsehen in Europa 50 Bilder pro Sekunde (PAL und SECAM) und in den USA sowie in Südamerika 30 Bilder pro Sekunde (NTSC) sind. Allerdings merken Ivarsson und Carroll an, dass die Hirnaktivität beim Betrachten von Untertiteln ein noch wenig erforschtes Gebiet sei. Als Grundregel gilt, dass bis zu 42 Zeichen pro Zeile problemlos vom Auge wahrgenommen und vom Zuschauer verstanden werden können (Ivarsson / Carroll, 1998: 66).

2.4.2. Video- und Fernsehuntertitelung

Aufgrund der im Verhältnis zur Kinoleinwand schlechteren Darstellungsmöglichkeit des wesentlich kleineren Fernsehbildschirmes, erscheinen die Untertitel bei einer Video- oder Fernsehproduktion recht klein und daher schlechter lesbar. Dies führt zu einer geringeren Lesgeschwindigkeit, weshalb nur etwa 36-40 Zeichen gesetzt werden können. Im Allgemeinen geht man für das Lesen eines kurzen Fernsehuntertitels von einer Mindestzeit von anderthalb Sekunden aus. Bei einem zweizeiligen Untertitel hingegen, liegt die benötigte Zeit zwischen fünf und sechs Sekunden. Deshalb sollten Untertitel nicht länger als sechs Sekunden sein, da der Zuschauer sie sonst erneut zu lesen beginnt, obwohl er die Information bereits erhalten hat. Dies würde seine Aufmerksamkeit vom Bild ablenken. Lieder stellen eine Ausnahme dar, denn das Tempo der Standzeit wird hier vom Rhythmus der Melodie diktiert (Ivarsson / Carroll, 1998: 65).

2.4.3. DVD-Untertitelung

Das digitale Medium bietet die vielfältigsten Möglichkeiten der Untertitelung. Hier können nicht nur bis zu acht Tonvarianten pro Film gespeichert werden, sondern auch – zumindest theoretisch – max. 32 verschiedene Untertitelungsversionen. Die Darstellung unterschiedlicher Zeichensätze ist ebenfalls möglich. Auf Grund der für das Auge gut wahrnehmbaren Bilder (hohe Auflösung, klare Buchstaben), können auf einer DVD bis zu 45 Zeichen pro Zeile gesetzt werden (Ivarsson / Carroll, 1998: 69).

Die DVD bietet zum Einen den Vorteil der leichten Verfügbarkeit bei relativ niedrigem Preis, zum Anderen ist klar, dass sie das Video langsam aber sicher vom Markt verdrängen wird.


2.5. Formale Aspekte

Bevor der translatorische Prozess beschrieben wird, erscheint es wichtig, die formalen Aspekte zu erläutern. Anders als die literarische Übersetzung unterliegt die Untertitelung einer Reihe von technischen Zwängen. Ziel ist eine optimale Lesbarkeit, um dem Zuschauer keine unnötigen Barrieren bei der Wahrnehmung des Filmes und der Untertitel in den Weg zu stellen. Auch wenn Unauffälligkeit das erste Gebot bei der Untertitelung ist, müssen die eingefügten Zeilen gut lesbar bleiben. Deshalb ist die Wahl der Schrift, sowie der Farbe des Hintergrundes, auf dem die Untertitel erscheinen, von großer Bedeutung. Die Anzahl an Buchstaben und die Zerlegung des Textes sind nicht beliebig. Bei zweizeiligen Untertiteln muss der Text so aufgeteilt werden, dass er den syntaktischen Regeln der Zielsprache entspricht, damit die Kontinuität des Diskurses garantiert und somit die Konzentration des Zuschauers unterstützt wird. Des Weiteren muss der Übersetzer darauf achten, dass die Untertitel zeitgleich mit den gesprochenen Dialogen erscheinen. Eine zeitliche Verzögerung zwischen Ton und Untertitel verlangsamt den Lesefluss des Zuschauers und behindert dadurch die Verständlichkeit der schriftlichen Übertragung (Caimi, 2002: 25). Die Festlegung der Standzeit ist wichtig, damit der Rezipient die Ausstrahlung der nächsten Zeile antizipieren kann. Eine passende Anzahl an Wörtern, gepaart mit einer konstanten Lesegeschwindigkeit, sind unabdingbar für die korrekte Wahrnehmung der Bilder. Allerdings kann eine konstante Geschwindigkeit der Untertitel mit dem Sprechtempo im Film divergieren. In einem solchen Fall sollten die Untertitel so gut wie möglich an das Filmtempo angepasst werden.

Kein Film ist von Hause aus für eine Untertitelung konzipiert und das Lesen der Texte beansprucht immer einen Teil der Konzentration des Zuschauers. Deshalb sind die technischen Aspekte der Untertitelung für den Übersetzer von großer Bedeutung. Er muss einige wichtige Grundregeln beachten und über ausreichenden technischen Sachverstand verfügen. Es sind diese technischen Voraussetzungen, die die Übersetzung und die translatorische Strategie beeinflussen. Der Ausgangstext wird hierbei zwangsläufig verändert und angepasst. Die Übertragung der Dialoge ist abhängig von:

»    der Position der Untertitel im Bild,

»    dem zur Verfügung stehenden Platz auf dem Bildschirm,

»    der Zeilenlänge,

»    der Standzeit.

Zunächst werden die typographischen Kriterien untersucht. Dann die Interpunktion, weil sie wichtig ist, um Klarheit und Flüssigkeit des Textes zu gewährleisten und die Nuancen der Ausgangssprache wiederzugeben. Sie kann dem Untertitler behilflich sein, die Merkmale der gesprochenen Sprache, z.B. Intonation, sprachliche Färbung, Emotionen, individuelle Sprechweise der Person, Timbre usw., graphisch umzusetzen: „Il [le sous-titre] respecte la voix, les rythmes, les intonations originales, mais il détruit une certaine surface de l’image.“ (Becquemont, 1996: 146).

Bei der Gestaltung und Platzierung der Untertitel ist das Ziel, einen Kompromiss zwischen möglichst geringer Beeinträchtigung des Bildes bei bester Lesbarkeit zu finden.

2.5.1. Position der Untertitel im Bild

Wie bereits in der Definition von Henrik Gottlieb erwähnt, haben Untertitel eine festgelegte Position im Bild. In der Regel erscheinen sie, wie ihr Name impliziert, zentriert im unteren Teil des Bildschirms. Diese Position empfiehlt sich insofern, als das Bild, z.B. die Details der Gesichter, nicht verdeckt werden sollte. Außerdem hat sich die Übersetzung als Text am unteren Bildrand etabliert und das Gros der Zuschauer ist daran gewöhnt. Dies sollte auch nur in Ausnahmefällen anders gehandhabt werden, um Irritationen zu vermeiden. Es könnte z.B. notwendig sein, wenn der Text für die Handlung wichtige Elemente, wie das Gesicht des Redners, verdecken würde oder wenn eine Zeit- oder Ortsangabe zeitgleich mit einem gesprochenen Dialog eingeblendet werden muss. In einer solchen Situation sollte der Übersetzer versuchen, die Untertitel auf eine Zeile zu beschränken, damit die Großaufnahme nicht zu sehr durch den Text beeinträchtigt wird. Manchmal kann dies auch durch eine Verschiebung an den Bildrand erreicht werden (Ivarsson / Carroll, 1998: 51).

Aktuell werden die Einblendungen der Untertitel per PC gesteuert. Ihr Zeitpunkt wird bildgenau angegeben, so dass das Timing gewährleistet ist (Ivarsson / Carroll, 1998: 17-18). Die Synchronie zwischen Schrift und Dialog muss gewahrt bleiben. Untertitel, die über mehrere Schnitte hinweg sichtbar sind, verwirren den Zuschauer, da beim Bildwechsel automatisch auch ein Textwechsel angenommen wird. Seltener findet die Laufbahnuntertitelung Anwendung, bei der der Text auf dem Bildschirm vorbeizieht. Bei dieser Methode wirkt sich nachteilig aus, dass der Zuschauer sich nicht mehr auf das Bild, sondern auf den laufenden Text konzentriert. Für Nachrichtensendungen ist dies akzeptabel, weshalb sie dort auch gelegentlich Verwendung finden. Ungeeignet dieses Verfahren jedoch, wenn das Bild wichtige Informationen vermitteln soll (Ivarsson / Carroll, 1998: 54).

2.5.2. Zeit- und Raumproblem

Da die Untertitel im Bild stören, ist es wichtig, dass sie nicht zu viel Raum einnehmen. Die Anzahl der Zeilen muss begrenzt bleiben, denn es gilt, das Wesentliche so weit es geht zu bewahren. Deshalb sind sie in der Regel nicht länger als zwei Zeilen. Dreizeilige Untertitel werden nur selten verwendet (Becquemont, 1996: 146). Eine Ausnahme bilden die Untertitel für Gehörlose, wo dem Zuschauer durch die dritte Zeile Informationen über Hintergrundgeräusche (z.B. „Schritte auf Treppe“, oder „ein Hund bellt“) geliefert werden. Länder, die mehrsprachige Untertitel benötigen, weil sie verschiedene Amtssprachen haben, kommen auf bis zu vier Zeilen, je eine Zeile pro Sprache. Das ist natürlich keine ideale Lösung (Ivarsson / Carroll, 1998: 53). Der eingeblendete Untertitel darf, unabhängig vom Umfang des Originaldialogs, eine bestimmte Länge nicht überschreiten. Jede Zeile sollte max. zwei Drittel der Bildbreite einnehmen, d.h. ca. 40 Zeichen pro Zeile, die Leerzeichen mit eingerechnet. Untertitel für Gehörlose sind in der Regel kürzer, nämlich 32 bis 36 Zeichen (Ivarsson / Carroll, 1998: 53).

Ein weiteres Kriterium bei der Untertitelung ist die Zeit. Der Zuschauer braucht genug davon, um den Untertitel zu lesen, ohne dabei den Bildinhalt aus den Augen zu verlieren. Auch die Einblenddauer der Untertitel variiert: für kurze nicht länger als anderthalb Sekunden und für lange Untertitel nicht mehr als sechs bis sieben. Dies sind Standardnormen, die zugegebenermaßen nur eine Orientierungshilfe sein können. Denn die Einblenddauer ist von weiteren Faktoren abhängig, wie z.B. von der Länge der Szene, der Geschwindigkeit der Dialoge (Becquemont, 1996:148). Es gilt: Je schneller gesprochen wird, desto mehr muss in der Übersetzung gestrafft werden, damit die vorgegebene Länge nicht überschritten wird.

2.5.3. Schriftzeichen

Die Typographie trägt maßgeblich zum besseren Leseverständnis bei und beeinflusst auch die Lesegeschwindigkeit. Auf europäischer Ebene hat sich der Gebrauch einfacher Schriftarten wie Helvetica oder Universe durchgesetzt. Grundsätzlich gilt, dass serifenlose Schriftarten vorzuziehen sind, da Serifen auf Bildschirm oder Leinwand, wie z.B. bei der Schriftart Times, nur unscharf abgebildet werden und dadurch die Lesbarkeit der Buchstaben beeinträchtigt ist (Ivarsson / Carroll, 1998: 42-43).

Kursiv gestellte Zeichen sind relativ schwierig zu lesen, da die schräg ausgerichteten Schriftzeichen die typographische Qualität verschlechtern. Sie fallen dünner und unschärfer aus als normale Buchstaben (Ivarsson / Carroll, 1998: 42).

Die weitverbreitete Annahme, dass Großbuchstaben einfacher zu lesen seien als normale Druckbuchstaben, ist falsch, denn das Auge erfasst das Geschriebene Wort für Wort oder Satz für Satz, aber nicht Buchstabe für Buchstabe. Ein Text, der aus Großbuchstaben besteht, ist 15 bis 20 Prozent schlechter lesbar als ein normaler Text. Dies liegt daran, dass Kleinbuchstaben markanter sind. Manche ragen nach unten, andere nach oben. Deshalb sollte die Großschreibung bei Untertiteln vermieden werden. Zudem sind bei Großbuchstaben diakritische Zeichen, wie z.B. Akzente (wie in der französischen Sprache), entweder nicht üblich oder z.T. gar nicht verfügbar. Im Deutschen ist die Großschreibung der Substantive wichtig für das Verständnis, was ebenfalls gegen eine exzessive Verwendung von Großbuchstaben spricht. Daher sollte sich die Verwendung von Versalien auf Einblendungen beschränken, die durch sie besonders hervorgehoben werden sollen, wie z.B. Zeit- und Ortsangaben. Eine solche Trennung hilft, diese Einblendungen von den Dialogen abzusetzen (Ivarsson / Carroll, 1998: 42-43).

2.5.4. Zeichengröße und Zeichenabstand

Was die Zeichengröße betrifft, ist es offensichtlich, dass die Lesbarkeit zunimmt, je größer die Buchstaben sind. Allerdings nehmen größere Zeichen mehr Raum ein und verdecken folglich mehr vom Bild. Man kommt also nicht um einen Kompromiss herum. Der Zeichenabstand hat für die Lesbarkeit die gleiche Bedeutung wie die Größe des Schriftzeichens. Zwei verschiedene Schriftarten kommen zur Anwendung: die Proportionalschrift oder die Monospaceschrift. Texte in Proportionalschrift sind besser lesbar und die Anzahl der Buchstaben in einer Zeile erhöht sich um bis zu 20 Prozent. Dies gilt vor allem, wenn weniger Buchstaben wie „M“ oder „W“, die besonders viel Platz einnehmen, enthalten sind (Ivarsson / Carroll, 1998: 43-44).

2.5.5. Schriftfarbe und Hintergrund

Wegen der Emulsionsschicht des Celluloids sind selbst die hellsten Weißtöne im Film immer leicht grau. Die durch Entfernen der Schicht (egal ob durch Laser oder chemisches Verfahren) erstellten Untertitel erstrahlen dagegen in reinem Weiß und heben sich somit deutlich ab. Beim Laserverfahren wirken die Ränder der Schrift leicht schattiert, was ihre Lesbarkeit noch erhöht. Da bei der optischen Untertitelung die Emulsionsschicht nicht entfernt wird, kann man entweder die Buchstaben einfärben (gewöhnlich in Gelb), die Konturen schattieren oder Schlagschatten verwenden, um die Lesbarkeit zu erhöhen.

Der Fernsehbildschirm verfügt über einen geringeren Kontrastumfang, weshalb sich die für das Kino hergestellten Untertitel nicht problemlos übernehmen lassen. Auf hellem Hintergrund, wie z.B. Schneelandschaften, sind die Buchstaben beinahe durchsichtig und kaum mehr zu lesen. Umgekehrt sticht weißer Text auf dunklem Hintergrund zu sehr heraus, die Buchstaben flimmern und wirken zu dick. Selbst wenn für die Fernsehuntertitelung ein Schriftgenerator („character generator“)[v] verwendet wird, bleibt das Problem des begrenzten Kontrastumfangs bestehen. Auf hellem Hintergrund verschwindet weißer Text regelrecht, während er auf schwarz-weiß nur bruchstückhaft wahrgenommen und unleserlich wird (Ivarsson / Carroll, 1998: 44-45).

Tests zeigen, dass der Einsatz einer „black box“ zu verbesserter Lesbarkeit führt. Hierbei wird dem Text ein schwarzer Streifen hinterlegt. Der aktuelle Stand der Technik erlaubt hierfür alle Graustufen. Grundsätzlich gilt jedoch: je dunkler, desto besser ist der Text lesbar. Auf den hinterlegten Balken kann heutzutage sogar verzichtet werden, da die Buchstaben inzwischen eigene Hintergründe generieren, die nur dann sichtbar sind, wenn auch Text eingeblendet wird. Der Einsatz dieses Verfahrens für die Untertitelung im Fernsehen ist zu begrüßen, da ein immer größer werdender Teil der Zuschauer auf Grund seines Alters mit Seh- und damit Leseschwierigkeiten zu tun hat (Ivarsson / Carroll, 1998: S. 46).

2.5.6. Interpunktion

For obvious reason subtitles should generally follow common rules wherever possible or practicable, but the special structure of subtitles sometimes makes departure from the standard conventions for written language advisable. It is essential that subtitlers have a clear idea of the rules they should be applying so that viewers are not confused or distracted through a lack of consistency or logic. (Ivarsson / Carroll, 1998: 111)

Obwohl die Zuschauer nicht darauf achten, spielt die Interpunktion für die Lesbarkeit der Untertitel eine wichtige Rolle. Man könnte annehmen, dass sie ähnlichen Regeln folgt, wie in anderen Texten. Das ist allerdings nur zum Teil so. Ein Merkmal der Filmuntertitel ist, dass man den Text, anders als in einem Buch, nicht mehrmals lesen kann. D.h. der Text muss beim ersten Lesen sofort verstanden werden. Nur ein Video oder eine DVD lässt sich gegebenenfalls zurückspulen. Die Regeln der Interpunktion sind jedoch nicht in allen Ländern gleich und können sogar je nach Land und Firma variieren (Cerón, 2001: 174). Die Interpunktion in Untertiteln für Gehörlose ist anders reglementiert. Sie ist nicht Gegenstand dieser Arbeit, weshalb auf eine nähere Betrachtung verzichtet wird (Cerón, 2001: 173-177; Ivarsson / Carroll, 1998: 111-119).

2.5.6.1. Bindestrich / Trennstrich (Divis) / Gedankenstrich

Bei der Untertitelung wird, wie auch in Verlagen, ein Unterschied zwischen Binde- bzw. Trennstrich[vi] (-) und Gedankenstrich (−) gemacht. Ihre Verwendung unterscheidet sich jedoch deutlich. Laut Cerón gilt dies besonders für Dialoge mit mehreren Personen, in denen sowohl Bindestriche als auch Gedankenstriche zur Verwendung kommen. Die Situation ist eher undurchsichtig:Dashes come and go, turn into hyphens etc.“ (Cerón, 2001: 176).

Auf der Homepage des Untertitelungs- und Übersetzungsunternehmens Titelbild als Standardwerk definiert, gilt das Buch von Ivarsson und Carroll: Subtitling als Orientierungshilfe für die Interpunktion in Untertiteln.

Bei ihm markieren Bindestriche die Aussagen verschiedener Dialogpartner und ermöglichen so die Abfolge Frage – Antwort grafisch darzustellen. Dabei wird der Text in Dialogen mit zwei oder mehr Personen zweizeilig umgebrochen und über den Bindestrich signalisiert, wenn der Sprecher wechselt. Im Idealfall erhält jeder Sprecher eine eigene Zeile, wobei die Aussagen so gekürzt werden, dass eine ausreichende Standzeit resultiert. Grundsätzlich gilt: je länger die Standzeit, desto besser die Lesbarkeit (Ivarsson / Carroll, 1998: 93-96):

-Do you think this is right?

-I do indeed.

(Ivarsson / Carroll, 1998: 93)

Richtet sich eine Aussage an verschiedene Empfänger, kann man dies, um Platz zu sparen, mit einem Bindestrich signalisieren und auf einen Zeilenumbruch verzichten (Ivarsson / Carroll, 1998: 112-113):

Did you read his book? - You may

serve the next course now, Madeleine.

(Ivarsson / Carroll, 1998: 113)

Der erste Teil der Aussage („Did you read his book?”) richtet sich an einen anderen Adressaten als der zweite Teil („- You may serve the next course now, Madeleine.“).

Darüber hinaus dient der Strich der Trennung von Worten und Komposita („Dampf-schiffahrts-gesellschafts-direktor“) auch zwecks besserer Lesbarkeit. Ivarsson und Carroll empfehlen eine möglichst sparsame Nutzung. Trennstriche sollten Wörter in semantische und nicht in phonetische Einheiten aufteilen:

Besser:                                                 als:

„super-                                                  „su-

                                 sede“                                                    -persede“

                                 (Ivarsson / Carroll, 1998:112)

Gedankenstriche leiten normalerweise Zwischensätze ein, die mit dem Rest des Satzes nicht syntaktisch verbunden sind und erklärende oder kommentierende Funktion haben.

2.5.6.2. Punkt / Auslassungspunkte

Auch bei der Untertitelung signalisiert der Punkt dem Zuschauer das Ende eines Satzes. Da bei jeder Neueinblendung eines Untertitels der Inhalt des vorhergehenden ersetzt wird, das menschliche Gehirn jedoch die gelesene Information nicht unendlich speichern kann - meist nur die gerade gelesene Zeile – ist es wichtig, eine Art „Brücke“ zwischen den Untertiteln zu bauen. Das wird in den meisten Ländern über Auslassungspunkte gemacht, die am Ende der ersten und am Beginn der zweiten Zeile stehen (Cerón, 2001: 174).

Da die Abfolge der Untertitel heutzutage schneller ist als früher, könnte laut Cerón fast auf die Auslassungspunkte als Signal für den Fortlauf der Aussage verzichtet werden:

Since the time between each subtitle is now shorter than it used to be, it has been somehow felt that the suspension dots warning the sentence is not over are no longer necessary since the next subtitle will arrive soon enough. (Cerón, 2001: 175)

Auslassungspunkte finden weiterhin Verwendung, um auf eine Pause, eine Auslassung oder die Unterbrechung eines Gedankens hinzuweisen. Ivarsson und Carroll empfehlen allerdings spärliche Verwendung. Auslassungspunkte sollten auf gar keinen Fall als Mittel dienen, einer Umformulierung und Kürzung entgehen zu wollen (Ivarsson / Carroll, 1998: 113).

Er macht folgende Vorschläge für die Reglementierung des Gebrauchs von Auslassungspunkten:

»    Auslassungspunkte ohne Leerzeichen deuten darauf hin, dass der Sprecher zögert:

You mean...you won’t do it?

(Ivarsson / Carroll, 1998: 113)

»    Wenn sie von einem Leerzeichen gefolgt sind, zeigen sie eine Unterbrechung des Gedankenganges an:

You mean... No, I won’t do it.

(Ivarsson / Carroll, 1998: 113)

»    Wenn die Auslassungspunkte mit dem Beginn einer neuen Zeile zusammenfallen, werden sie wiederholt:

My intention was ...

... that we should go out to the country

and stay there for the weekend.

(Ivarsson / Carroll, 1998: 113)

2.5.6.3. Anführungszeichen

Die Form der Anführungszeichen ist je nach Sprache unterschiedlich (« » „“ “”) und die Untertitelungsverfahren stellen nicht immer alle nötigen Varianten zur Verfügung. Sie werden v.a. für Zitate im Text, für Spitznamen, für unüblichen Sprachgebrauch, für Wortspiele, für in der Übersetzung absichtlich beibehaltene Fehler des Ausgangstextes oder zur allgemeinen Hervorhebung verwendet:

A girl by the name of Penelope

Mispronounced the word antelope

Ignorant of the fact (for education she lack’d)

that the animal had suffer’d apocope.

(Ivarsson / Carroll, 1998: 114)

Ein Sonderfall ist das Auftreten einer zweiten Fremdsprache im Text. Der Übersetzer hat zu entscheiden, ob die Aussage übersetzt oder in der Ausgangssprache belassen wird. Wenn der ausgangssprachliche Zuschauer die Textpassage wahrscheinlich nicht verstanden hätte, kann sie unübersetzt bleiben (Ivarsson / Carroll, 1998: 114-115).

2.5.6.4. Ausrufe- und Fragezeichen

Die Verwendung von Ausrufe- und Fragezeichen muss nicht unbedingt mit dem Drehbuch übereinstimmen. Der Übersetzer sollte sich bei ihrem Einsatz mehr an der Intonation des Dialogs orientieren und die darin ausgedrückte Emphase, Überraschung oder Anspielung usw. aufgreifen:

Has he got seven children?

He never said a word about it!

(Ivarsson / Carroll, 1998: 115)

Im Falle von rhetorischen Fragen kann die Verwendung des Ausrufezeichens manchmal sinnvoller sein als die des Fragezeichens. Ab und zu sind beide Satzzeichen möglich, um mehr Nachdruck zu verleihen:

Where are your manners!

Burglarize the tobacco shop…

Are you mad?!

(Ivarsson / Carroll, 1998: 115)

2.5.6.5. Großschreibung

Wie bereits erwähnt, ist die Großschreibung bei Untertiteln nicht unproblematisch, weil sie sehr viel Platz beansprucht und dem Zuschauer mehr Lesezeit abverlangt. Deshalb sollte sie nur vereinzelt, z.B. bei lauten Ausrufen oder Geschrei angewandt werden:

DE GAULLE...AU POUVOIR!

(Ivarsson / Carroll, 1998: 116)

2.5.6.6. Kommata / Semikola / Parenthesen

»    Ein Komma sollte dann gesetzt werden, wenn es zum Verständnis des Textes beiträgt und nicht allein der grammatikalischen Regeln wegen. Üblicherweise kann ein Zeilenumbruch Kommata durchaus ersetzen. Ihre Verwendung ist jedoch sehr von der jeweiligen Sprache abhängig (Ivarsson / Carroll, 1998: 116).

»    Semikola sind zu vermeiden, weil sie auf dem Bildschirm sehr schwer von den Kommata zu unterscheiden sind (Ivarsson / Carroll, 1998: 116).

»    Parenthesen sind relativ ungeeignet, da sie in einer mündlichen Kommunikationsform nicht auftauchen. Außer der Übersetzer macht Anmerkungen, weil z.B. ein Teil des Ausgangstextes unübersetzbar ist (Ivarsson / Carroll, 1998: 116).

2.5.6.7. Kursiv

Kursivschrift, eine typographische Hervorhebung, wird in Untertiteln zumeist zur Unterscheidung der Off-Stimme eingesetzt. Sie markiert z.B. den Kommentar eines nicht im Bild erscheinenden Erzählers, eine im Radio oder Fernsehen wiedergegebene Information oder einen inneren Monolog – aber manchmal auch Traumszenen, Flashbacks oder ein Telefongespräch. Bereits kursiv gedruckte Texte (z.B. in einer Fremdsprache) oder die Übersetzung von im Bild auftretenden Briefen, Buchtiteln, Zeitungsnamen usw. sind weitere Beispiele:

-Where did you see the word beur?

-In the Figaro Littéraire.

(Ivarsson / Carroll, 1998: 118)

Kursive Buchstaben sind schwerer lesbar und sollten daher nicht exzessiv verwendet werden. Videotext kann kursiven Text nicht darstellen, weshalb in den Untertiteln andere Markierungsmethoden zum Einsatz kommen müssen, z.B. farbliche Hervorhebung, Unterstreichung oder Anführungszeichen (Ivarsson / Carroll, 1998: 118).


3. Translatorische Aspekte der Untertitelung

3.1. Die Untertitelung innerhalb der Translationswissenschaft

Le problème majeur de la traduction au cinéma ne réside pas exclusivement dans la recherche d’équivalence linguistique et pragmatique, comme c’est le cas d’autres types d’opérations traduisantes, mais dans les contraintes techniques et esthétiques, imposées par la matière filmique et par les relations que la parole entretient avec les autres éléments construisant les sens. (Tomaszkiewicz, 1993: 21)

Die Untertitelung von Filmen stellt den Übersetzer vor größere Probleme als die literarische Übersetzung oder die Übersetzung anderer Textgattungen. Grund hierfür ist der audiovisuelle Charakter des Ausgangstextes. Der Übersetzer muss die Information der Ausgangssprache (L1) in der Zielsprache (L2) wiedergeben und nimmt bei seiner Tätigkeit einen Medienwechsel von mündlich zu schriftlich vor (siehe Kap. 3.2). Durch die Untertitel darf die Synchronie von Bild und Ton nicht gestört werden. Bild- und Tonmaterial sind eng miteinander verflochten und als Einheit bedeutungstragend. In seiner Übersetzung bezieht sich der Untertitler auf eine außersprachliche Wirklichkeit, die er in der Zielsprache wiederzugeben versucht. Es gilt eine bestmögliche Entsprechung zu finden und dabei für das Zielpublikum verständlich zu bleiben (Caimi, 2002: 31). Leider findet die audiovisuelle Übersetzung in ihrer Komplexität und mit ihren spezifischen Herausforderungen innerhalb der Translationswissenschaft keinen eigenständigen Platz. Inzwischen ist der Textbegriff weiter gefasst und auch die Rede Gegenstand der Forschung, weshalb die Untersuchung eines multimedialen Korpus aus Bild, Dialog und Untertitel im Interesse der Wissenschaft sein dürfte. Karamitroglou (2000: 10) und Gambier (2003: 171) vertreten dieselbe Meinung und erklären, dass die Übersetzungswissenschaftler der audiovisuellen Übersetzung leider erst seit kurzem mehr Beachtung schenken. Dass die Untertitelung so spät zum Gegenstand wissenschaftlicher Arbeiten wurde, ist laut Delabastita durch den Prestigemangel des audiovisuellen Produktes und der Massenmedien im Vergleich zur Literatur zu erklären (vgl. Delabastita, 1989: 196).


Der Diskurs des Films ist heterogen, neben dem (mündlichen) Text werden zeitgleich „[...] kontextuelle Informationen der nonverbalen Kommunikation mit ihren heterogenen para- und extralinguistischen Phänomenen vermittelt“ (Maurer-Lausegger, 2004: 26). Die Vermittlung der Information und ihrer Bedeutung läuft also über mehrere Kanäle und über unterschiedliche Medien gleichzeitig. Laut James Monaco gibt es fünf gleichlaufende Übertragungswege der Information im Film: „(1) das visuelle Bild; (2) Schrift und andere Grafiken; (3) Dialog; (4) Musik; (5) Geräusch (Toneffekte)“ (Monaco, 2002: 215). Alle fünf Kategorien sind Bedeutungsträger, weshalb der Film bei der Übersetzung als Entität verschiedener Bedeutungsträger betrachtet werden muss, aus deren Elemente die Information konstruiert wird, wie Bollettieri Bosinelli betont:

Il fare traduttivo [...] deve operare anche […] sulle componenti non verbali del prodotto, cioè sulla materia non verbale in cui si integra e completa il testo verbale. (Bollettieri Bosinelli, 1998: 14)

Zusammenfassend sind die spezifischen Merkmale der audiovisuellen Übersetzung im Vergleich zur Übersetzung eines ausschließlich schriftlichen Textes folgende (genannt werden nur die gattungsspezifischen Merkmale):

»    Räumliches und zeitliches Kriterium,

»    Den Dialog begleitende visuelle Elemente der Ausgangssprache,

»    Intersemiotik der Untertitel,

»    Unmöglichkeit den Text zurückzuspulen (abgesehen von Video und DVD)
(Karamitroglou, 2000: 10).

All diese Parameter schränken ein. Nadiani spricht sogar von einer „gefesselten“ Übersetzung (Nadiani, 2004: 53). Die Freiheit des Übersetzers wird vor allem durch die in einem gegebenen Zeitraum auf dem Bildschirm darstellbare Anzahl von Zeichen begrenzt. Deshalb werden der Text und seine sprachlichen Inhalte gekürzt, wodurch diese Tätigkeit traditionell eher als Adaptation und nicht als Übersetzung betrachtet wird. Allerdings dient die Reduzierung oder der Zusatz von Informationen dazu, im Zieltext denselben „effect“ (Nida, 1964: 159) zu erzielen, wie im Ausgangstext. Nida nennt diese Vorgehensweise die Suche nach „dynamische[r] Äquivalenz“, im Gegensatz zur „formalen Äquivalenz“, die sich am Kontext der Ausgangssprache orientiert.[vii] Den dazugehörigen Translationsprozess beschreibt er wie folgt:

A translation of dynamic equivalence aims at complete naturalness of expression, and tries to relate the receptor to modes of behaviour relevant within the context of his own culture; it does not insist that he understand the cultural patterns of the source-language context in order to comprehend the message. (Nida, 1964: 159)

Für ihn ist das Ziel des Übersetzens nicht, dem Rezipienten die Ausgangskultur zu vermitteln, sondern die Aussage so in der Zielkultur zu verankern, dass eine natürliche Ausdrucksweise und das Verständnis gewahrt bleibt. Aus dieser Sicht führen alle Übersetzungen zu Verlust, Zusatz oder Veränderung der Ausgangsinformation.

Sicher reicht eine solche Argumentation nicht aus, um die Debatte, ob die Untertitelung Gegenstand der Übersetzungswissenschaft sei, endgültig zu klären. Für Karamitroglou jedenfalls, sollte die Untertitelung Gegenstand der Übersetzungswissenschaft sein, weil erstens Übersetzungen heutzutage oft nur mit Hilfe der schriftlichen Vorlage des Ausgangstextes (Skript oder Drehbuch) angefertigt werden ─ teilweise ohne Zugang zum eigentlichen Film, also dieselben Voraussetzungen wie bei der literarischen Übersetzung ─ und zweitens sich der Translationsprozess mit den Methoden der modernen Übersetzungswissenschaft beschreiben und untersuchen lässt. Hierfür betrachtet man gesondert die einzelnen Informationskanäle und stellt dar, wie sie bei der Bedeutungsfindung zusammenspielen. Der Begriff audiovisuelle Übersetzung sei entstanden, um die Abgrenzung innerhalb der Sprachwissenschaft zu beenden:

Audiovisual translation was born out of the same drive that guided literary translation: the need to overcome the communication barriers imposed by linguistic fragmentation. (Karamitroglou, 2000: 12)

Karamitroglou ist der Meinung, dass keine eigenständige Übersetzungstheorie für die Beschreibung des audiovisuellen Übersetzens benötigt wird (Karamitroglou, 2000: 10-12).

Dieselbe Position vertritt Teresa Tomaszkiewicz und merkt an, dass die audiovisuelle Übersetzung mit denselben translatorischen Problemen konfrontiert ist wie alle anderen Übersetzungen: Probleme der Äquivalenz, der Textkohärenz, der Suche nach formalen Entsprechungen. Besondere Faktoren bei der Untertitelung sind die durch die Beschränkung des Platzes bedingten Kürzungen des Textes und die Kommunikation über verschiedene Kanäle. Sie fordert, dass die illokutive und die kommunikative Wirksamkeit des Ausgangstextes im Zieltext erhalten bleiben. Der Zieltext ist ein auf dem Ausgangstext basierender selbständiger Text, der nur das Wesentliche des Inhalts und der kommunikativen Intention desselben wiedergibt:

Dans le phénomène de sous-titrage, […] [la traduction] consistera à trouver des équivalents, qui ayant à peu près la même force illocutoire, auraient une forme correspondante aux exigences d’économie discursive. […] dans l’espace réservé, en bas de l’écran, il faut mettre des équivalents ‘plausibles’ à l’intention illocutoire du dialogue filmique. (Tomaszkiewicz, 1993: 29)

Teresa Tomaszkiewicz beruft sich auf die „théorie interprétative“ von Lederer, die davon ausgeht, dass die Aufgabe des Übersetzers darin besteht, sich von dem Wortlaut und den Strukturen des Ausgangstextes frei zu machen, um den Sinn der Nachricht aufzufangen und diesen dann in der Zielsprache äquivalent wieder zu geben, ohne dass das Original noch durchscheint (vgl. Tomaszkiewicz, 1993: 36-37).

Yves Gambier sieht seinerseits eine Ähnlichkeit zwischen der Tätigkeit des audiovisuellen Übersetzens und dem Simultandolmetschen und das, obwohl der Medientransfer nicht gleich ist. Das audiovisuelle Übersetzen produziert einen schriftlichen Zieltext, während das Ergebnis des Simultandolmetschens mündlich ist. Das Simultandolmetschen und das audiovisuelle Übersetzen haben gemein, dass sie einem zeitlichen Faktor unterliegen. Im Film ist es die Synchronie von Bild und Ton, beim Simultandolmetschen die Redegeschwindigkeit des Sprechers in der Ausgangssprache. Beide Übersetzungstätigkeiten haben zudem mit einem Ausgangstext zu tun, der sich durch eine hohe Informationsdichte auszeichnet. Der Film kombiniert Bild, Ton und Sprache, das Dolmetschen die Rede und ihre gleichzeitige Übersetzung. Beide Übersetzungstätigkeiten erfordern spezielle Kenntnisse, um den spezifischen Herausforderungen gewachsen zu sein. Der audiovisuelle Übersetzer überträgt mündliche Dialoge in schriftliche Untertitel. Erhält der Dolmetscher eine schriftliche Vorlage der Rede, die er dann (zeitgleich zum Sprecher) mündlich übersetzt, findet derselbe Medienwechsel statt. Zudem gilt für beide übersetzerischen Tätigkeiten, dass die Erwartungshaltung des Rezipienten Einfluss auf das Übersetzen hat. Erscheinen keine Untertitel, obwohl die Akteure auf dem Bildschirm weitersprechen, ist der Zuschauer irritiert, wie ein Zuhörer, wenn der Dolmetscher seine Übersetzung asynchron zum Sprecher vorträgt.

Die Schwierigkeit, das audiovisuelle Übersetzen einzuordnen, zeigt sich laut Gambier bei der Berufsbezeichnung. Die Übersetzer von Untertiteln („subtitlers“) werden in vielen Dolmetsch- und Übersetzervereinen entweder als Dolmetscher, als Literaturübersetzer oder aber als „technical translator“ geführt. Ähnliches gilt auch für den Beruf des Konferenzdolmetschers. Für Gambier ist interlinguale Untertitelung eine inhaltsbezogene Übersetzung, die mit Hilfe von translatorischen Strategien (Paraphrasierung, Zusammenraffung, usw.) angefertigt wird. Der Übersetzer muss über die Fähigkeit verfügen, die relevanten Elemente des Films in seine Übersetzung einfließen zu lassen. Hierzu gehören u.a. das Filmgenre, Stil des Regisseurs, die Bedürfnisse und Erwartungen der Zielgruppe (z.B. Lesegeschwindigkeit und Lesegewohnheiten der Zuschauer). Zuletzt verweist Gambier auf die intersemiotische Natur der audiovisuellen Kommunikation (Sprache, Bild, Ton). Er schlägt den Begriff „transadaptation“ vor, um diese spezielle Art der Übersetzung zu beschreiben. Dieser Neologismus beschreibt den Übersetzungstyp ganz gut und verschafft eine weitergehende Perspektive jenseits der traditionellen Dichotomie zwischen literarischer und freier Übersetzung bzw. Übersetzung und Adaptation (Gambier, 2003: 178).

3.2. Mündlichkeit und Schriftlichkeit

Der Übersetzungsprozess zur Erstellung von Untertiteln erfolgt laut Tomaszkiewicz in drei Schritten: 1. Übersetzung, 2. Umwandlung von mündlicher in schriftliche Form und 3. Adaptation des schriftlichen Textes an die vorgegebene Länge (Tomaszkiewicz, 1993: 37).

Dieses Kapitel widmet sich dem Transfer von mündlichem Ausgangstext in schriftlichen Zieltext. In der Tat nutzt „[...] eine „normale“ Übersetzung den Übertragungsweg des Originals: In solchen isosemiotischen Übersetzungen wird Rede in Rede übertragen (wie bei der Synchronisation) und Schrift in Schrift (wie bei einer literarischen Übersetzung). Eine Untertitelung ist von Natur aus diasemiotisch“ (Gottlieb, 2001: 14). Diasemiotisch, weil Rede in Schrift und interlingual, da von einer Ausgangsprache in eine divergierende Zielsprache übertragen wird. Obwohl die Filmdialoge in einem Drehbuch niedergeschrieben sind, handelt es sich im Grunde genommen um eine Kommunikation aus verbalen und nonverbalen Zeichen. Die Dialogpartner (die Schauspieler) verwenden in ihrer Kommunikation sichtbare und hörbare Ausdrucksformen, weshalb man von einer fingierten „face-to-face-Kommunikation“ spricht (Rosa Assis, 2001: 214).

Für die Übertragung von Mündlichkeit zur Schriftlichkeit gelten folgende Kriterien:

»    Wechsel des Mediums: von Rede mit sichtbaren und hörbaren Ausdrucksformen zu Schrift,

»    Wechsel des Kommunikationskanals: von vorwiegend hörbar zu sichtbar,

»    Wechsel der Form des Signals: von phonetisch zu graphisch,

»    Kodewechsel von verbalen (und nonverbalen) Zeichen zu schriftlichen Zeichen (Rosa Assis, 2001: 214).

Diese vier Kriterien erklären, weshalb bei der Übersetzung von Untertiteln eine Reihe von translatorischen Schwierigkeiten auftreten. Laut Rosa Assis variieren Ausgangs- und Zielsprache in historischer, soziokultureller, regionaler und situationsbezogener Hinsicht. Die Aufgabe des Übersetzers ist es, diese Parameter bei der Suche nach Äquivalenzen zu berücksichtigen. Nicht in jedem Fall lassen sich diese Vorgaben umsetzen und Entsprechungen finden:

[...] [F]inding a correspondence between historical, regional, socio-cultural and situational varieties (dialects and accents) of the ST Language and the TT Language is not easy task. This is the case not only because in some instances the parallel does not exist but also because the linguistic variation of a language has not always been thoroughly described by scholarly work, and the translators are left with little more beside their intuitions about the languages concerned. (Rosa Assis, 2001: 214)

Die wissenschaftlichen Arbeiten zu diesem Thema gehen oft nicht weit genug und dem Übersetzer bleibt manches Mal nur die eigene sprachliche Intuition, was eine tiefgreifende Kenntnis der beiden Sprachen und Kulturen voraussetzt. Hinzu kommt, dass sich die Filmdialoge trotz ihrer Fiktionalität hauptsächlich aus dem gesprochenen Register und seiner sprachlichen Vielfalt bedienen (Rosa Assis, 2001: 214). Oft werden Mundarten und Regionalismen in eine konventionalisierte Standardsprache umgewandelt. In Italien waren die Dialekte während der Zeit des Faschismus sogar regelrecht verpönt, was Nadiani in seiner Abhandlung allerdings nicht begrüßt:

Während des Faschismus waren die Mundarten verpönt oder verbannt, obgleich die große Mehrheit der Bevölkerung nur derer mächtig war und fast all diejenigen, die die Hochsprache beherrschten, auch den Dialekt gebrauchten, Mussolini eingeschlossen. Alles wurde per Gesetz italienisiert und auch die Dialoge im Film sollten ihren Beitrag leisten zur Durchsetzung einer Einheitssprache [...]. Nur wirkte diese Filmsprache beim Publikum immer künstlich und aufgesetzt, so dass es ihr gegenüber stets sehr distanziert blieb. Erst allmählich gingen Dialogschreiber dazu über, eine vermeintliche gesprochene Sprache zu benutzen, die aber weiterhin zu formell war, weil sie im Grunde nach den Regeln der Schriftsprache funktionierte, also „unnatürlich“ und irreell war. (Nadiani, 2004: 57)

Für Nadiani sind Eingriffe am Ausgangstext Verrat an der Intention des Autors und der Funktion des Textes. Filmdialoge in Mundart oder Dialekt werden in den Untertiteln fast immer durch eine „erfundene Sprache“ wiedergegeben. Er sieht darin eine Auslassung, bei der der „Geist des Originalfilms“ nicht erhalten bleibt und die sprachliche und kulturelle Vielfalt verloren geht (Nadiani, 2004: 53-54). Allerdings beruht die Entscheidung für eine konventionalisierte Sprache nicht unbedingt auf der Absicht, eine Nationalsprache etablieren zu wollen. Mündliche Aussagen unterliegen nicht denselben Normen wie schriftliche, dadurch können Probleme auftreten. Die schriftlichen und mündlichen Normen, auf deren Grundlage ein Übersetzer, zum größten Teil unbewusst, seine Entscheidungen fällt, basieren auf einem Wertesystem, das kulturabhängig ist (Rosa Assis, 2001: 214; Lambert, 1990: 233). Lambert und Delabastita merken an:

Le type exact de traduction, que nous préférons rattacher à une stratégie (largement inconsciente) ne manque pas d’être aussi influencé par des rapports de prestige et de pouvoir entre des cultures et des institutions (systèmes de valeur). (Lambert / Delabastita, 1996: 48)

Der Wechsel des Kommunikationskanals bringt weitere spezifische Übersetzungsprobleme. Die multimediale Natur des ausgangsprachlichen Produktes bedingt, dass die nonverbalen Merkmale beim Transfer nicht immer vollständig Berücksichtigung finden. Hörbare oder sichtbare Informationen, wie Prosodie (Akzent, Intonation, Pausen u.A.) und Gestik, können bei der gerafften schriftlichen Übertragung nicht immer wiedergegeben werden. Das ist unproblematisch, solange kein Bedeutungsverlust oder keine Bedeutungsverschiebung auftritt. In einem solchen Fall kann es zu tiefgreifenden Missverständnissen kommen. Trägt die nonverbale Information zur Deutung der verbalen Nachricht bei, ist sie ein Gegenpol oder steht sie gar im Widerspruch zu dem Gesagten, wie es z.B. bei der Ironie der Fall sein kann, muss dies beim Übersetzen berücksichtigt werden (Rosa Assis, 2001: 214).

Die unterschiedliche Bewertung von schriftlicher und mündlicher Sprache ist die Ursache für den wiederholt vorgebrachten Vorwurf, die audiovisuellen Medien würden zu einer allgemeinen kulturellen Regression beitragen. Dem liegt der Gedanke zu Grunde, einzig die Literatur sei in der Lage, die Sensibilität, Intelligenz und die Komplexität des Denkens wiederzuspiegeln (Rosa Assis, 2001: 215). Deshalb tut der Untertitler tut gut daran, sich am Standard der Schriftsprache zu orientieren:

Le sous-titre standard opte délibérément pour une représentation standardisée du discours (fictionnel) en recourant à un style zéro, au langage non-dialectal (l’exception confirme la règle) et grammatical. (Lambert, 1990: 235)

Beispiele dafür liefert uns Vanderschelden, die die englischen Untertitel des französischen Films „La vie est un long fleuve tranquille“ untersucht hat. Es wird hierbei deutlich, dass die Übersetzung der Untertitel das Sprachniveau der Sprecher neutralisiert. Im untersuchten Film bedient sich einer der Protagonisten einer sehr komplexen und formellen Sprache, die nicht in die schriftliche Fassung der Untertitel übertragen worden ist:

Passagen aus dem Ausgangstext:

- Vous savez Pierre a mis les bouchées doubles pour être prêt aujourd’hui.

- Un jour, il sera un pianiste célèbre dans le monde entier!

- Voilà bien notre Bernadette! Comme tu vas vite en besogne.

Entsprechungen aus der neutralisierenden schriftlichen Übersetzung:

- Pierre worked really hard to be ready for today!

- He’ll be famous pianist!

- That’s our Bernadette! Always rushing things.

(Vanderschelden, 2001: 365)

Man merkt, dass bei der Übertragung die Sprechweise des Charakters vereinfacht worden ist. Die bildhaften, metaphorischen Redewendungen sind in den englischen Untertiteln nicht adäquat wiedergegeben. Der Bedeutungstransfer erhält den Vorzug gegenüber einer Wiedergabe der Mündlichkeit und ihrer sozialen Wirkung. Der Übersetzer muss die Aussagen kürzen, aber die Bedeutung darf trotzdem nicht verloren gehen. Untertitel sind eine sprachliche Ergänzung des Bildes, ein Hilfsmittel für den ausländischen Zuschauer und nicht alleiniger Bedeutungsträger:

Le sous-titre est [...] avant tout un complément de nature linguistique dont le spectateur étranger dépend pour la compréhension des dialogues d’un film. (Vanderschelden, 2001: 363)

Doch nicht nur herausragende Merkmale der Mündlichkeit werden bei der Übersetzung neutralisiert, auch die Syntax erfährt eine entsprechende Anpassung. Lambert kommt zu der Ansicht, dass Obszönität in Untertiteln mittlerweile eher akzeptiert wird als inkorrekte Grammatik:

L’obscénité est en tout cas plus facilement tolérée que l’agrammaticalité [...]. (Lambert, 1990 : 235)

Falsche grammatikalische Strukturen, die in der mündlichen Rede über die Intonation verständlich werden, „korrigiert“ die schriftliche Übersetzung der Untertitel:


Passagen aus dem Ausgangstext:

 - ... c’que j’fais avec le carnet de chèque?

- Tu jettes. - Dans l’petit porte-monnaie, y a combien? […]

- Et dans l’porte feuille, qu’est-ce qu’il y a? […]

- Et le sac, on l’garde pour Ghislaine?

- Non. Frank, il a dit qu’il fallait jamais rien garder.

Entsprechungen aus der neutralisierenden schriftlichen Übersetzung:

- What about the cheque book?

- Dump it. - How much is there in the little purse?

- What’s in the wallet?

- Do we keep the bag for Guislaine?

- No. Franck says never keep anything.

(Vanderschelden, 2001: 369)

Manchmal kann der Untertitler jedoch eine atypische Syntax als Übersetzungsstrategie verwenden, um einen Akzent oder die besondere Sprechweise einer Figur zu unterstreichen. Als Beispiel nennt Vanderschelden die Übersetzung der Dialoge des Hausmädchens Marie-Thérèse, die aus ländlichen Verhältnissen stammt und eine besondere Art und Weise zu sprechen hat:

Dialog in der Ausgangssprache:

- ça fait une semaine que ça dure.

- Et elle veut boire que du lait.

- Moi par contre, elle m’adore.

Neutralisierter schriftlicher Dialog in der Zielsprache:

- A week, that’s been going on.

- Nothing but milk she wants.

- She loves me, though.

(Vanderschelden, 2001: 370)

Oft wäre eine Übertragung von mündlichen Merkmalen möglich. Aber der Übersetzer riskiert dabei, von den Zuschauern als ungenau bewertet zu werden, da sie in einer Kultur leben, in der die Schriftsprache einer Normierung unterliegt:

Moreover, the choice to include oral register features in the TT involves risks because it is likely to be regarded as a wrong translation by the average native speaker […]. (Rosa Assis, 2001: 218)

Die Übertragung von mündlichen Merkmalen wird also nur selten oder in reduzierter Form praktiziert. Laut Rosa Assis könnte der Grund hierfür sein, dass die Massenmedien, obschon sie keinen guten Ruf genießen, als ein Mittel zur Vermittlung einer standardisierten, konventionellen Sprache dienen (Rosa Assis, 2001: 215). Zum Teil ist es allerdings schlichtweg unmöglich, die Inkohärenz einer spontanen mündlichen Aussage schriftlich zu übertragen, ohne den Zuschauer zu irritieren, wie das folgende Beispiel zeigt:

Dialog in der Ausgangssprache:

- Quelle jour on est?

- 5 heures.

Dialog in der Zielsprache:

- What’s time is it?

- Five o’clock.

(Vanderschelden, 2001: 372)

Rosa Assis hat jedoch beobachtet, dass in den privaten Fernsehsendern in Portugal seit ein paar Jahren versucht wird, Mündlichkeit und deren Merkmale besser in die Zielsprache einzubeziehen. Dadurch soll ein bestimmter Grad an „künstlerischer Freiheit“ ermöglicht werden. Diese Tendenz lässt sich erklären: Mit der Globalisierung haben die regionalen Identitäten mehr an Gewicht gewonnen, weshalb versucht wird, den Sprachformen jenseits der Standardsprache mehr Raum zu lassen. Zudem verweist dieses Phänomen auf eine Konfrontation zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Die Vormachtstellung der Schriftlichkeit über die Mündlichkeit wird in Frage gestellt und könnte schon bald der Vergangenheit angehören:

Le passage d’un médium à l’autre rend particulièrement significatives les décisions et priorités suivies en la matière. Préférer l’écrit à l’oral, ou l’inverse, n’est-ce pas se prononcer en même temps sur les hiérarchies de valeurs "du passé" et "du présent"? (Lambert, 1990: 234)

Das Wertesystem ist im Wandel und diese Entwicklung schlägt sich auch bei der Untertitelung nieder (Vgl. Rosa Assis, 2001: 220).


3.3 Strategien beim Untertitelungsprozess und damit verbundene Probleme

Le grand art de transposer un dialogue parlé en sous-titrage visuel consiste à exprimer le maximum d’idées dans la compression avec le maximum de naturel dans l’artifice. Pour que le temps de lecture visuelle soit égalisé et un équilibre assuré entre le dialogue et sa traduction, il convient de rendre la lecture de celle-ci moins longue. On peut l’obtenir que par voie de compression du texte initial qui se voit réduit à sa simple expression. (Marleau, 1982: 277)

Beim Untertitelungsprozess sollte der Übersetzer einen Dialog so schriftlich wiedergeben, dass ein Maximum an semantischen und stilistischen Elementen erhalten bleibt. Die Einfügung der Untertitel in den Informationsfluss aus Dialog, Bild und Ton hat Folgen für die Rezeption der Zuschauer. In einem untertitelten Film ist die Originalversion koexistent mit der Übersetzung, weshalb das Publikum weiß, dass es sich um eine übersetzte Version handelt. Dies muss der Untertitler bei der Wahl seiner Strategie beachten und die notwendige Reduzierung und Raffung sprachlicher Inhalte mit Bedacht vornehmen (Gottlieb, 2001: 15). Beim Untertitelungsprozess muss der Text auf der Basis des zur Verfügung stehenden Platzes angepasst werden. Quantitative Einbussen sind dabei unvermeidbar, da „bei der Produktion von Untertiteln auf die Kapazität der Leseleistung des Rezipienten Rücksicht genommen werden muss“ (Maurer-Lausegger, 2004: 30). Laut Wildblood, Chefuntertitlers bei „Titelbild“, ist der Richtwert eines Durchschnittsleser ca. drei Sekunden pro Einblendung (Wildblood, 2001: 21), während das Sprechtempo wesentlich schneller ist:

La vitesse d’énonciation d’une chaîne phonique est plus rapide que la vitesse de lecture des signifiés de cette même chaîne codés par l’écrit. Quel que soit le niveau d’éducation, on ne lit jamais aussi vite que l’on parle. (Becquemont, 1996: 148)

Deshalb ist für Wildblood die erste Pflicht des Untertitlers: Dinge „kurz, kürzer und am kürzesten“ zu formulieren (Wildblood, 2001: 21). Wichtig sei es jedoch, dass die Eingriffe im Text angemessen sind und sich an den Regeln der Zielsprache orientieren. Der Übersetzer sei angehalten Sinneinheiten zu bilden, die das Verständnis maßgeblich fördern. Besteht der Untertitel aus zwei Zeilen, sollten in der oberen Zeile möglichst Subjekt und Verb, in der unteren Zeile das direkte Objekt erscheinen. Zu vermeiden sei die Trennung von Substantiv und dem dazugehörigen Adjektiv, oder auch die Trennung von Präposition und Objekt. Dies gilt allerdings vorzugsweise im Deutschen und nicht für englische Untertitel. In gekürzten Texten treten bestimmte Wörter öfter auf als in gesprochener oder geschriebener Sprache sonst üblich. Zum Beispiel zieht man „oft“ gegenüber „häufig“ vor, da es viel kürzer ist und weniger Platz einnimmt (Wildblood,2001: 21).

Die Standzeit ist ein weiterer technischer Aspekt, der eine Verkürzung des Ausgangstextes erforderlich macht:

La règle des six secondes implique en tout cas la nécessité, reconnue de tous, de condenser les messages oraux. (Lambert, 1990: 232)

Außerdem sollte das Bild nicht komplett von der Schrift verdeckt werden. Tomaszkiewicz geht davon aus, dass die Länge des Zieltextes nur noch 50 bis 70 Prozent des Ausgangstextes umfasst (Tomaszkiewicz, 1993: 14). Die Kürzung erfolgt dabei natürlich nicht willkürlich. Der Ausgangstext sollte zuerst auf wesentliche Informationsträger im Satz überprüft werden, bevor die Aussage übersetzt und auf die nötige Länge reduziert wird. Der Untertitler hat dabei die Aufgabe den Ausgangstext zu interpretieren und für den Informationstransfer relevante Elemente zu hierarchisieren. Erst danach lässt sich bestimmen, welche Teile der Aussage ausgelassen oder paraphrasiert werden können. Das Gelingen dieses Unterfangens hängt stark von den Kompetenzen (Intelligenz, künstlerische Sensibilität, Sprachkenntnisse usw.) des Übersetzers ab (Ivarsson / Carroll, 1998: 85).

Laut Gottlieb wird das Textverständnis durch die Veränderungen im Zieltext nicht beeinträchtigt, denn:

Interessanterweise stellt die intersemiotische Redundanz (positive Rückmeldung von Bild und Tonspur) bei der Untertitelung oft sicher, dass der Zuschauer mehr vom Inhalt des Films aufnehmen kann, als sprachwissenschaftliche Analyse es vermuten lassen. Anders ausgedrückt: In einem polysemiotischen Kontext werden semantische Lücken intersemiotisch gefüllt. (Gottlieb, 2001: 15)

Tomaszkiewicz vergleicht das Lesen von Untertiteln mit dem Ausfüllen eines Lückentextes. Zur Anschauung analysiert sie eine Reihe von Filmdialogen, um dem Übersetzer Anhaltspunkte für den Hierarchisierungsprozess der Informationen eines Films zu geben. Das Drehbuch besteht aus Dialogen, eine Textgattung mit klaren Regeln, die in allen Sprachen und Kulturen der Welt ähnlich sind und eine Verständigung über die Grenzen hinweg möglich machen – Einen Gruß erwidert man z.B. überall auf der Welt mit einem Gegengruß. Ausgehend davon kann der Untertitler von einer (sprachlichen und kommunikativen) Kompetenz der Zuschauer ausgehen, die beim Verständnis der Untertitel und der ihr zu Grunde liegenden Gesprächssituation helfen. Eine Rede ist ein Text, der sich durch die Interaktion verschiedener Teilnehmer auszeichnet. Ihre Struktur unterliegt bestimmten gesellschaftlichen Normen, z.B. die Abfolge Frage / Antwort oder der Austausch von bestimmten Höflichkeitsfloskeln. Obwohl die Normen in den verschiedenen Kulturen unterschiedlich sind, existieren auch Universalia (Tomaszkiewicz, 1993: 43-44).

3.4. Strategien der Textverkürzung

Eine Definition und Klärung des Begriffes Textverkürzung findet sich in Thomes Artikel zu Strategien der Textverkürzung beim Übersetzen ins Deutsche:

Der [...] zentrale Terminus der Text(ver)kürzung steht im folgenden für die beim Übersetzen unter Beibehaltung der Semantik stattfindende bzw. erreichte Minimierung des Umfangs ausgangssprachlicher Textsegmente und damit letztlich ganzer Texte durch die gezielte Anwendung dazu geeigneter translatorischer Strategien. (Thome, 2003: 310)

Die Wahl der geeigneten übersetzerischen Strategie folgt keinen allgemeingültigen Regeln. Der Übersetzer ist angehalten, Redundanzen zu vermeiden. Es sollte nichts übersetzt werden, was der Zuschauer bereits über die Bilder vermittelt bekommt (Ivarsson / Carroll, 1998: 93; Gottlieb, 1998: 247; Tomaszkiewicz, 1993: 34). Visuelle Elemente wie Kleider, Requisiten usw. verorten den Film in einem räumlich-zeitlichen Kontext und bilden so den informativen Hintergrund, der die verbalen Aussagen ergänzt. Elemente eines Dialoges die der Zuschauer erkennt, da sie den (universalen) Regeln einer Gesprächssituation entsprechen oder Informationen die durch Mimik und Gestik des Schauspielers ausgedrückt werden, können bei der Übertragung ebenfalls wegfallen (Tomaszkiewicz, 1993: 189).

3.4.1. Auslassung

Gängige Methoden der Textverkürzung sind Auslassung und Paraphrase. Auslassung meint das Streichen der für den Informationstransfer „unwesentlichen“ Elemente eines Satzes (Tomaszkiewicz, 1993: 243). Ivarsson / Carroll und Wildblood sind sich einig, dass manchmal die Auslassung von Textteilen erforderlich ist, um Platz und Zeit für Aussagen zu gewinnen, die wichtigere Informationen enthalten (Ivarsson / Carroll, 1998: 87; Wildblood, 2001: 23). Für Ivarsson und Carroll ist die Auslassung im Vergleich zur Umformulierung die bessere Methode, da sie einen aufmerksamen Zuschauer mit Sprachkenntnissen weniger irritiert. Überdies ist die Auslassung weniger aufdringlich als die Umformulierung (Ivarsson / Carroll, 1998: 86). Eine Unterscheidung zwischen Auslassung und Paraphrasierung ist nicht immer einfach, da nach einer Auslassung, oft der Rest des Satzes paraphrasiert werden muss, um die Bedeutung und die Syntax einer Aussage zu erhalten. Auslassungen von Hintergrundsgesprächen (z.B. Ausrufe von Kindern), Eigennamen, Anreden oder Glückwünschen  sind üblich, da sie aus dem Kontext erschließbar sind (Ivarsson / Carroll, 1998: 93). Solche Streichungen können aber auch zu Schwierigkeiten führen. So sieht der Zuschauer die Personen im Bild sprechen, ohne dass Untertitel eingeblendet sind und ist irritiert (Ivarsson / Carroll, 1998: 87; Wildblood, 2001: 23). Tomaszkiewicz hat die Dialoge von verschiedenen Filmen untersucht[viii] und bei der Analyse der Texte festgestellt, dass nur die wichtigen Informationen erhalten bleiben, während nebensächliche Informationen weggekürzt werden. Der Übersetzer entscheidet welche Aussagen für den Informationsfluss wichtig sind und welche nicht, indem er eine gründliche syntaktische und semantische Untersuchung des Dialogs vornimmt. Tomaszkiewicz unterscheidet die folgenden syntaktischen Kategorien, die von Auslassung betroffen sein können.

3.4.2. Die Wiederholung

Füllwörter die zur Kontinuität des Dialogs beitragen, wie „well“ und„you know“, Tautologien und Wiederholungen, wie wiederholtes „Hallo“, „Tschüss“, „ja“ und „nein“ können problemlos weggelassen werden, wenn sie nicht zum besseren Verständnis des Films beitragen (Wildblood, 2001: 23). Dies bedeutet allerdings nicht, dass sie vom Übersetzer unbeachtet bleiben sollten, da sie auch zur Charakterisierung der Protagonisten beitragen können. Folgende Aussagen unterscheiden sich in ihrer Bedeutung erheblich, obwohl sie bei flüchtigem Blick nur Wiederholungen sind: It’s ridiculous“, „It’s just ridiculous“, „It’s ridiculous, isn’t it?“ (Ivarsson / Carroll, 1998: 87). Wiederholungen können unterschiedliche Motive haben, z.B. das Zögern einer Person, die unsicher oder zerstreut ist:

Passagen aus dem Ausgangstext:

J’aimerais trouver quelqu’un qui… qui… qui… me comprendrait.

Entsprechungen in der Zielsprache (mit Auslassung):

J’aimerais trouver quelqu’un qui me comprendrait.

(Tomaszkiewicz, 2001a: 392)

Wiederholt werden kurze Satzfragmente oder Wörter. Der Sprecher sucht nach einem adäquaten Begriff, wodurch die Rede ins Stocken gerät und Satzteile wiederholt werden. Das Auslassen beeinträchtigt den Informationstransfer nicht, da die Sprechweise durch das Original erhalten bleibt (Tomaszkiewicz, 2001: 392).

Wiederholungen können auch ein Hinweis auf den emotionalen Zustand des Sprechers (Wut, Aufregung, Nervosität, Überraschung, usw.) sein, d.h. mit ihrer Hilfe bekommt die Aussage eine illokutive Kraft.

Passagen aus dem Ausgangstext:

A: Calme-toi, poussin! Calme-toi!

B: Comme c’est bon! Comme c’est bon de t’avoir!

Entsprechungen in der Zielsprache (mit Auslassung):

- T’en fais pas.

- C’est bon de t’avoir!

(Tomaszkiewicz, 2001a: 393)

Die Wiederholung drückt die Intention des Sprechers aus und verleiht der Aussage mehr Nachdruck. Lässt der Übersetzer sie in den Untertiteln weg, entkräftet er das Gesagte. Allerdings kann sein, dass dies durch visuelle Informationen kompensiert wird, z.B. durch Gestik, Mimik und Intonation des Schauspielers.

Die Wiederholungen in den folgenden Beispielen drücken eine andere Intention aus:

Passagen aus dem Ausgangstext:

1.L: A sa place je serais furieuse.

            F: Furieuse?

            L: Premièrement, je lui ai promis…

            Deuxièmement, elle se propose…

2. C: Vous vous souvenez de notre bal?

            D: Bien sur je m’en souviens.

            Et je vous en sais gré aujourd’hui.

3. D: Viens, viens, mais viens!

            Je vais te montrer quelque chose.

            T: Viens alors!

4. L: Je suis hébergée? Je vis chez un copain. Mon copain.


Entsprechungen in der Zielsprache (mit Auslassung):

1.- A sa place je serais furieuse. J’ai dû l’accompagner à la piscine, faire les courses.

2.A: - Vous vous souvenez de notre bal?

            B:- Je vous en sais gré.

3. - Viens je vais te montrer quelque chose.

4. Je vis chez mon copain. (Tomaszkiewicz, 2001a: 392-395)

In Beispiel (1) dient die Wiederholung der Erläuterung. Der Übersetzer kann die beiden Sätze problemlos miteinander verbinden, ohne den Sinn zu verändern und so auf die Wiederholung verzichten. In Beispiel (2) greift der Gesprächpartner die letzte Aussage auf, d.h. die Wiederholung dient der Bestätigung. Um zu kürzen, kann die Wiederholung durch „natürlich“ oder „selbstverständlich“ ersetzt und so die beiden Sätze miteinander verbunden werden. In Beispiel (3) drückt die Wiederholung „Viens“ aus, dass der Sprecher seiner Aussage Nachdruck verleiht. Das Bild kompensiert hier die Auslassung, da der Zuschauer beide Darsteller zusammen weggehen sieht. Im letzten Beispiel (4) dient die Wiederholung einer Berichtigung des gerade Gesagten: „un copain“ – „mon copain“. Der Untertitel verändert die Bedeutung nicht. Die Aussage des Untertitels kommt direkt zum Punkt.

3.4.3. Haupt- und Nebensätze

Tomaszkiewicz stellt fest, dass Hauptsätze öfter weggekürzt werden als Nebensätze, wie das folgende Beispiel zeigt (Tomaszkiewicz, 1993: 243-244):

Passagen aus dem Ausgangstext:

Il m’a dit qu’on reprend le héros de l’année.

Entsprechungen in der Zielsprache (mit Auslassung):

On reprend le héros de l’année passée.

(Tomaszkiewicz, 1993: 243)

Der Nebensatz in diesem Beispiel ist aussagekräftiger als der Hauptsatz, der lediglich vermittelt wer diese Aussage getroffen hat. Deshalb kann der Hauptsatz ersatzlos gestrichen werden. Grundsätzlich gilt, dass die mit einem Verb des Wortfelds „sagen“ eingeführten Hauptsätze der indirekter Rede weggelassen werden. Natürlich bedingen diese Auslassungen eine syntaktische Reorganisation des Satzes ─ im Beispiel die Einfügung des unpersönlichen Personalpronomens „on“, um das Gesagte zu entpersonifizieren. Auch die Änderung der Zeit kann aus der Umstellung resultieren. Jedenfalls wird in den Untertiteln zumeist die indirekte Rede in direkte Rede umgewandelt (Tomaszkiewicz, 1993: 244).

3.4.4. Adverbialbestimmung

Adverbialbestimmungen zählen nicht zu den Kernelementen des Satzes. Sie sind überflüssig, wenn sie aus visuellen Elementen des Filmes ableitbar sind. In diesem Fall können sie weggelassen werden, um Redundanzen zu vermeiden. Dies trifft vor allem für räumliche und zeitliche Adverbialbestimmung zu, wobei zeitliche Informationen auch über die Flexion des Verbs (Präsens, Imperfekt, usw.), über Adverbien, Präpositionen (seit, ab...) und deiktische Adjektive (aktuell, modern, nächste...) vermittelt werden können. Lange Adverbialbestimmungen, die eine Zusatzinformation liefern, können entweder gekürzt oder weggelassen werden, wie z.B.: „Du wirst es nicht schaffen, was immer du auch tust.“ Die genauere Angabe „was immer du auch tust“ kann auch weggekürzt werden, indem im Hauptsatz das „nicht“ durch „nie“ ersetzt wird: „Du wirst es nie schaffen“ (Tomaszkiewicz, 1993: 190).

3.4.5. Kausale Relation

Kausale Relationen können gekürzt werden, wenn sie nebensächlich für die Entwicklung der Erzählung sind. Wichtig ist, bei der Analyse den Kontext des Satzes zu berücksichtigen. Der Aussage „Pierre n’est pas venu parce qu’il était malade“ kann z.B., je nachdem worauf man den Akzent legt, unterschiedlich verstanden werden. Liegt hier der Schwerpunkt auf der Information wer abwesend war und nicht an einer Besprechung teilnehmen konnte, ist der Grund der Abwesenheit von Pierre eher zweitrangig. Ein Satz wie „Sophie, Marc et Janine sont venus, mais Pierre était absent“ transportiert also dieselbe Information. Ist hingegen wichtig, weshalb Pierre nicht kommen konnte, genügt der Satz „Pierre était malade“. Die Abwesenheit wird in der Aussage impliziert (Tomaszkiewicz, 1993: 245).

Ein weiteres Beispiel soll verdeutlichen, wie stark kontextabhängig die Auslassung einer kausalen Relation (Ursache - Wirkung) ist:

Passagen aus dem Ausgangstext:

Je voulais te voir parce que je vais t’annoncer une nouvelle à la fois très gaie et très triste.

Entsprechungen in der Zielsprache (mit Auslassung):

Je vais t’annoncer une nouvelle à la fois très gaie et très triste.

(Tomaszkiewicz, 1993: 246)

Der erste Teil der Aussage ist hier nicht wichtig, da der Zuschauer sehen kann, dass die Protagonisten sich getroffen haben. Der Fokus liegt auf dem Wunsch etwas mitzuteilen, weshalb der Hauptsatz komplett entfallen kann (Tomaszkiewicz, 1993: 246).

Manchmal kann auch die Einleitung der kausalen Relation verschwinden, wie das folgende Beispiel zeigt:

Passagen aus dem Ausgangstext:

I don’t have time for jokes because I know what you people think about me.

Entsprechungen in der Zielsprache (mit Auslassung):

Je n’ai pas de temps à perdre. Pas pour des plaisanteries.

Je sais ce que les gens pensent de moi.

(Tomaszkiewicz, 1993: 246)

Hier wird „because“ weggelassen, weil die Relation zwischen den beiden Satzteilen klar ist und dadurch die Einleitung überflüssig ist.

3.4.6. Aufzählung

Haben zwei oder mehr Elemente einer Aussage denselben semantischen oder funktionellen Stellenwert, ist es oft schwierig zu entscheiden, welches wichtiger ist. Deshalb sind Kürzungen von Aufzählungen eher selten:

Passagen aus dem Ausgangstext:

It is possible. It is absolutely possible for people, for dogs, for elephants, for can-can girls.

Entsprechungen in der Zielsprache (mit Auslassung):

C’est possible. Absolument possible pour les gens, les chiens, les éléphants, les girls du french-Cancan.

(Tomaszkiewicz, 1993: 249)

3.4.7. Synonymie

Bei Synonymie, auch wenn sie nur funktioneller Natur ist, kann auf eines der beiden Elemente verzichtet werden. Dies gilt auch, wenn eine Information in unterschiedlicher Form mit gleicher Funktion auftaucht:

Passagen aus dem Ausgangstext:

Les rêves, cela s’explique…

Je l’imaginais, notre avenir.

Leá et moi, nous sommes invitées.

Entsprechungen in der Zielsprache (mit Auslassung):

Les rêves s’expliquent…

J’imaginais notre avenir.

Nous sommes invitées.

(Tomaszkiewicz, 1993: 249)

3.4.8. Paraphrasen

Paraphrasierung bedeutet, dass zwischen zwei Aussagen eine semantische Äquivalenz besteht. Diese semantische Entsprechung kann jedoch nur partiell sein, es wird nicht nach Gleichheit, sondern nach Gleichwertigkeit gesucht. Paraphrase ist ein Charakteristikum der mündlichen Rede, da ein Gespräch nur mit der Beteiligung des Gegenübers zustande kommt. Will ein Gesprächsteilnehmer den Sprechenden zum Weitersprechen ermutigen, ist eine der Techniken, das Gesagte zu wiederholen. Obwohl die Dialoge auf einem Skript basieren, kommt die Paraphrase im Film häufig vor. Sie tritt entweder auf, wenn der Sprecher seine Aussage selbst umformuliert oder der Gegenüber sie wiederholt. Paraphrasiert werden kann über Synonyme, Einschübe oder Wiederholungen (Tomaszkiewicz, 2001a: 396).

Passagen aus dem Ausgangstext:

- Je t’ai fait de la réclame! J’y suis

même allée à fond les manettes!

-De la réclame?

-Façon de parler. Parce que d’abord , c’est moi, c’est lui qui a

commencé? Il m’a dit du bien de toi,

très spontanément. Enfin, je me

sentais coupable que tu t’en ailles.

Il m’a rassuré, il m’a dit que t’étais

une fille bien, que t’étais pas du genre à te vexer pour rien, bref que tu te

prenais pas pour le centre du monde.

Vereinfachte Syntax (mit Auslassung und Umformulierung):

-Je te fais de la réclame!

-D’abord c’est lui qui a commencé

à t’accabler d’éloges. Je me sentais coupable que tu t’en ailles.

Il m’a dit que tu n’étais pas du genre

A te vexer pour rien.

(Tomaszkiewicz, 2001a: 396)

Das Beispiel zeigt, dass die Paraphrasen weggelassen wurden. Der Satz ist kürzer, obwohl der Informationsgehalt derselbe ist (Tomaszkiewicz, 2001a: 396-397).

3.5. Vereinfachte Syntax und vereinfachte Lexik

Lexikalische Veränderungen sind beim Untertitelungsprozess eher selten, während syntaktischen Eingriffe häufig vorkommen. Die Paraphrasierung ist ein viel verwendetes Verfahren, um einen Dialogtext zu kürzen. Dabei ist eine Umstellung des Satzes oft unvermeidbar. Einfache syntaktische Strukturen sind zudem meist kürzer (Ivarsson / Carroll, 1998: 88-89).

3.5.1. Umstellung der Syntax

Eine syntaktische Umstellung kann zu einer vereinfachten Satzstruktur führen. Techniken wie Substantivierung, Adjektivierung, Adverbialisierung, antonymische Ersetzung, Umwandlung von Aussagesätzen in Fragesätze, Ersetzung von affirmativen Sätzen durch verneinende oder Wechsel von Passiv- in Aktivstrukturen vereinfachen die Syntax und verkürzen dadurch die Untertitel (Tomaszkiewicz, 1993: 251). Die folgenden Beispiele sollen das verdeutlichen:

Passage aus dem Ausgangstext:

(1) Here’s something we haven’t see before

(2) We’ll go when we’ve had dinner.

(3) It was usually done by the police.

(4) I wonder you can find the car.

(5) nicht gerade einfach.

(6) Ich bin kein Wissenschaftler.

(7) Vous savez, j’étais très content quand vous m’aviez appelé.

Vereinfachte Syntax im Untertitel:

(1) Here’s something new. (Adjektivierung)

(2) We’ll go after dinner. (Adverbialisierung)

(3) The police usually did it. (Umwandlung von Passiv- in Aktivstruktur)

(4) Can you find the car? (Umwandlung von Aussagesatz in Fragesatz)

(5) Schwierig. (Antonymische Ersetzung)

(6) Bin ich Wissenschaftler? (Umwandlung von Aussagesatz in Fragesatz)

(7) Votre coup de fil m’a fait plaisir. (Substantivierung)

(Bsp. 1-4: Ivarsson / Carroll, 1998: 88; Bsp.5-6: Wildblood, 2001: 21; Bsp.7: Tomaszkiewicz, 1993: 252)

Wie man sehen kann, sind alle Paraphrasierungen kürzer als der Ausgangstext, ohne dass eine Sinnverschiebung oder -veränderung stattgefunden hat. Bei den Beispielen (5) und (7) wurde allerdings stark in die Struktur eingegriffen, wodurch fast alle Elemente des Ausgangstextes ersetzt wurden. Die Bedeutung der beiden Sätze ist jedoch gleichgeblieben.

3.5.2. Zusammenführung mehrerer Dialogteile

Der Filmdialog ist eine Abfolge von Fragen und Antworten. Die Dialoge werden zuerst im Skript niedergeschrieben, bevor die Schauspieler sie in einer (fingierten) Kommunikationssituation umsetzen (vgl. Kap. 3.2.). Aussage und Bedeutung des Films wird in Form einer „authentischen“ Unterhaltung vermittelt. Dafür müssen die Dialoge glaubwürdig klingen und die Kommunikationsmuster der gesprochenen Sprache entsprechen, damit die Illusion von Authentizität erhalten bleibt. In den Untertiteln werden manchmal lange Dialoge zu einem einzigen Satz verschmolzen. Dies können auch Aussagen unterschiedlicher Sprecher sein, die in eine Aussage eines einzigen Gesprächspartners transformiert werden. Hierbei muss jedoch eindeutig sein, wer was sagt. In der Regel werden kurze Fragen und Antworten in eine Zeile gesetzt. Dadurch erhöht sich die Lesbarkeit der Untertitel und der Blick des Zuschauers wird nicht auf die Untertitel, sondern auf das Bild gelenkt (Ivarsson / Carroll, 1998: 88). Die folgenden Beispiele verdeutlichen das gerade beschriebene Prinzip:

Passage aus dem Ausgangstext:

„Do you live in Newcastle?“ – „Yes.“

„And you work in a coal mine?“ – „Yes.“

„Do you like the work?“ – „ No.“

„That’s too bad.“

Vereinfachte Syntax (mit Zusammensetzung mehrerer Dialogteile):

You are a coal miner in Newcastle.

Do you like it the work?

-No. -That’s bad.

(Ivarsson / Carroll, 1998: 88)

Noch deutlicher wird die Zusammenführung eines Dialogs im folgenden Beispiel, in dem zwei Fragen zu einer einzigen Aussage verschmolzen wurden: „Qu’est-ce qu’on va faire aujourd’hui? -On peut aller à la piscine?“ wird im Untertitel zu „Aujourd’hui, on peut aller à la piscine. “ (Tomaszkiewicz, 2001: 385). Durch diesen Eingriff ist der Dialog stark verändert worden. Zwei Fragen zweier Gesprächteilnehmer werden zu einem Aussagesatz einer einzigen Person. Dennoch transportiert die monologische Satzstruktur dem Rezipienten genau dieselbe Information wie der Dialog. Durch die Unterstützung des Bildes ist für den Zuschauer, der zwei Personen in einer Unterhaltung sieht, völlig klar, dass es sich um einen Dialog und nicht einen Monolog handelt (Tomaszkiewicz, 2001a: 386).

Auch der folgende Dialog wird in den Untertiteln umgeformt und zusammengeführt:

Passage aus dem Ausgangstext:

-Vous travaillez aux grands magasins?

-Oui, oui, c’est ça.

Vereinfachte Syntax (mit Umformulierung):

-Vous travaillez aux grands magasins.

Im aufgeführten Dialog fragt einer der Sprecher nach dem Arbeitsort des anderen. Eine geschlossene Frage („Vous travaillez aux grands magasins?“) wird durch die Bejahung als richtige Aussage bestätigt. Also kann die Frage in den Untertiteln, sehr gut durch einen Aussagesatz ersetzt werden. Dies um so mehr, als Sprecher bei einer Bestätigung dazu tendieren zu nicken. Die Bilder des Filmes tragen also zur Eindeutigkeit der Aussage bei.

Passage aus dem Ausgangstext:

F -Tu viens demain?

B -Non, je ne peux pas, j’ai du travail à faire.

Vereinfachte Syntax (mit Umformulierung):

B -Je ne viendrais pas demain, j’ai du travail à faire. (Tomaszkiewicz, 2001a: 387)

In dem oben zitierten Beispiel versuchen die beiden Sprecher sich auf ein Treffen zu einigen. Der Zuschauer sieht, dass sich zwei Personen miteinander unterhalten, weshalb der Dialog auf einen einzigen Aussagesatz verkürzt werden kann. Allerdings ist ein derartiges Verfahren etwas radikal, wenn auch theoretisch möglich. Das ersatzlose Streichen eines Gesprächsteilnehmer wirkt sicherlich etwas verwirrend, weshalb von einer derartigen Strategie lieber selten Gebrauch gemacht werden sollte.

3.5.3. Vereinfachte Lexik

Einfache Wörter sind für den Zuschauer leichter aufzunehmen und erhöhen also die Lesgeschwindigkeit. Das bedeutet allerdings nicht, dass sie zwangsläufig kürzer sein müssen. Bei Synonymen eines Wortes sollte der Untertitler stets den gängigeren Begriff wählen. Dies gilt vor allem für das Fernsehen, das Zuschauer aus allen Alters- und Bildungsschichten erreicht (Ivarsson / Carroll, 1998: 89).

Ivarsson und Carroll erläutern dies mit folgendem Beispiel:

Passage aus dem Ausgangstext:

Gorged with awe, he espied

Sundry foes thronging the aceldama.

Vereinfachte Syntax (mit Umformulierung):

Filled with terror, he detected enemies

Gathering on the battlefield.

(Ivarsson / Carroll, 1998: 89)

Diese Regel gilt freilich nicht für Zitate klassischer Autoren oder bei der Untertitelung eines pädagogischen oder wissenschaftlichen Beitrags. Auch Filme mit einem hohen künstlerischen Anspruch sollten gesondert behandelt werden, da sie von ihrer gehobenen Ausdrucksweise leben (Ivarsson / Carroll, 1998: 89).

3.6. Übersetzungsprobleme bei der Untertitelung

Beim Übersetzungsprozess können übersetzerische Probleme auftreten, die mit den Besonderheiten des zu übersetzenden Films zusammenhängen. In manchen Filmpassagen haben die Sprecher z.B. eine so schnelle Redegeschwindigkeit, dass sie in drei oder vier Sekunden mehr sagen, als in den Untertiteln ausgedrückt werden kann. Gleiches gilt für Szenen, in denen mehrere Personen gleichzeitig sprechen. Hier muss der Text stark gekürzt werden, damit alle relevanten Aussagen wiedergegeben werden können. Übersetzt wird nur, was auch ein ausgangsprachlicher Zuschauer verstehen würde (Ivarsson / Carroll, 1998: 85).

3.6.1. Zahlwörter

Ein weiteres Problem stellen die Zahlwörter dar. Bei der graphischen Unwandlung des Ausgangstextes stellt sich die Frage, ob der Untertitler Zahlen in Buchstaben oder Ziffern wiedergeben soll. Wenn der Platz es erlaubt, sollen alle Zahlen von eins bis zwölf ausgeschrieben werden. Zahlen mit mehr als fünf Ziffern werden in Dreiergruppe aufgeteilt, da sie beim Lesen schwer zu verstehen sind. Kommata oder Punkte werden nicht verwendet („1 345 789“). Die Unterteilung in Dreiergruppen unterscheidet sich in den einzelnen Ländern (in England: 1,000; in Deutschland: 1.000), weshalb eine neutrale Form ratsam ist.

Maßeinheiten werden immer abgekürzt und die Zahlen in Ziffern geschrieben. („10 km, 6 dl“). Ausländische Maßeinheiten und Währungen werden zum besseren Verständnis des Zuschauers übersetzt bzw. umgerechnet. Dabei sollte der Untertitler die Währung immer angeben, auch wenn dies im Ausgangstext nicht der Fall ist. Seltene Währungen wie die „anciens francs“, sollten in Klammern mit einer Erläuterung versehen werden. Währungszeichen wie „$“ oder „£“ sind auf dem Bildschirm schwer lesbar. Entsprechende Abkürzungen wie „USD“ oder „GBP“ sind nicht verbreitet und daher dem Zuschauer eventuell nicht bekannt, weshalb sie vermieden und durch „Pfund“ oder „Dollar“ ersetzt werden sollten.

Jahreszahlen, wie „1999“, werden ohne Leerzeichen geschrieben, während Zeitangaben je nach Kontext und Sprache unterschiedlich zu transkribieren sind. Im Englischen wird die Zeitangabe eines Fahrplanes meist mit Ziffern dargestellt („The train goes at 7.45“), während die Uhrzeit, wenn genug Platz vorhanden ist, meist ausgeschrieben wird („I’m leaving at a quarter to eight“).

Grundsätzlich gilt, dass der Übersetzer die jeweiligen Sprachkonventionen beachten muss (Ivarsson / Carroll, 1998: 119-120).

3.6.2. Lieder und Lyrik

Lieder müssen übersetzt werden, wenn dies zum Verständnis des Films beiträgt. Um in den Untertiteln die Übersetzung von Liedern graphisch abzuheben, setzt man sie gerne in Kursivschrift. Der Refrain muss nicht jedes Mal wiederholt werden. Manchmal genügt nur die erste Strophe oder Verse eines Liedes wiederzugeben, um einen Eindruck zu vermitteln. Texte der Hintergrundmusik müssen nicht übersetzt werden.

Der Rhythmus des Liedes sollte im Zieltext erhalten bleiben, wobei Reime nicht immer berücksichtigt werden können. Das spielt insofern keine Rolle, da der Zuschauer jeden Untertitel einzeln liest und die Reimstruktur nicht wahrnimmt. Er bemerkt sie nur, wenn zwei Zeilen gleichzeitig erscheinen oder bei Wiederholungen. Wird das Lied sehr schnell gesungen, empfiehlt es sich die übersetzte Version zu kürzen, um den Rhythmus des Liedes beizubehalten. Bereits existierende Übersetzungen eines Liedes sind für die Untertitelung nicht brauchbar, da sie in der Regel stark von der Originalversion abweichen. Bei gleichzeitiger Ausstrahlung von Ausgangs- und Zielsprache fällt dies ganz besonders ins Gewicht (Ivarsson / Carroll, 1998: 121-122).

3.6.3. Abkürzungen

Obwohl man annehmen könnte, dass Abkürzungen eine willkommene Technik der Textverkürzung sei, ist bei ihrer Verwendung Vorsicht geboten. Ihre Verbreitung ist nicht immer eindeutig, weshalb Abkürzungen nicht einfach so als bekannt vorausgesetzt werden können.

Abkürzungen von politischen Organisationen wie „CIA“ oder „UN“ werden wie eigenständigen Wörter ohne Punkte zwischen den Buchstaben behandelt. Aber Vorsicht, nicht jede Abkürzung ist in allen Sprachen identisch. Der Übersetzer muss sie vor ihrer Verwendung prüfen, z.B. wird die „Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“ im Französischen „OCDE“ und im Englischen und Deutschen „OECD“ abgekürzt. Manchmal stehen dieselben Abkürzungen in den verschiedenen Sprachen für unterschiedliche Sachverhalte, „AOS“ bezeichnet z.B. auf Englisch die „Organisation of American States“ und auf Französisch hingegen die „Organisation Armée Secrète“, eine Geheimorganisation aus der Zeit des algerischen Krieges (Ivarsson / Carroll, 1998: 122-123).

3.6.4. Flüche und obszöne Ausdrücke

Flüche und Obszönitäten können für den Untertitler problematisch sein. In vielen Ländern werden diese Ausdrücke im Fernsehen sogar zensiert. Ihre Wirkung ist schriftlich wiedergegeben viel stärker als mündlich, vor allem wenn sie wörtlich übersetzt werden (vgl. Kap. 3.2.). Außerdem werden diese Begriffe oft von älteren Wörterbüchern ignoriert, weshalb eine Entsprechung für den Übersetzer nicht einfach zu finden ist. Bei seiner Entscheidung gilt abzuwägen, wie hart und verletzend der zu übersetzende Ausdruck ist. Natürlich können Ausdrücke wie „motherfucker“ nicht durch das deutsche „Mutterficker“ oder das französische „baiseur de ta mère“ ersetzt werden, da der amerikanische Begriff, im Gegensatz zu den wörtlichen Übertragungen, mittlerweile niemanden mehr schockt und in seiner Wirkung stark abgeschwächt ist. Für eine adäquate Übersetzung muss der Untertitler nach einem idiomatischen Ausdruck suchen, der dem Inhalt des Ausgangswortes entspricht. Manchmal erscheint die Entsprechung etwas schwach, wie das folgende Beispiel von Ivarsson und Carroll zeigt: „Nom de Dieu... on n’aura pas évité aucune de ces chieries de merde de pièges à cons.“ (aus Clouzot’s „Le salaire de la peur“) wurde im Englischen mit „Oh... my God!“ übersetzt. Eine wörtliche Wiedergabe hätte lächerlich geklungen, ohne die Intention des Sprechers der Ausgangssprache wieder zu geben. In der Regel sollte der Übersetzer obszöne Begriffe und Flüche immer abschwächen, außer es liegen andere Anweisung vom Regisseur oder der Produktionsfirma vor (Ivarsson / Carroll, 1998: 126-127).

4. Kulturspezifische Realia

Nachdem im vorhergehenden Kapitel sprachbedingte Übersetzungsprobleme vorgestellt wurden, behandelt dieses Kapitel nun die kulturbedingten. Übersetzungsprobleme treten dann auf, wenn Entsprechungen zwischen Ausgangs- (AS) und Zielsprache (ZS) fehlen.

In den 80er Jahren[ix] setzte die Übersetzungswissenschaft einen neuen Schwerpunkt. Ansätze wie die Skopostheorie von Reiss /Vermeer und die Theorie über translatorisches Handeln (Holz-Mänttäri) verstehen die Translation grundsätzlich als eine interkulturelle Kommunikation, wobei der Übersetzer eine kommunikative Handlung vollzieht. Das Ergebnis eines translatorischen Prozesses, das Translat, wird als „ein Informationsangebot in der Zielkultur über ein Informationsangebot aus einer Ausgangskultur“ (Stolze, 1994: 155) verstanden. Betrachtet man die „Translation als kulturelle Transferhandlung“, so ist es Aufgabe des Übersetzers, einem Adressaten der Zielkultur die charakteristischen kulturellen Phänomene des Landes der Ausgangssprache („Realia“) zu vermitteln. Der Übersetzer spielt hierbei die Rolle eines „Kulturmittlers“ (Witte, 1999: 345). Diese „kultursensitiven“ Übersetzungstheorien beschreiben die Translation als besondere Form der interkulturellen Kommunikation, „d.h. als letztliches Ziel wird die Überwindung von Kulturbarrieren zu bestimmtem Zweck postuliert. Sprachbarrieren lassen sich dann als Sondersorte von Kulturbarrieren beschreiben“ (Witte, 1999: 346). Der Translator braucht für seine Tätigkeit mindestens eine „bikulturelle“ Kompetenz. Nur so kann er eine funktionsgerechte Kommunikation zwischen Mitgliedern unterschiedlicher Kulturgemeinschaften ermöglichen. Die intuitive Kulturkenntnis eines Muttersprachlers reicht für die Transferleistung eines Übersetzers nicht aus, denn professionelles translatorisches Handeln erfordert eine bewusste Kulturkompetenz (Witte, 1999: 346).

Es folgen zwei Beispiele für Realia, d.h. „Sachverhalte politischer, institutioneller, sozialer, geographischer Art, die spezifisch sind für bestimmte Länder“ (Koller, 1987: 162), um den Begriff zu veranschaulichen. Der englische Begriff „government“ bezeichnet in Großbritannien das Kabinett und in den USA den gesamten Staatsapparat mit allen drei Gewalten. Unter dem englischen Begriff „continent“ werden mit Nord- und Südamerika und der Antarktis sieben Kontinente gefasst, während man in Deutschland dagegen nur fünf Kontinente zählt (Kupsch-Losereit, 2002: 98).

Kupsch-Losereit fasst den Begriff Realia weiter als Koller und zählt auch Bezeichnungen und Namen, politische Termini, sozialgeschichtliche Realia, Ausbildungsgänge und Abschlüsse, Benennung von Institutionen und Dienstgrade und die Terminologie von Speisekarten dazu (Kupsch-Losereit, 2002: 98). Markstein erweitert den Kanon um Abkürzungen, Titel, Feiertage, und sehr weitgefasst um nominative Wortverbindungen, wie z.B. Anrede-, Gruß- und Abschiedsfloskeln. In bestimmten Kontexten gehören auch Interjektionen und Gesten zu den Realia. Die Deutschen nicken z.B. um „Ja“ zu sagen, während Bulgaren damit „Nein“ sagen. Allerdings ist die Bestimmung von Realia nicht einfach. Schnee wäre im euroamerikanischen Kulturkreis kein Realia, aus der Sicht eines am Äquator lebenden Afrikaners kann dies jedoch durchaus der Fall sein, da für ihn Schnee unbekannt ist. Ähnlich verhält es sich mit der Bezeichnungsvielfalt der in der Polarregion gesprochenen Sprachen, die bis zu zwanzig verschiedene Schneearten unterscheiden, wohingegen der Mitteleuropäer nur einen Begriff kennt (Markstein, 1999: 289). In ihrer Definition bezeichnet sie Realia als “[...] Identitätsträger eines nationalen / ethnischen Gebildes, einer nationalen / ethnischen Kultur – [die] im weitesten Sinne – […] einem Land, einer Region, einem Erdteil zugeordnet“ werden (Markstein, 1999: 288). Für Markstein sind Konnotation und Kontext eines Begriff nicht voneinander trennbar, wobei „[d]ie Konnotationen durch die Realien fest im Kontext verankert sind.“ (Markstein, 1999: 289). Ein Samowar beispielsweise ist nicht nur eine russische Teemaschine. Der Begriff steht darüber hinaus auch für Gemütlichkeit. Diese Konnotation existiert nicht in der Zielsprache, weshalb keine vollständige Übereinstimmung mit der lexikalischen Einheit des Ausgangstextes besteht. Selbst Uhrzeiten können ein „konnotatives Potential“ haben, wie das Beispiel „five o’clock“ zeigt. Hierbei handelt es sich um eine britische Realie, die typische englische „Tea time“. Dies stimmt auch für Toponyme wie „Auschwitz, Hiroschima“, die historische Realia sind (Markstein, 1999: 290). Die Übersetzung von Realia ist, unabhängig von der Textsorte, schwierig, da sowohl die kulturellen Merkmale der Ausgangs- und der Zielkultur, als auch die sprachlichen Strukturen unterschiedlich sind. Die Hauptschwierigkeit beim Übersetzen der Realia ist die Identifizierung. Besteht in der Zielkultur keine Entsprechung, muss der Übersetzer zudem eine Strategie entwickeln, um die kulturellen Besonderheiten zu vermitteln.

Bei der Übersetzung eines AS-Text, die das Ziel hat, soviel Lokalkolorit wie möglich zu bewahren, muss der kulturelle Hintergrund berücksichtigt werden. Der Ausgangstext bezieht sich auf ein bestimmtes soziales und kulturelles Umfeld, in dem besondere Regeln und Normen herrschen. Zu den Kenntnissen über dieses kulturelle Umfeld gehören unter anderem das Wissen über Sitten, Moden, soziale Verhältnisse, ästhetische Auffassungen und die sprachlichen und schriftlichen Normen. Die Rolle des Übersetzers besteht folglich darin, die nicht bekannte außersprachliche Wirklichkeit der Ausgangskultur zu vermitteln. Laut Lederer, ist der Rezipient durchaus in der Lage, sich eine ihm fremde Realität vorzustellen. Die Aufgabe des Übersetzers ist es, ihm die dafür notwendigen Informationen zu liefern:

Il appartient donc au traducteur de donner au lecteur étranger des connaissances supplémentaires, minimum mais suffisantes pour entrouvrir la porte qui mène à la connaissance de l’autre. (Lederer, 1994: 123)

Das Erkennen der Realia reicht allerdings noch nicht aus, um die richtige Strategie zu wählen. Die Entscheidung des Übersetzers hängt auch von der Art der Realia des AS-Textes ab. Er muss abwiegen, ob sie nur einmalig im Text erscheinen und bedeutend für die Charakterisierung der Protagonisten, bzw. den Plot der Erzählung sind. Die Entscheidung sollte er von Fall zu Fall treffen (Markstein, 1999: 290). Um die Lücken im lexikalischen System der ZS zu füllen, verfügt der Übersetzer über unterschiedliche Strategien:

1.       Unveränderte Übernahme des Ausdruckes als „Zitatwort“: z.B. Englisch – „public relations“ wird zu Deutsch „Public Relations“. Bei Sprachen die nicht lateinische Schrift verwenden, kann eine Transkribierung notwendig werden. Manchmal wird der Begriff der Ausgangssprache phonetisch, morphologisch, oder graphemisch angepasst: Pizzen im Vergleich zu Pizzas (Markstein, 1999: 291; Koller, 1987:162-163).

2.      Die „Lehnübersetzung“: Der AS-Begriff wird wortwörtlich in die ZS übersetzt. Ein Beispiel dafür ist „Wolkenkratzer“ für den englischen Begriff „skyscraper“. Bei dem Begriff „Samowar“ hingegen wäre die Lehnübersetzung „Selbstkocher“ unverständlich (Markstein, 1999: 291; Koller, 1987:162-163).

3.      Die „Analogiebildung“: Der AS-Begriff wird sinngemäß in die ZS übertragen, z.B. das Englische „Home office“ in das Deutsche „Innenministerium“, bzw. das Französische „Ministère public“. Zur Analogiebildung gehört auch die annähernde Übersetzung durch ein lexikalisch ähnliches Wort, z.B. der Ersatz eines Artbegriffes durch einen Gattungsbegriff (eine Generalisierung, die nicht immer empfohlen ist). So kann „Kilt“ z.B. durch „(bunt karierter) Schottenrock“ ersetzt werden (Markstein, 1999: 291; Koller, 1987:162-163).

4.      Die „kommentierte Übersetzung“ oder „definitorische Umformulierung“, die bei der audiovisuellen Übersetzung wegen des beschränkten Platzes nur begrenzt Verwendung findet, z.B. kann „non food“ auf Englisch durch „Produkte, die keine Lebensmittel sind“ ersetzt werden (Markstein, 1999: 291; Koller, 1987:162-163).

5.      Die Adaptation beschreibt Koller in seiner Einführung in die Übersetzungswissenschaft wie folgt:

Unter diesem Verfahren versteht die Stylistique comparée [...] die Ersetzung des mit einem AS-Ausdruck erfassten Sachverhalts durch einen Sachverhalt, der im Kontext des kommunikativen Zusammenhangs der ZS eine vergleichbare Funktion hat. (Koller, 1987: 165)

Dieses Verfahren ist die Anpassung der Übersetzung an den kommunikativen Zusammenhang der ZS.

Die Wahl der Strategie hängt natürlich von der Form und der Bedeutung des Ausgangstextes, sowie von den Erwartungen der Zielgruppe ab (Tomaszkiewicz, 2001a: 238).


4.1. Kultur im Film

Der Film ist in ein klar umrissenes, räumlich-zeitliches Gefüge eingebunden und bewegt sich in einem eigenen kulturellen Rahmen, der über die Darstellung im Bild hinausgeht. Findet z.B. ein Gespräch in einem Zimmer statt, ist der kulturelle Kontext die Wohnung, das Viertel, die Stadt, das Land usw.. D.h. auch der Film ist in einem sozialen und kulturellen Gefüge verankert, das über die Bilder vermittelt wird, weshalb Realia bei der Untertitelung eine Rolle spielen und zu Übersetzungsproblemen führen. Die Handlung findet immer in einem konkret beschreibbaren geographischen und administrativen Raum statt. Die Protagonisten handeln im Einklang mit den in diesem Rahmen definierten, kulturspezifischen Normen und Regeln einer Gemeinschaft eines Landes, da sie Teil dieser sprachlichen Gemeinschaft sind. Dies bedeutet, dass Situationen und Aussagen ausschließlich von Angehörigen der Ausgangskultur, bzw. von Leuten, die der Ausgangskultur sehr vertraut sind, aber nicht von einem ausländischen Publikum verstanden werden können (Tomaszkiewicz, 1993: 223). Dies betrifft z.B. Namen von berühmten Persönlichkeiten (Sportler, Politiker, Künstler), Orte, die im Lande bekannt sind, oder Markennamen (Ivarsson / Carroll, 1998: 124). Allerdings tritt mit der Globalisierung und der Verbreitung neuer Kommunikationsmittel, wie das Internet, ein neuer Effekt ein, nämlich die Universalisierung von Kultur. Zumindest für die westlichen Kulturen lässt sich hier beobachten, dass die Beispiele von Ivarsson und Carroll nur noch zum Teil Gültigkeit besitzen. Produkte werden weltweit vertrieben und umworben und Markennamen treten ihren Siegeszug um die Welt an. Sport ist sowieso ein internationales Phänomen, an dem über die bereits beschriebenen Kommunikationskanäle, Rezipienten verschiedener Länder teilhaben. Auch in der Politik lässt sich diese Entwicklung beobachten, wenn in den Nachrichtensendungen und auf international ausgerichteten Webpages das Ausland immer mehr in den Fokus rückt. Trotzdem ist Ivarsson und Carrolls Beschreibung wichtig, wenn man die Ausnahmen, die Regionalismen und spezifischen Kultureme betrachtet, die letztlich die Schwierigkeit beim Übersetzen darstellt.

Die Übersetzung von Realia ist für den audiovisuellen Übersetzer eine große Herausforderung, da ihm beim Übersetzen von Untertiteln die Möglichkeit fehlt, ausführliche Beschreibungen oder Erläuterungen in Fußnoten einzufügen. Stattdessen muss er sich, wegen des Zeit- und Raumproblems, kurz fassen. Einerseits hilft die intersemiotische Natur des Filmes beim Verständnis, da die Bedeutung des Zieltextes durch das Bild verdeutlicht wird. Anderseits können visuelle Elemente, durch die unterschiedlichen Konventionen von nonverbalen Zeichen (z.B. Gestik und Mimik), die Ursache für Missverständnisse sein, wenn sie in der Ausgangs- und Zielkultur nicht gleich interpretiert werden. Dabei ist es für das Verstehen der Untertitel nicht hilfreich, dass sie vom Zuschauer nur einmal gelesen und somit nicht verifiziert werden können.

Vor einem Problem steht der Übersetzer, wenn er auf unübersetzbare Begriffe oder Konzepte stößt. Er kann für die Übertragung eines in der Zielsprache unbekannten Begriffes entweder eine Ersatzbezeichnung finden, die allerdings nicht immer dieselbe umfassende inhaltliche Dimension besitzt, oder den Begriff der Ausgangssprache übernehmen und in Kauf nehmen, evtl. nicht richtig verstanden zu werden. Eine allgemeingültige Regel lässt sich nicht formulieren, da die fehlende Entsprechung ein Sonderfall darstellt, der separat zu klären ist. Dennoch gibt es verschiedene Übersetzungsstrategien, die bei der Übertragung kulturspezifischer Elemente eine Orientierung geben können (Tomaszkiewicz, 1993: 223-224).

4.2. Strategien zur Übersetzung kulturspezifischer Elemente

4.2.1. Auslassung des kulturspezifischen Begriffs („Omission“)

Eine Besonderheit der audiovisuellen Übersetzung und der Untertitelung ist die Auslassung. Die Auslassung kulturspezifischer Elemente ist bestimmt die einfachste und radikalste Lösung. Allerdings ist diese Strategie bei der Untertitelung unvermeidbar, da für eine kommentierende Übersetzung oft kein Platz da ist. Dieses Verfahren kann hinsichtlich des Bedeutungsverlustes einer Aussage nicht befriedigen. Das Übersetzungsproblem wird lediglich umgangen und der problematische Begriff weggelassen. Dieses Verfahren ist nur dann möglich, wenn der Kontext klar abgegrenzt ist und die Auslassung das Verständnis der Aussage nicht beeinträchtigt (Tomaszkiewicz, 1993: 224).

Tomaszkiewicz’ Beispiele stammen aus polnischen Dialoge und den dazugehörigen französischen Untertiteln, wobei sie zum besseren Verständnis eine ausführliche Übersetzung der polnischen Passagen mitliefert:


Passage aus dem Ausgangstext:

- Ecoute, il paraît que vous montez ce music-hall à Syrena.

Passage aus dem Zieltext:

- Il paraît que vous montez un music-hall. (Tomaszkiewicz, 2001b: 239)

Da die Äußerung im Theater gemacht wird, ist der Name „Syrena“, für das in Polen sehr bekannten Warschauer Theater, überflüssig. Durch die Auslassung wird die Bedeutung der Aussage nicht verändert.

Passage aus dem Ausgangstext:

- Café „Maskota“, rue Chimère. Qu’est-ce que c’est?

- C’est sûrement l’adresse de travail de sa mère.

Passage aus dem Zieltext:

- Café „Mascotte“… Qu’est-ce que c’est?

- L’adresse de travail de sa mère. (Tomaszkiewicz, 2001b: 239)

In der Übersetzung wurde der Eigenname des Cafes übersetzt und der Straßenname ausgelassen. Für das Verständnis des Films ist wichtig, dass die Kinder sich über den Arbeitsort der Mutter, ein Kaffeehaus, lustig machen. Die Adresse interessiert in diesem Zusammenhang nicht und die Auslassung enthält dem Zuschauer keine Informationen vor.

Die Beispiele zeigen, dass die Auslassung kulturspezifischer Informationen manchmal möglich und notwendig ist, damit der Untertitel prägnant und knapp bleibt (Tomaszkiewicz, 2001b: 239).

4.2.2.Übernahme des AS-Ausdruckes als Zitatwort („Traduction Littéraire“)

Um den Lokalkolorit des Ausgangsfilmes und damit Elemente der ausgangsprachlichen Wirklichkeit zu bewahren, kann der Übersetzer Begriffe der Ausgangssprache in die Zielsprache übernehmen. Die wortwörtliche Übersetzung kommt vor allem bei Eigennamen zur Anwendung, wobei der Ausgangstext lediglich dem zielsprachlichen System angepasst wird, z.B. grammatikalisch, ansonsten aber einfach in die Zielsprache übernommen wird. Aus „The august Strinberg Award“ wird z.B. „Le prix Stringberg“. Natürlich kann jemand die Natur dieses Preises nicht verstehen, wenn er den Teil der Wirklichkeit nicht kennt, den der Begriff beschreibt. (Tomaszkiewicz, 1993: 224). Jede Sprache integriert eine Menge von AS-sprachlichen Ausdrücken, z.B. Gerichte wie „Pizza“ oder „Hamburger“, Begriffe, die in anderen Sprachen unverändert beibehalten wurden. In der audiovisuellen Übersetzung kann die Verwendung von in der Zielkultur unbekannten Entlehnungen das Verständnis beeinträchtigen. In den Kontext gesetzt, stellen sie jedoch in der Regel kein Problem dar. Bei Tomaszkiewicz findet man dazu folgendes Beispiel aus Röhmers Film, L’ami de mon amie:

- „Tu habites où?“

- „A Cergy Village.“

Aus dem Dialog kann abgeleitet werden, dass „Cergy“ der Name eines Dorfes oder einer kleinen Stadt ist. Diese Ableitung ist durch das Verb „habiter“ möglich. Der Eigenname taucht dann im Laufe des Filmes mehrmals auf, aber da der Kontext bereits klar ist, kann der Übersetzer das Wort als Entlehnung innerhalb des Filmes etablieren (Tomaszkiewicz, 2001b: 240).

Die Übernahme des AS-Ausdruckes ist demzufolge nur in einem eindeutig umrissenen Kontext möglich, da sonst Missverständnisse entstehen können. Ist der Kontext nicht eindeutig genug, kann eine knappe Definition ergänzt werden, um die Bedeutung des Begriffs zu präzisieren: Die Verlagsgruppe „Random House“ ist in Frankreich nicht bekannt, weshalb ein erläuternder Zusatz für das Verständnis des französischen Publikums von Nutzen sein kann: „aux éditions Random House“. Dasselbe gilt für viele Begriffe aus dem Bereich des Essens, in dem viele Wörter für Zutaten oder Zubereitungsarten unübersetzbar sind. Eine einmalige Erläuterung kann den Informationstransfer erleichtern und die erneute Verwendung des Begriffs im Film möglich machen. Das mexikanische Gericht „Burrito“ kann z.B. von Amerikanern problemlos eingeordnet werden, da ein reger Kulturaustausch zwischen beiden Ländern existiert. Für ein französisches Publikum ist das nicht unbedingt der Fall, deshalb ist eine Umschreibung, wie „l’omelette mexicaine Burrito“, zur Verdeutlichung der Bedeutung sinnvoll (Tomaszkiewicz, 1993: 224-225).

Allerdings gibt es Fälle, in denen eine Übernahmme des AS-Wortes nicht die Übertragung des kompletten Sems erlaubt. Bei der notwendigen Kürzung gehen bestimmte Teile der Information verloren (Tomaszkiewicz, 2001b: 243).

4.2.3. Anpassung an die Zielsprache („Adaptation“)

Manchmal ist eine Übernahme des AS-Ausdruckes nicht möglich, weil er für das Zielpublikum unverständlich wäre. Eine Auslassung würde den Sinn des Dialoges verfälschen, weshalb Realia durch eine „definitorische Umformulierung“ für die Zielgruppe angepasst werden müssen:

Passage aus dem Ausgangstext:

- Mon troisième mari était infirmier à Tworki

Passage aus dem Zieltext:

-Mon troisième mari était infirmier chez les fous. (Tomaszkiewicz, 2001b: 243)

Tworki“ ist eine polnische Stadt, in der Nähe von Warschau, in der es eine psychiatrische Anstalt gibt. In der polnischen Kultur ist diese Stadt Synonym für dieses Krankenhaus. In diesem Kontext ist der Name der Stadt unwesentlich, daher wurde er in dem Untertitel mit „chez les fous“ umschrieben.

Eine andere Vorgehensweise ist, in der Zielsprache einen äquivalenten Ausdruck als terminologischen Ersatz zu finden. Ziel ist sowohl in der Ausgangs- als auch in der Zielsprache dieselben Assoziationen zu wecken.

»    Äquivalenter Ausdruck in der Ausgangssprache:

Es wird eine Entsprechung in derselben Ausgangssprache gesucht, da der Übersetzer annimmt, dass ein anderer Begriff in derselben Sprache, der Zielgruppe geläufiger ist. Ein Beispiel hierfür ist die Ersetzung von „Radclife“ durch den geläufigeren Begriff „Haward“. „Haward” ist eine weltweit bekannte Universität, während „Radclife”, eine Hochschule für Mädchen, weniger berühmt ist (Tomaszkiewicz, 2001b: 243-244).

»    Äquivalenter Ausdruck in der Zielsprache:

Gesucht wird ein gleichwertiger Ausdruck in der Zielsprache, der die ausgangssprachliche Wirklichkeit wiederzugeben vermag. Dies kann eine Institution, ein Diplom oder eine Organisation sein, die in dem sozialen und kulturellen Kontext der Zielsprache dieselbe Bedeutung hat, wie der Begriff der Ausgangssprache in seinem Kontext. So kann z.B. „Merill lynch“ durch „bourse et valeur“ oder „Börse“ und das Gesellschaftsspiel „Chutes and Ladder“ auf Französisch durch „jeu de l’oie“ oder auf Deutsch durch „Mensch ärgere dich nicht“ ersetzt werden. Diese Ersetzungen sind möglich, da die Begriffe in den beiden Sprachen dieselbe Funktion haben (Tomaszkiewicz, 2001b: 244).

Bei der Anpassung an die außersprachliche Wirklichkeit der Zielsprache („Adaptation“) wird versucht, einen gleichwertigen Begriff für Realia zu finden. Man ersetzt einen ausgangssprachlichen Begriff durch einen zielsprachlichen mit entsprechender Funktion. Tomaszkiewicz erläutert die Adaptation anhand des Beispiels der Ersetzung von „Wilkie Mays“ durch „Pélé le footballeur“. „Wilkie Mays“ ist ein Baseballspieler, während „Pélé le footballeur“ ein Fußballspieler ist. Doch beide haben in den verschiedenen Kulturen dieselbe Funktion (Tomaszkiewicz, 1993: 226; Tomaszkiewicz, 2001b: 245).

4.2.4. Neutralisieren des kulturspezifischen Ausdrucks („Substitution par la référence énonciative“)

Dieses Verfahren eignet sich für die Wiedergabe von Abkürzungen bzw. Eigennamen, die aus technischen Gründen (Knappheit der Untertitel) nicht erläutert werden können. Gemeint sind damit Sachverhalte, die in der Ausgangskultur bekannt, in der Zielsprache jedoch unverständlich sind:

Passage aus dem Ausgangstext:

-Vous êtes ingénieur?

- Oui, à l’EDF.

Passage aus dem Zieltext:

- ...

- Oui, je travaille ici. (Tomaszkiewicz, 1993: 227; Tomaszkiewicz, 2001b: 245)

Das Beispiel von Tomaszkiewicz zeigt, dass die für die Franzosen geläufige Abkürzung „EDF“ im Polnischen keine Entsprechung findet. Für die deutsche Sprache wäre eine Übersetzung denkbar, indem man die französische Firma durch eine deutsche ersetzt: „Ich bin Ingenieur bei AEG“. „AEG“ (Allgemeine Elektrizitäts Gesellschaft) ist ein deutsches Unternehmen, das allseits bekannt ist. Der polnische Übersetzer hatte keine solche Möglichkeit, weshalb er eine Formulierung finden muss, die die Aussage für den Rezipienten verständlich macht. Die Geste des Sprechers macht die Strategie der Verschiebung möglich, indem der Übersetzer für den Firmennamen nur eine Ortsangabe „ici“ setzt und somit das Problem neutralisiert. Ein weiteres Beispiel ist der Eigenname des im Ausgangstext genannten Verlagshauses „Viking“, der im Französischen nicht verstanden wird und deshalb durch die folgende ausführliche Formulierung „mon éditeur“ ersetzt wird (Tomaszkiewicz, 2001b: 245).


4.3. Übersetzung von Wortspielen

Ein weiterer kulturspezifischer Aspekt ist die Übertragung von humoristischen Aussagen, wie z.B. Wortspielen. Der Dozent Henrik Gottlieb hat erforscht, wie Wortspiele beim Untertitelungsprozess übertragen werden können. Dabei hat er festgestellt, dass die non-verbalen Komponenten, die als Grundlage für eine Reihe von Wortspielen in Komödien dienen, eine gelungene Übersetzung nicht behindern, sondern vielmehr zur Lösung des Problems beitragen können. Seiner Meinung nach stellt die Übersetzung von Wortspielen in einer solchen komplexen, semiotischen Situation nicht mehr Schwierigkeiten dar, als z. B. in einem satirischen Roman. Entscheidend ist das Geschick des Untertitlers.

Im Allgemein beziehen sich Wortspiele sowohl auf textinterne (das auf dem Bildschirm Gesagte, Gezeigte oder Geschriebene), als auch auf textexterne Einheiten (das implizierte soziale und kulturelle Wissen des Zuschauers). Bei der Übersetzung von Wortspielen sollte stets der besondere polysemiotische Kontext eines Films beachtet werden. Die beabsichtigte Wirkung eines Wortspieles kann sowohl über den Dialog (einschließlich Betonung und anderen prosodischen Mitteln), als auch über die Kombination aus geschriebenem Text und non-verbaler Information vermittelt werden.

Für die Übersetzung von Wortspielen verfügt der Übersetzer über fünf mögliche Strategien:

1. Wortwörtlich Übertragung (mit oder ohne humorvoller Wirkung).

2. Adaptation an die lokalen Gegebenheiten der Zielkultur, um die humoristische Wirkung aufrechtzuerhalten.

3. Neutralisierung durch Weglassen des Wortspiels.

4. Auslassung, um Platz für andere Dialogteile zu machen.

5. Versetzung an eine andere stelle im Text, wenn die Zielsprache dies erlaubt. Damit wird das ursprüngliche Wortspiel nicht aufgehoben und die komische Wirkung des Films bleibt erhalten (Gottlieb, 1997: 210).

Allerdings ist die Übertragung von Humor nicht immer einfach, weil die Übersetzung beim Empfänger der Zielkultur dieselbe Wirkung erzielen sollte wie der Ausgangstext beim Empfänger der Ausgangskultur. Die Schwierigkeit besteht nun in der unterschiedlichen Art der Rezeption: Die ausgangssprachlichen Zuschauer der Originalversion hören nur den Dialog in ihrer Muttersprache, während die Zuschauer des untertitelten Films in ihrer Muttersprache lesen und parallel dazu den Dialog in der Ausgangssprache hören. Dies stellt sicherlich die größte Hürde dar, weil das Verständnis entweder erschwert oder gar verhindert werden kann. In der Tat soll der geschriebene Text nicht nur dem semantischen Inhalt, sondern auch der Funktion der Aussage des Ausgangstextes entsprechen, damit auch die zielsprachigen Zuschauer lachen können (Gottlieb 1997, 211). Deshalb kann manchmal ein Wortspiel durch einen Witz ersetzt werden. Hierbei handelt es sich um eine kompensatorische Übersetzungsstrategie. Am besten ist es natürlich, ein ausgangsprachliches Wortspiel durch ein zielsprachliches Wortspiel zu ersetzen, evtl. auch an einer anderen Stelle (Gottlieb 1997, 222). Werden Wortspiele nicht übersetzt, lässt sich dies auf die Unübersetzbarkeit wegen fehlender Entsprechung in der Zielsprache („language- specific constraints“), auf das Nichtzustandekommen des Wortspiels wegen der medienspezifischen Übertragungsmethode, z.B. Zeit- und Raumproblem („media-specific constraints) oder auf fehlende Begabung, Interesse oder Erfahrung des Untertitlers („human constraints“) zurückführen (Gottlieb 1997, 216).

Schwierig für den Übersetzer sind die Phänomene Homophonie und Homographie. In manchen Sprachen tritt dieses Phänomen häufiger auf als in anderen, z.B. öfter im Französischen als im Deutschen (Gottlieb 1997, 217). Dies führt zu Äquivalenzproblemen. Es ist schwierig, in zwei verschiedenen Sprachen Ausdrücke zu finden, die sowohl auf das gleiche semantische Feld verweisen, als auch gleich klingen bzw. gleich buchstabiert werden. Die translatorische Strategie ist stark sprachenpaarabhängig. Wenn Ausgangs- und Zielsprache verwandt sind, ist natürlich wahrscheinlicher, dass sie ähnliche zweideutige Ausdrücke verwenden oder zu ähnlichen Wortspielen greifen:

It is very unlikely that two languages will present identical-sounding or identically spelled expressions in (nearly) the same semantic fields, whereas expressions with literal as well as metaphorical usages in one language may more reasonably be expected to have partners with the same (homonymic) qualities in other languages. (Gottlieb 1997, 212)


5. Zusammenfassung

Der kulturspezifische Transfer in einer Übersetzung besteht darin, einem Rezipienten Kenntnisse von einer ihm nicht bekannten Welt zu liefern. Auch wenn sich manchmal Teile der außersprachlichen Wirklichkeit in Ausgangs- und Zielkultur unterscheiden, lässt sich über verschiedene Strategien des Übersetzens die Nachricht übertragen. Zugegeben gibt es kulturspezifische Referenzen, die beim Untertitelungsprozess sehr schwer wiederzugeben sind. Lederer bezeichnet sie als „compléments cognitifs“ (Lederer 1994: 35-36). Dieser Begriff beinhaltet alle literarischen, historischen und kulturellen (Kunst, Musik...) Kenntnisse, die den Mitgliedern einer Kulturgemeinschaft gemein sind. Um die „compléments cognitifs“ richtig verstehen zu können, braucht der Adressat neben der sprachlichen Kompetenz eine Art Basiswissen. Einige davon sind Universalien, man denke z.B. an Rückgriffe auf die Antike oder die christliche Tradition. Andere entsprechen dagegen nur der nationalen Kultur.

Die technischen Einschränkungen der Untertitelung stellen ein zusätzliches Hindernis bei der Bedeutungsübertragung dar. Sie zwingen den Übersetzer in den Text einzugreifen und auf manche Elemente zu verzichten. Bestimmte Charakteristika der Ausgangskultur gehen auf diese Weise verloren. Dennoch ist es interessant festzustellen, dass die polysemiotische Natur des Filmes nicht unbedingt ein Hindernis für eine korrekte Übertragung des gesprochenen Diskurses darstellt, sondern vielmehr, dass die Kürzung des Textes die Effektivität der Nachricht erhöht, weil dadurch die Lesbarkeit der Untertitel gewährleistet ist.

Die Übersetzungsindustrie hat für die kulturelle Anpassung einen eigenen Begriff und eine eigene Tätigkeit gefunden: die „Lokalisation“[x]. Ziel ist es eine Homogenität zwischen Ausgangs- und Zielkultur herbeizuführen, die allerdings manchmal auch zu weit gehen kann. Das gilt besonders für ein Publikum, dass untertitelte Filme aus Authentizitätsgründen wählt und daher übertriebene Eingriffe als störend empfinden könnte.

6. Korpusanalyse – Untersuchung der französischen DVD-Untertitel des deutschen Spielfilms „Good bye, Lenin!“

6.1. Zum Film

Deutschland 2003

Regie: Wolfgang Becker

Buch: Bernd Lichtenberg

Co-Autor: Wolfgang Becker

Kamera: Martin Kukula

Schnitt: Peter R. Ad0am

Musik: Yann Thiersen

Darsteller/innen: Daniel Brühl (Alex Kerner), Katrin Saß (Mutter, Christiane Kerner), Chulpan Khamatova (Lernschwester Lara, Alex Freundin), Maria Simon (Schwester, Ariane Kerner), Florian Lukas (Arbeitskollege Denis), Alexander Beyer (Arianes neuer Freund), Burghart Klaußner (Vater, Robert Kerner), Michael Gwisdek (Direktor Klapprath) u.a.

Länge: 120 Minuten

Verleihe: X Verleih in Deutschland, Océan Distribution in Frankreich

„Good bye, Lenin!“ erhielt den Drehbuchpreis der Berlinale 2002, den Preis für den besten europäischen Film der Berlinale 2003, den Bogey-Box Office Germany Award: Gold für 3 Millionen Besucher in 28 Tagen, die Goldene Leinwand des Hauptverbandes Deutscher Filmtheater e.V. für 3 Mio. Besucher, den US-Preis Discovery Award 2004 in der Kategorie „Best Foreign Language Film“, den französischen Filmpreis „César“ 2004 und den französischen Preis für die Filmmusik „Victoire de la meilleure musique de film“ 2004.

6.2. Inhalt des Films

In einer 79 Quadratmeter großen Ostberliner Plattenbau-Wohnung sitzt der elfjährige Alex Kerner mit seiner jüngeren Schwester Ariane am 26. August 1978 vor dem Fernsehapparat und verfolgt den Start des DDR-Oberstleutnants Sigmund Jähn an Bord von „Sojus 31“ zur Orbitalstation. Im Nachbarzimmer wird die Mutter gerade von zwei Stasi-Beamten ausgefragt, weil sich der Vater bei einer Dienstreise zu einem Ärztekongress in den Westen abgesetzt hat. Christiane Kerner bricht psychisch zusammen, sitzt nur noch schweigend und vor sich hin starrend auf ihrem Krankenhausbett. Nach acht Wochen scheint sie sich erholt zu haben und wird aus der Klinik entlassen. Um den Trennungsschmerz zu vergessen, stürzt sich die Lehrerin in die Arbeit für die Partei, studiert mit den Kindern sozialistische Lieder ein und hilft Mitbürgern bei der Formulierung von Eingaben.

Im Oktober 1989 zieht sie ihr bestes Kleid an und fährt mit dem Taxi zum „Palast der Republik“, um an einer Veranstaltung im Rahmen der 40-Jahr-Feier der DDR teilzunehmen. Da kommen von allen Seiten Polizeifahrzeuge und blockieren die Straße. Der Taxifahrer rät Christiane, zu Fuß weiterzugehen. Die Polizisten knüppeln einen Schweigemarsch für die Freiheit nieder. Plötzlich sieht Christiane, wie ihr Sohn von zwei Polizisten festgenommen wird. Sie sackt in sich zusammen. Alex will zu ihr, schreit: „Da ist meine Mutter!“, aber die Polizisten prügeln auf ihn ein, und der Lkw fährt los. Niemand kümmert sich um die bewusstlos am Boden liegende Frau.

Freigelassen eilt Alex ins Krankenhaus und erfährt, dass seine Mutter einen Herzinfarkt erlitten hat. Seine Schwester Ariane wartet schon auf ihn. Christiane Kerner liegt im Koma. Der Arzt fürchtet, dass sie wahrscheinlich stirbt oder zumindest nicht mehr aus dem Koma erwacht. Während Ariane sich mit dem scheinbar Unausweichlichen abfindet, glaubt Alex fest daran, dass seine Mutter wieder gesund wird. Jeden Tag sitzt er an ihrem Bett, redet zu ihr, und wenn er geht, lässt er einen Kassettenrecorder mit einem besprochenen Band zurück, damit sie seine Stimme auch dann hört, wenn er nicht da ist.

Seine Besuchszeiten richtet er nach den Dienstzeiten der jungen russischen Krankenschwester Lara, die ihm während des Schweigemarsches half, als er sich an einem Apfelstück verschluckt hatte.

Am 9. November 1989 fällt die Berliner Mauer. Christiane Kerner liegt weiterhin im Koma.

Nach acht Monaten wagt Alex, Lara im Krankenzimmer zu küssen. Da fällt hinter ihnen eine Tasse zu Boden: Christiane Kerner hat sich bewegt. Sie erwacht und blickt sich fragend um. Alex lügt, sie sei Einkaufen gewesen und in der Warteschlange umgekippt. Kurze Zeit später möchte seine Mutter nach Hause. Der Arzt ist bereit, sie auf ihre eigene Verantwortung aus dem Krankenhaus zu entlassen, schärft aber den Kindern ein, dass die geringste Aufregung für ihre Mutter tödlich sein könnte. Also beschließt Alex, dass sie nichts von der Wiedervereinigung erfahren darf. Er richtet das inzwischen von seiner Schwester, ihrem Freund und ihrem Baby bewohnte Schlafzimmer der Mutter wieder so her, wie es vor der Wende ausgesehen hatte. Er zieht die abgelegten DDR-Klamotten wieder an und überredet seine sich sträubende Schwester, es auch zu tun. Die Täuschung gelingt ihm so gut, dass die Mutter sich wundert, als sie von den Sanitätern in ihr Bett gelegt wird: „Hier hat sich ja überhaupt nichts verändert.“ – „Was soll sich schon verändert haben“, entgegnet Alex.

Als er zum Einkaufen geht, bittet Christiane ihn, ihr Spreewaldgurken mitzubringen. Doch die Regale sind leer. Versorgungsengpässe ist Christiane gewöhnt. Einige Tage später wird die D-Mark eingeführt. Jetzt sind die Regale voll, aber DDR-Produkte sucht Alex vergeblich. Deshalb sucht er in Mülltonnen nach alten Gläsern und Verpackungen, säubert sie und füllt holländische Gurken, westlichen Markenhonig und Jakobskaffee um. Die Antenne des Radiorecorders bricht er ab. Aber nach ein paar Tagen fragt seine Mutter nach einem Fernsehapparat. Alex arbeitet in einer Firma, die seit der Wende Satellitenschüsseln verkauft. Sein Kollege Dirk beschafft ihm einen Videorecorder und Aufzeichnungen von alten Nachrichtensendungen, die er seiner Mutter immer um Punkt 20 Uhr vorspielt. Zu ihrem Geburtstag engagiert Alex zwei Schuljungen, denen er auf einem Trödelmarkt Halstücher der Jungen Pioniere besorgt. Für 20 DM sollen sie als Ständchen ein Lied auf die sozialistische Heimat singen. Sorgfältig werden die Geburtstagsgäste instruiert, damit niemand sich verplappert. Der Schulrektor überbringt „im Namen der Partei“ einen Geschenkkorb mit Rotkäppchensekt und anderen DDR-Produkten. Während alle um ihr Bett herumstehen, beobachtet Christiane durchs Fenster, wie an einer Hauswand gegenüber eine riesige Coca-Cola-Werbung aufgehängt wird. Was ist das? Die Geburtstagsgäste wiegeln ab: Was hat die Partei damit vor? Alex bittet seinen Kollegen Dirk um Hilfe. Der hat zu Hause ein Misch- und Schneidegerät und träumt davon, einen Film zu drehen. Er fingiert eine Reportage darüber, warum die DDR sich zu einer Kooperation mit dem amerikanischen Unternehmen entschlossen hat. Als Christiane an diesem Abend auf ihrem Fernsehschirm den Beitrag sieht, wundert sie sich allerdings über die Behauptung, das Coca-Cola-Rezept sei in einem Volkseigenen Betrieb entwickelt worden. Gibt es das Getränk nicht schon länger als die DDR?

Eines Tages, als Alex gerade vor Erschöpfung im Sessel neben dem Krankenbett eingeschlafen ist, sieht Christiane, wie ihr Enkelkind zu laufen anfängt. Da steht sie vorsichtig auf und versucht, auch ein paar Schritte zu gehen. Obwohl sie nur ein Nachthemd trägt, schlüpft sie in einen Mantel und fährt mit dem Aufzug hinunter. Gerade ziehen junge Leute mit Lampenschirmen aus rosa Plüsch ein. Auf der Straße fahren Autos mit Nummernschildern der BRD. Ein Hubschrauber mit einem Lenin-Denkmal am Haken fliegt über Christiane hinweg. Sie kennt sich nicht mehr aus. Alex und Ariane kommen angerannt und führen sie wieder zurück in ihr Krankenzimmer. „Bürger der BRD fliehen vor dem kapitalistischen Konkurrenzkampf in die DDR“, behauptet Alex. Der Staatsratsvorsitzende Erich Honecker habe großzügig einigen tausend Bundesbürgern erlaubt, über die Grenze zu kommen. Vergeblich suchen Alex und Ariane nach dem Sparbuch der Mutter, um das Guthaben in D-Mark umzutauschen. Wozu sie das Geld brauchen, fragt Christiane. Alex flunkert, er habe eine Mitteilung erhalten, dass der Trabant jetzt lieferbar sei. „Den haben wir doch erst vor drei Jahren bestellt“, meint Christiane verblüfft. Sie hat ihr Geld nicht bei der Bank eingezahlt, sondern in Scheinen unter der Wachstucheinlage eines Schubfachs in einer Kommode versteckt. Das Möbelstück steht längst als Müll auf der Straße! Alex rennt hin und findet tatsächlich die gesamten Ersparnisse seiner Mutter. Doch auf der Bank klärt man ihn und seine Schwester darüber auf, dass die Umtauschfrist vor zwei Tagen ablief. Verzweifelt lässt Alex die wertlosen Banknoten von einem Hausdach flattern.

Bei einem Besuch in der Datscha gesteht Christiane, dass ihr Mann sich nicht ohne ihr Wissen in den Westen absetzte. Sie sollte mit den Kindern nachkommen, aber sie schaffte es nicht. Jahrelang schrieb er ihr Briefe. Sie hätte ihn gern noch einmal gesehen. Sie erleidet einen zweiten Herzinfarkt und wird erneut ins Krankenhaus eingeliefert. Diesmal bleibt sie zwar bei Bewusstsein, aber der Arzt rechnet mit ihrem baldigen Tod. Auf den versteckten Briefen des Vaters an die Mutter findet Ariane seine Adresse. Alex fährt hin. Sein Vater ist inzwischen wieder verheiratet und hat zwei weitere Kinder. Als Alex ihm erzählt, wie es um Christiane steht, besucht er sie im Krankenhaus und spricht sich lange mit ihr aus. Ein letztes Mal gaukelt Alex seiner Mutter in einer Nachrichtensendung vor, Sigmund Jähn sei der Nachfolger des aus gesundheitlichen Gründen von seinen Ämtern zurückgetreten Erich Honecker. Der neue Staatsratsvorsitzende habe beschlossen, die Berliner Mauer einzureißen, um die unzufriedenen Bundesbürger hereinzulassen.

Ihrem letzten Willen entsprechend, wird Christiane nach ihrem Tod eingeäschert, und im Beisein einer kleinen Trauergemeinde schießt Alex ihre Asche mit einer selbst gebastelten Rakete in den Himmel.

6.3. Wahl des Films

Die Thematik der DDR im Film ist in den letzten Jahrzehnten ein wichtiges und beliebtes Thema in Deutschland, man denke hier zum Beispiel an Leander Haußmanns „Sonnenallee“ (1999) oder an dem neuen Film von Dominik Graf „Der rote Kakadu“, der dieses Jahr auf der Berlinale gezeigt wurde. Good Bye, Lenin!“ (im Folgenden mit GBL abgekürzt) erzählt vom Zusammenbruch der DDR. Der Regisseur Wolfgang Becker will die DDR nicht verständlich machen, indem er erzählt wie alles anfing, wie z.B. im aktuellen Film von Dominik Graf, sondern wie alles endete. Es ist verständlich, dass in Deutschland das Bedürfnis besteht, die deutsch-deutsche Geschichte zu verarbeiten, und so lässt sich erklären, dass derartige Filme hier zu Lande erfolgreich sind. Allerdings ist GBL nach Angaben des Weltvertriebs Bavaria International (zitiert aus Behrmann, 2005: 84) in jedem Land, in das er verkauft wurde, ein Erfolg gewesen. Die einzige Ausnahme stellt Russland dar. In Frankreich war GBL sogar mit Abstand am erfolgreichsten (Behrmann, 2005:84)[xi]. Der Film startete dort im September 2003 mit 89 Kopien und sein Erfolg übertraf alle Erwartungen. In acht Monaten gingen mehr als 1,3 Millionen Zuschauer ins Kino. Dieser Erfolg jenseits des Rheins ist bemerkenswert für einen deutschen Film (Behrmann, 2005: 72). Der Film wurde zuerst nur in einer untertitelten Originalversion in die Kinos gebracht (Behrmann, 2005: 98). Es stellt sich die Frage, woher das Interesse des französischen Publikums für einen Film kommt, der sich mit der deutsch-deutschen Geschichte beschäftigt. Der französische Verleih Océan Distribution verweist auf zwei Zielgruppen: Ein älteres Publikum, das sich mit besonderem Interesse die Filme der Kategorie Art&Essai ansieht, d.h. Personen, die besonders auf OmU-Versionen eingeschworen sind und ein jüngeres Publikum, das es neu zu  gewinnen galt. Der Verleih unternahm besondere Anstrengungen, um letztere Zielgruppe zu erreichen und organisierte unter anderem Schulvorstellungen (Behrmann, 2005:86). Laut Behrmann ist der Erfolg von GBL in Frankreich vielschichtig. So ist die Altersstruktur der Zuschauer in zwei Kategorien unterteilt, die zwischen 20 und 30 und jene über 50 Jahren (Behrmann, 2005: 87). Es handelt sich demzufolge um zwei unterschiedliche Gruppen, deren Motive für den Kinobesuch verschieden sind. Die Einen haben die DDR und den Ostblock kaum noch miterlebt, die Anderen haben ihre Jugend im Schatten des eisernen Vorhangs verbracht. Für einen Teil des Publikums ist sicherlich der politisch-nostalgische Aspekt des Films von Bedeutung, für den anderen schließt er vermutlich eine Bildungslücke in Bezug auf den Alltag in der DDR. Die dokumentarische Genauigkeit des Films ist für Franzosen sicherlich von Bedeutung. Der Erfolg von GBL zeugt davon, dass sie sich heutzutage für die deutsche Geschichte interessieren. Es gibt zunächst das Interesse an der deutschen Wiedervereinigung als politisches Ereignis. In der Studie von Behrmann machten etwa Dreiviertel der Befragten die Aussage, dass der Fall der Berliner Mauer ein wichtiges Element des Films gewesen sei. Etwa die Hälfte sah den Zusammenbruch des Kommunismus als wichtiges Element an (Behrmann, 2005: 90). Hieraus lässt sich eine Erklärung für die Begeisterung des französischen Publikums ableiten: Auch wenn der Film über einen sehr nationalen Sachverhalt erzählt, sehen sie (und man kann es vielleicht auf alle Europäer beziehen) in der Erzählung nicht nur die deutsche, sondern vielmehr die europäische Geschichte. Sicherlich spielt auch die Tatsache eine Rolle, dass Berlin zur Zeit bei den französischen Jugendlichen in Mode ist. Hinzu kommt die Bekanntheit der Filmmusik des seit Jeunets „Le fabuleux destin d’Amélie Poulain“ (2000) sehr berühmten französischen Komponisten Yann Thiersen, die auch eine wichtige Rolle für den Erfolg von GBL gespielt haben könnte.

6.4. Strategien zur Textverkürzung und damit verbundene Probleme

Leider ließ sich kein Kontakt zu Carole Formant, der Untertitlerin des Films, herstellen, weshalb alle Untertitel des Films transkribiert wurden. Die deutschen Dialogteile sind dem Buch Good bye Lenin! Ein Film von Wolfgang Becker entnommen.

Zuallererst ist anzumerken, dass der Titel „Good bye Lenin!“ beibehalten wurde. Zum Einen liegt dies sicherlich daran, dass der Titel kurz ist und man ihn sich gut merken kann. Darüber hinaus verspricht er mehr als ein Film zu sein, der sich mit der Wende von 1989 befasst. Durch die Verbindung der englischen Sprache und des russischen Namens von Lenin symbolisiert er außerdem den kalten Krieg. Der englische Titel besticht durch seine Universalität und legt die Übernahme in der Zielsprache Nahe.

Die folgenden Beispiele aus den Untertiteln der DVD sollen zunächst die im theoretischen Teil dieser Arbeit besprochenen Besonderheiten bei der Übertragung von mündlicher in schriftliche Sprache erläutern. Des Weiteren sollen mögliche Lösungsstrategien für die unterschiedlichen translatorischen Schwierigkeiten beim Untertitelungsprozess aufgezeigt werden, wodurch ein Überblick über die spezifischen Übersetzungsprobleme des Filmes entsteht. Die Auswahl beschränkt sich auf die translatorische Problematik, da formale Abweichungen, wie sie im ersten Teil der vorliegenden Arbeit dargestellt wurden, nicht bestehen.

Interessant im Film GBL ist die Doppelrolle der Hauptfigur Alex. Er ist sowohl Hauptprotagonist des Films, derjenige, der die DDR aus Liebe zu seiner Mutter wieder aufleben lässt, als auch Erzähler. Der Filmregisseur nutzt die Off-Kommentare von Alex, um die Geschichte voranzutreiben, aber auch um sie näher zu erklären oder gar zu konterkarieren. Das dokumentarische Filmmaterial aus den Archiven und die Rückblenden werden durch ihn logisch mit dem Erzählstrang des Filmes verbunden. Alex bedient sich dabei typischer DDR-Begriffe (wie etwa „der Held der Arbeit“) und deutet sie um. Dadurch entsteht ein großer Teil der Ironie des Filmes, die allerdings manchmal nur von Eingeweihten verstanden werden kann. Genau darin liegt die spezielle translatorische Herausforderung an die Übersetzerin, was im Kapitel 6.5. deutlich gemacht werden soll. Alex Off-Kommentare werden in den Untertiteln der Norm entsprechend durchgehend Kursiv gesetzt. Gleiches gilt für die Transkribierung, die dieser Arbeit als Anhang beigefügt ist.

Die Einordnung der ausgewählten Beispiele entspricht den Kategorien des theoretischen Teils, wobei die Einordnung und die Wahl der übersetzerischen Strategie nicht immer eindeutig ist. So können z.B. sprachliche und kulturell bedingte Probleme gleichzeitig auftreten, weshalb manchmal eine klare Trennung schwierig ist. Zum Verständnis werden die Beispiele immer in ganzen Sätzen und im Kontext wiedergegeben und die dem Dialog zu Grunde liegende Szene beschrieben.

»    Beispiel für die Neutralisierung eines umgangssprachlichen Ausdruckes

Szene: Alex liegt im Bett, während die Militärparade zur Feier des 40. Jubiläums des Bestehens der DDR vorbei marschiert und die Bücherregale im Zimmer zum Vibrieren bringt. Ariane kommt mit ihrem Baby Paula im Arm in das Zimmer.

Passage aus dem Ausgangstext:

Ariane: Du Alex, da ist ein Mädel draußen.

Soll ich die wieder wegschicken?

Passage aus dem Zieltext:

Ariane: Il y a une fille qui te demande,

je la renvoie?

Zunächst fällt auf, dass die Anrede „Du Alex“ in der Übersetzung verschwunden ist. Der Zuschauer sieht, dass Ariane mit ihrem Bruder spricht und der Name „Alex“ ist verständlich, da er auch im Französischen geläufig ist. Eine Übersetzung ist also überflüssig. Redundanz sollte in Untertiteln immer vermieden werden.

Ariane, die im Film eigentlich durchgehend eine Form des Berliner Dialekts spricht, verwendet hier den umgangsprachlichen Ausdruck „Mädel“, dessen Gebrauch nicht unbedingt auf eine Region in Deutschland beschränkt ist. Man könnte also auch auf Französisch einen umgangsprachlichen Ausdruck wie „nana“ oder „meuf“ erwarten. Die Übersetzerin hat jedoch eine Entsprechung aus der Standardsprache bevorzugt: „fille“. Im Allgemeinen werden in GBL die verschiedenen Sprachniveaus der Protagonisten neutralisiert und durch eine konventionalisierte Sprache ersetzt, was der im theoretischen Teil (siehe Kap. 3.2.) dargestellten Regel entspricht. Der Übersetzer setzt die Sprache auf ein Standardniveau, da die schriftliche Sprache anderen Konventionen unterliegt als die mündliche.

»    Beispiel für die Neutralisierung eines obszönen Ausdruckes

Szene: Nachdem die Mutter Christiane durch das Gespräch mit den Stasi-Mitarbeitern einen Zusammenbruch erlitt, fasst die Off-Stimme von Alex die Situation der Familie zusammen: Sein Vater ist am selben Tag, an dem der erste deutsche Kosmonaut Sigmund Jähn ins All flog, in den Westen geflohen.

Passage aus dem Ausgangstext:

Während Sigmund Jähn in

den Tiefen des Kosmos tapfer

die Sache der DDR vertrat,

ließ sich mein Erzeuger

im kapitalistischen Ausland

von einer Klassenfeindin

das Hirn wegvögeln.

Passage aus dem Zieltext:

Alors que Jähn

représentait vaillamment

la R.D.A. dans le cosmos,

mon créateur se laissait divertir

par une ennemie des classes

au pays du capitalisme.

Die Übersetzerin hat entschieden, bei der Übersetzung des ordinären Ausdruckes „Hirn wegvögeln“ das Sprachregister zu wechseln. Sie neutralisiert die obszöne Ausdrucksweise und übersetzt sie mit „se laissait divertir“. Das entspricht der beim Übersetzen von Untertiteln gängigen Strategie (siehe Kapitel 3.6. der vorliegenden Arbeit). Flüche und obszöne Ausdrücke haben niedergeschrieben viel mehr Kraft als ausgesprochen. Deshalb ist es ratsam, sie beim Untertiteln zu neutralisieren. Dennoch taucht der Begriff „merde“ mehrmals im Film auf, wie das folgende Beispiel zeigt.

»    Beispiel für die Übernahme eines obszönen Ausdruckes

Szene: Kurz vor der Geburtstagsfeier der Mutter will Alex Dr. Klapprath abholen. Allerdings ist dieser total betrunken.

Passage aus dem Ausgangstext:

(Alex): Ach du Scheiße.

(Dr. Klapprath): Scheiße, ne? Scheiße. Scheiße, Mensch,

verdammte Scheiße!

Passage aus dem Zieltext:

(Alex): Merde!

(Dr. Klapprath): Merde, hein? Merde et merde!

Die Übernahme des obszönen Ausdrucks erklärt sich durch die in beiden Sprachen abgeschwächte Wirkung von „Scheiße“ bzw. „merde, die mittlerweile niemanden mehr schockiert. Eine Neutralisierung ist in diesem Fall also nicht nötig. Die Wiederholung ändert daran nichts und  betont nur, dass sich die Dialogpartner in einer verzweifelten Lage befinden.

»    Beispiel für die Neutralisierung eines dialektalen Ausdruckes

Szene: Die Mutter erwacht nach acht Monaten Koma und Alex beschließt, sie mit nach Hause zu nehmen. Aber zuerst muss er noch seine Schwester von der Richtigkeit seines Vorhabens überzeugen.

Passage aus dem Ausgangstext:

Was willst du ihr sagen?

Dass du dein Studium geschmissen hast,

weil du Hamburger verkoofst?

Passage aus dem Zieltext:

Tu vas lui dire quoi, Ariane?

Que tu as arrêter la fac

pour vendre des hamburgers?

In der DDR war das Sprechen im Dialekt nicht so verpönt wie in der BRD und sogar in der Schule erlaubt. Die Verwendung des (Ost-) Berliner Dialekts in GBL verleiht dem Film Authentizität und verankert ihn in einem historischen Kontext. In den französischen Untertiteln findet diese Sprachbesonderheit allerdings keine Entsprechung. Der Berliner Begriff „verkoofst“ ist im Beispiel standardisiert und durch „vendre“ übersetzt worden, da kein französischer Dialekt mit ähnlicher Funktion existiert. Außerdem entspricht die Verwendung von Mündlichkeit in Untertiteln nicht den Normen der Schriftsprache und die Übersetzung könnte vom Zuschauer als schlecht oder unverständlich empfunden werden.

»    Beispiel für die Neutralisierung eines fremdsprachlichen Merkmals

Szene: Alex trifft Krankenschwester Lara am Krankenbett der Mutter zum ersten Mal wieder, nachdem sie sich bei der Demo kenngelernt haben. Lara hat sich Sorgen um ihn gemacht und teilt es ihm in einem grammatikalisch unkorrekten Deutsch mit.

Passage aus dem Ausgangstext:

Ich hab Sorgen um Dich gemacht.

Passage aus dem Zieltext:

Je me suis fait du souci pour toi.

Das Deutsch von Lara ist im Film von ihrem (russischen) Akzent und auch von ihrer teilweise fehlerhaften Satzstellung geprägt. In den französischen Untertiteln ist ihre Sprache neutralisiert. Der russische Charme ihrer Redeweise ist für das französische Publikum nicht mehr existent. Laras französische Synchronstimme auf der DVD hat ebenfalls einen leichten Akzent, der sich jedoch nicht zuordnen lässt. In der Untertitelung werden Fehler, z.B. syntaktischer Art, neutralisiert, da die Normierung der Schriftsprache dies verlangt. Dem französischen Zuschauer entgeht die russische Herkunft trotzdem nicht, da im Film explizit darauf hingewiesen wird, dass Lara aus der Sowjetunion kommt. Das ist wichtig, denn die Beziehung zwischen Alex und Lara kann als Symbol für das besondere historische Verhältnis der sozialistischen „Brüderländer“ Deutschland (DDR) und Russland (UDSSR) verstanden werden.


»    Beispiel für die Neutralisierung eines mündlichen Ausrufes

Szene: Alex und ihre Schwester fahren mit der Mutter zu ihrer Datsche. Die Mutter hat verbundene Augen, damit sie die veränderte Landschaft nicht sehen kann. Sie selbst glaubt, dass es wegen einer Überraschung sei. Als sie die Datsche sieht, sagt sie:

Passage aus dem Ausgangstext:

Oh mein Gott, der Garten.

Passage aus dem Zieltext:

Notre jardin!

Die mündlichen Merkmale sind in der Untertitelfassung von GBL oft nicht wiedergegeben. Ausrufe, die Spontaneität oder Überraschung ausdrücken, Füllwörter, das Zögern, um nach einem passenden Begriff zu suchen, die Charakteristika der Mündlichkeit werden in der schriftlichen Übertragung ausgelassen. Also taucht auch der Ausruf „Oh mein Gott“ in den französischen Untertiteln nicht auf. Wie in den vorangehenden Beispielen entscheidet sich die Übersetzerin hier für eine den Regeln der Schriftlichkeit unterworfene Übertragung und neutralisiert die Aussage, obwohl es keine formalen Gründe (Platz- und Zeitproblem) gibt.

»    Beispiele für die Auslassung einer Wiederholung

An mehreren Stellen werden in den Untertiteln des Films Wiederholungen weggelassen. Die beiden Beispiele sollen zeigen, dass dies aus unterschiedlichen Gründen und mehr oder weniger konsequent geschieht. Voraussetzung ist in beiden Fällen, dass die Auslassung den Informationsgehalt der Aussagen nicht verändert.

1. Beispiel:

Szene: Eine große Menschenmasse zieht durch die Strassen. Die Mutter ist auf dem Weg zum Festakt im Palast der Republik im Taxi unterwegs, wird von der Polizei angehalten und muss aussteigen. Sie wird Zeugin der Verhaftung von Alex und fällt in Ohnmacht. Alex versucht sich von den Polizisten zu befreien, um seiner Mutter zu helfen:


Passage aus dem Ausgangstext:

(Alex): Meine Mutter liegt da vorne!

Da vorne liegt meine Mutter!

Jetzt lass mich raus, du Arschloch.

Da vorne liegt meine Mutter...

Passage aus dem Zieltext:

(Alex): Ma mère est tombée!

C’est ma mère!

Laisse-moi sortir, connard!

Ma mère

Die im Deutschen dreifach wiederholte Aussage „Meine Mutter liegt da vorne!“ wird im Französischen nur einmal vollständig wiedergegeben. Die zwei weiteren Male werden lediglich durch „ma mère!“ übersetzt. Im Bild kann der Zuschauer erkennen, dass die Mutter gefallen ist und auf dem Asphalt liegt, daher ist die Information der Aussage visuell kompensiert. Darüber hinaus hat die Übersetzerin den Sachverhalt bereits einmal erwähnt, weitere Wiederholungen sind daher unnötig. Neue Information werden nicht vermittelt, weshalb die Wiederholung der Aussage nicht erforderlich ist. Allerdings wird sie auf zwei Wörter gekürzt wiedergegeben („ma mère!“), um auf Alex Empörung und Hilflosigkeit aufmerksam zu machen.

2. Beispiel:

Szene: Ariane und Alex schauen im Fernsehen Bilder von der Vorbereitung zum Start der sowjetischen Raumkapsel Sojus 31. Ein Fernsehreporter kommentiert das Geschehen:

Passage aus dem Ausgangstext:

Langsam, behutsam, geradezu sanft

wird der riesige Koloss auf den Startplatz gestellt.

Passage aus dem Zieltext:

C’est avec beaucoup de lenteur et de précaution

que l’immense colosse est hissé sur la piste de décollage.

In dem Ausgangsdialog werden drei Adjektive verwendet „langsam, behutsam, geradezu sanft“, um die Szene zu beschreiben. In den französischen Untertiteln werden nur noch zwei Adjektive genutzt: „lenteur et [...] précaution“. Dennoch ist die Information perfekt übertragen worden, da das Adverb „beaucoup“ die Aussage bekräftigt, sodass die Wiederholung durch ein weiteres Adjektiv überflüssig geworden ist.

»    Beispiel für die Auslassung eines Namens (1) und für eine Bedeutungsverschiebung (2)

Szene: An dieser Stelle gibt es im Film einen Zeitsprung. Zehn Jahre sind vergangen und die DDR feiert ihren 40. Geburtstag. Im Bild sieht man den erwachsen gewordenen Alex, der auf einer Bank meditiert.

Passage aus dem Ausgangstext:

Ich hatte arbeitsfrei (2) bei der PGH Fernsehreparatur Adolf Hennecke“ (1)

und fühlte mich auf dem Höhepunkt

meiner männlichen Ausstrahlungskraft.

Passage aus dem Zieltext:

Je travaillais (2) dans un collectif (1)

de réparation des télés et me sentais au sommet

de ma virilité.

Der Name des Unternehmens „Adolf Hennecke“ (1), in dem Alex arbeitet, wurde nicht übersetzt, weil er für das Verständnis des Zuschauers nicht wichtig ist und er im Film nur einmal erscheint. Die ersatzlose Streichung dieses Begriffes ist also vertretbar.

Bei der Übersetzung des Begriffes „arbeitsfrei“ (2) tritt eine Bedeutungsverschiebung auf. Da die Information für das Verständnis des Filmes nicht relevant ist, hat sich die Übersetzerin für eine kürzere Formulierung entschieden, die lediglich den Sinn der Aussage wiedergibt. Eine wörtliche Übersetzung von „arbeitsfrei“, wie „un jour chômé“ oder „un jour de congé“, hätte viel Raum eingenommen, ohne relevante Informationen zu liefern. Die Verwendung eines Verbs („je travaillais“) an Stelle einer Adjektivkonstruktion verändert zwar den Ausgangstext auch semantisch, der Satz enthält aber dennoch alle notwendigen Informationen.

»      Beispiele für die Auslassung einer sekundären Information

1. Beispiel:

Szene: Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis fährt Alex ins Krankenhaus. Der Arzt teilt ihm und Ariane mit, dass die Mutter im Koma liegt. Alex zieht sich auf den Krankenhausbalkon zurück und man hört seine Gedanken in Form des Off-Kommentars:


Passage aus dem Ausgangstext:

In Ihrem tiefen, nicht enden wollenden Schlaf

kreiste sie wie ein Satellit um das menschliche Treiben

auf unserem kleinen Planeten und in unserer noch kleineren Republik.

Passage aus dem Zieltext:

Mais maman dormait profondément.

dans ce profond sommeil sans fin,

elle planait tel un satellite

au-dessus de notre planète

et de notre minuscule République.

Die Übersetzung lässt das Satzelement „um das menschliche Treiben“ weg. Alex ist in dieser Schlüsselszene des Films in Gedanken vertieft und überdenkt den Zustand seiner Mutter. Wichtig ist, dass bahnbrechende Veränderungen (die Wende) geschehen, von denen die Mutter nichts mitbekommt. Die Metapher „kreiste wie ein Satellit um das menschliche Treiben“ verliert durch die verkürzte Übernahme in der französischen Übersetzung nicht an Wirkung. Die Ergänzung „um das menschliche Treiben“ enthält nur sekundäre Informationen und kann aus Synchronitätsgründen weggelassen werden. Für den Zuschauer ist es unerheblich zu erfahren, dass das Leben, um Frau Kerner weitergeht, da er es sich auch denken kann.

2. Beispiel:

Szene: Alex kommentiert alle Veränderungen, die in der Familie stattfinden, während die Mutter im Koma ist. Ariane hat einen neuen Freund, Rainer, und arbeitet nun bei „Burger King“:

Passage aus dem Ausgangstext:

Der Schlaf ersparte ihr den Einzug

von Arianes neuem Lover, Rainer,

Klassenfeind und Grilletten-Chef.

Passage aus dem Zieltext:

Son sommeil lui épargna

l’emménagement de Rainer,

ennemi des classes

et roi de la boulette.

Die Übersetzung verzichtet, auf Rainers Status innerhalb der Familie hinzuweisen. Die Information „Arianes neue[r] Lovererübrigt sich, da dies dem Verlauf der Geschichte zu entnehmen ist. Zumal Ariane und Rainer zeitgleich mit der Einblendung des Kommentars im Bild gezeigt werden. Das Bild kompensiert die fehlende Information. Der inhaltliche Schwerpunkt der ironischen Aussage von Alex liegt in der Betonung, dass Ariane lieber bei „Burger King“ arbeitet, anstatt ihr Studium zu beenden. Sprachlich transportiert wird Alex’ Ironie über die Kombination aus der sozialistischen Kampfparole „Klassenfeind“ und dem Titel des Grilletten-Chef“ bei Burger King, einer für die Kultur des Westens symbolischen Marke. Die Auslassung der sekundären Information „von Arianes neuem Lover“ lässt Raum, um diese Ironie in der Übersetzung zu erhalten. Die Formulierung „ennemi des classes et roi de la boulette“ trifft den Gehalt der deutschen Aussage, wobei die beiden zusammengesetzten Substantive im Französischen Nominalgruppen mit präpositionaler Ergänzung verlangen, die deutlich länger sind.

3. Beispiel:

Szene: Alex sitzt im abgedunkelten Zimmer am Bett der Mutter im Krankenhaus. Durch den Türspalt sieht er im Zeitraffer viele Krankenschwesterbeine. Die Off-Stimme kommentiert sein Wiedersehen mit Krankenschwester Lara:

Passage aus dem Ausgangstext:

In ihre schwarzen Träume drang auch nicht

der erste Arbeitstag von Lernschwester Lara,

Austauschengel aus der Sowjetunion.

Passage aus dem Zieltext:

Elle n’assista pas non plus aux

débuts de l’élève infirmière Lara,

un ange venu tout droit d’U.R.S.S.

In der französischen Untertitelung fehlt die metaphorische Umschreibung des komatösen Zustandes („In ihre schwarzen Träume“). Im Bild haben wir jedoch die im Bett liegende Mutter, weshalb der Zuschauer versteht, dass sie das Bewusstsein nicht wiedererlangt hat. Die Auslassung hat also keine inhaltlichen Konsequenzen. Die bildhafte Darstellung des aus der Sowjetunion gekommenen Engels verwendet dasselbe stilistische Mittel, weshalb die Auslassung auch sprachlich vertretbar ist.


»      Beispiele für die Auslassung eines kompletten Satzes

1. Beispiel:

Szene: Die Mutter isst halb aufgerichtet im Bett Abendbrot. Alex sitzt auf dem Bett, während Ariane Wäsche im Schrank sortiert. Alex und Ariane versuchen, eine Bankvollmacht von ihrer Mutter zu bekommen. Ihr fällt ein, dass sie ihr Geld versteckt hat, aber sie weiß nicht mehr wo:

Passage aus dem Ausgangstext:

(Mutter): Ihr verheimlicht mir doch irgendetwas.

Irgendetwas Schlimmes passiert? (1)

Habt ihr Schulden?

[…]

(Mutter): Ihr denkt doch nicht, dass ich mein Geld

auf der Bank hab. Hm? Ich habe es versteckt.

(Alex): Und wo?

(Ariane): Wo? (2)

(Mutter): Ich hab es vergessen.

Total vergessen. Ist alles weg. (3)

Passage aus dem Zieltext:

(M.): Vous me cachez quelque chose

Vous avez des dettes?

[…]

(M.): Vous ne croyez pas quand même

que je l’ai placé à la banque?

Je l’ai caché.

(A.): Et où?

(M.): J’ai oublié.

J’ai complètement oublié.

Die französische Übersetzung verzichtet auf die Aussage „Irgendetwas Schlimmes passiert?“ (1), weil sie im Grunde nur wiederholt, was im Satz zuvor („Ihr verheimlicht mir doch irgendetwas.“) ausgedrückt wurde, nämlich der Verdacht der Mutter, dass ihre Kinder ihr etwas verschweigen. Daher ist die Auslassung der Wiederholung berechtigt, obwohl ihre Beharrlichkeit eine witzige Wirkung hat, die auf Französisch verloren geht. Dennoch versteht der Zuschauer die Situationskomik, weil er weiß, dass die Kinder ihr tatsächlich etwas verheimlichen. Die Wiederholung der Frage verstärkt zwar den Witz, dennoch wird dem Zuschauer dadurch keine zusätzliche Information vermittelt.

Im selben Dialog wiederholt Ariane die gerade übersetzte Aussage von Alex („Wo?“) (2). Hier ist das Sprechtempo des Dialogs relativ schnell und lässt nicht genug Raum für die Wiederholung der Aussage des Dialogpartners („Und wo?“). Ein aufmerksamer Zuschauer kann zudem hören, dass Ariane die vorhergehende Frage lediglich wiederholt. Eine Übersetzung derselben wäre also redundant.

Auch die dritte Auslassung ist für das Verständnis nicht essentiell, da es sich auch hier um die Wiederholung einer Information handelt. Die Mutter macht in den zwei vorhergehenden Sätzen bereits eine Aussage, die durch die einmalige Wiederholung verstärkt wird und somit ihre Verzweiflung über ihre Amnesie ausdrückt („Ich habe es vergessen. Total vergessen.“). Der Zuschauer weiß, dass „alles weg“ (3) ist, er spürt ihre Verzweiflung, die französische Übersetzung „j’ai complètement oublié“ reicht daher aus.

»    Beispiel für eine Paraphrasierung

Szene: Im Fernsehen läuft die DDR-Nachrichtensendung „Aktuelle Kamera“: Alex und Ariane schauen gespannt zu, denn die Mutter wird für ihre Dienste ausgezeichnet. Man hört den Fernsehkommentar.

Passage aus dem Ausgangstext:

1. Und nun unser Bericht (1) von

der feierlichen (2)Auszeichnung im Amtssitz des Staatsrates (3).

Passage aus dem Zieltext:

1. Et maintenant, les décorations

décernés par le conseil d’état.

In diesem Beispiel hat die Übersetzerin zwei Dialogsätze paraphrasiert und dadurch gerafft. „Und nun unser Bericht“ (1) wird im Untertitel zu „[e]t maintenant“. Auf dem Bild ist ein Nachrichtensprecher zu sehen. Der Zuschauer ist mit dieser Textgattung vertraut und kennt daher mögliche Einleitungsfloskeln für einen Beitrag. Eine ausführliche Erläuterung hätte keine Zusatzinformation geliefert, deshalb kann der Satz adverbial wiedergegeben werden.

Etwas weiter verschwindet mit der Paraphrase in den französischen Untertiteln das Adjektiv „feierlich“ (2) und die Adverbialbestimmung „im Amtssitz“ (3). Die Information der verschwundenen Satzteile kann allerdings visuell kompensiert werden. Man sieht die Mutter und andere Personen bei den Feierlichkeiten und bekommt damit einen klaren Eindruck der Situation. Diese Szene verdeutlicht ihr politisches Engagement und liefert dem Betrachter wichtige Informationen für den weiteren Verlauf der Geschichte. Ort und Art der Veranstaltung sind uninteressant für die Geschichte. Die Paraphrasierung der genannten Textpassagen verhindert das Verständnis des Filmes nicht.

»    Beispiele für eine vereinfachte Syntax

1. Beispiel:

Szene: Man hört die Off-Stimme von Alex, der seine Familiensituation schildert, während im Fernsehen der Countdown zum Start der russischen Raumkapsel „Sojus 31“ übertragen wird. Im Hintergrund ist die Mutter zu hören, die von zwei Stasibeamten befragt wird.

Passage aus dem Ausgangstext:

Mit unserer Familie aber ging es an diesem Tag so richtig

den Bach runter.

Passage aus dem Zieltext:

C’est aussi ce jour-là

que notre famille se désagrégea.

In diesem Beispiel wurde die idiomatische Redewendung „den Bach runter [gehen]“ vereinfacht, in dem sie durch das Verb „se désagrégea“ ersetzt wurde. Die Bedeutung ist in beiden Versionen dieselbe, da auch das Verb den idiomatischen Verweis auf den Zerfall ausdrückt. Idiomatische Wendungen im Französischen, wie „tout allait mal“ oder „tout allait de mal en pis“, wären wegen ihrer Länge nicht von Vorteil gewesen. Die Information, dass der Vater nicht zurückkommen wird und die Familie zerstört ist, lässt sich auch aus der vereinfachten Aussage ziehen. Die Übersetzung des idiomatischen Ausdrucks ist gelungen. Der französische Untertitel wirkt natürlich und idiomatisch zugleich und wahrt die Synchronität des Films.

2. Beispiel:

Szene: Die Mutter hat während der Geburtstagsfeier eine Coca-Cola Werbung an der Wand des Nachbarhauses gesehen. Deshalb drehen Alex und sein Kollege Denis vor der Firmenniederlassung eine fingierte Nachrichtensendung, in der sie erklären, dass Coca-Cola eine Erfindung der DDR sei.

Passage aus dem Ausgangstext:

(Denis): Können Sie nicht aufpassen?

Sie sehen doch, dass wir hier drehen.

Passage aus dem Zieltext:

(Denis): Attention, on filme!

Die beiden deutschen Sätzen sind im Französischen zu einem Satz verschmolzen. Der Dialog ist extrem gekürzt. Denis’ Aussage richtet sich eigentlich direkt an den Wachmann von Coca-Cola („Können Sie nicht“, „Sehen Sie nicht“), was in den Untertiteln völlig wegfällt. Sähe der Zuschauer nicht, dass Denis mit dem Wachmann spricht, könnte er annehmen, dass ein Befehl zum Drehbeginn erfolge. Die Zusatzinformation des Bildes bewirkt, dass die Aussage unverändert bleibt. Der Zuschauer versteht, obwohl die Vereinfachung hier sehr radikal kürzt.

»    Beispiel für syntaktische (1) und lexikalische (2) Vereinfachung

Szene: Alex und zwei Arbeitskollegen sitzen am Arbeitsplatz. Auf mehreren Fernsehgeräten sind Bilder der Ereignisse vom Oktober 1989 zu sehen. Die Off-Stimme von Alex beschreibt die Ereignisse.

Passage aus dem Ausgangstext:

Ihr Schlaf verdunkelte den Abgang (1)

des werten Genossen Erich Honecker,

Generalsekretär des ZK der SED (2)

und Vorsitzender des Staatsrates

der Deutschen Demokratischen Republik.

Passage aus dem Zieltext:

Elle manqua aussi le départ (1)

de ce cher camarade Erich Honecker,

secrétaire général du parti (2)

et chef du conseil d’état de la R.D.A.

Die metaphorische Umschreibung des Zustandes der Mutter („[i]hr Schlaf verdunkelte“) (1) wird in den Untertiteln stark vereinfacht. Hierfür streicht die Übersetzerin das Subjekt „Schlaf“ des Ausgangstextes und ersetzt es durch das Personalpronomen „[e]lle“. Die syntaktische Vereinfachung des Satzes bringt einen Perspektivwechsel mit sich, was weitere Veränderungen der Aussage erforderlich macht. In der Folge verschwindet das bildhafte Verb „verdunkel[n]“ und wird durch das Verb „manqu[er]“ ersetzt. Mit der Metapher entfällt aber nicht nur der Hinweis auf die gesundheitliche Situation der Mutter. Die Ironie der Aussage, die sich über den gesamten Film hinweg besonders in den Off-Kommentaren zeigt, wird in der vereinfachten Aussage der Untertitel abgeschwächt. Im Ausgangstext zeigt sich noch eine Verdrehung der Perspektive, die im Zieltext fehlt: eine private Tragödie wird mit dem historischen (Freuden-) Moment in Beziehung gebracht und dadurch ironisch gebrochen. Der Moment der für viele Deutsche als Beginn eines unerwarteten Happy Ends gilt, wird über die Einleitungsmetapher in einen völlig neuen Kontext gebracht. Dass das Weglassen ohne weitreichende Folgen für den Informationstransfer im Film bleibt, liegt in erster Linie daran, dass der ganze Film von dieser Haltung geprägt ist und sich folglich genug Beispiele finden lassen, wo ähnliche ironische Brüche zu finden sind. Aus dieser Sicht handelt es sich bei der Metapher um eine Wiederholung, die vereinfacht werden kann.

Im zweiten Satzsegment des Beispiels (2) wird die genaue Bezeichnung eines politischen Organs der DDR, das „ZK der SED“, vereinfachend übersetzt. Um die nötige Kürze zu erreichen, wird die Abkürzung ZK für Zentralkomitee ausgelassen und der in Frankreich nicht unbedingt geläufige Name der Partei (SED) in „du parti“ verändert. Die wortwörtliche Übersetzung “du comité central du (parti) SED“ wäre natürlich möglich gewesen, allerdings hätte sie zu viel Platz gebraucht, ohne tatsächlich verständlich zu sein. Die Verwendung des Substantivs „parti“ im Singular ist für den französischen Zuschauer einleuchtend. Er weiß, dass es in sozialistischen Staaten kein Mehrparteiensystem gab. Darüber hinaus wird die französische kommunistische Partei exakt so bezeichnet, so dass keine Missverständnisse entstehen können. Die Auslassung der beiden Abkürzungen erlaubt zudem die Verwendung der folgenden Abkürzung „RDA“ für den zu langen Landesnamen „Deutsche Demokratische Republik“. Bei dieser Verschiebung gehen minimale inhaltliche Elemente verloren, u.a. durch das Fehlen einer Entsprechung für die Abkürzung „ZK“, die Untertitel wirken dafür aber natürlich und erleichtern den Informationstransfer.

»    Beispiele für Sinnverschiebung

1. Beispiel:

Szene: Als die Militärparade für das 40. Geburtstag der DDR seinen Aufmarsch beginnt, diktiert die Mutter der Nachbarin gerade eine Eingabe.

Passage aus dem Ausgangstext:

Es kann gar nicht sein,

dass die etwas

kräftigeren Arbeiter- und Bäuerinnen

durch unsere Modekombinate

noch im vierzigsten Jahr

des Bestehens unserer Republik

bestraft werden!

Passage aus dem Zieltext:

Il est absolument inconcevable

que les travailleuses et

les paysannes un peu enrobées

soient victimes de la mode

malgré les 40 ans d’existence

de notre République.

In diesem Beispiel wurde versucht, den Satz zu vereinfachen, leider ist dabei der Sinn verschoben worden. Der Begriff „Modekombinat“ bezieht sich in der Ausgangssprache auf das sozialistische Wirtschaftssystem der Planwirtschaft, indem ein Kombinat die Organisationseinheit für die Produktion, Forschung, Entwicklung und Absatz einer Branche war. In den französischen Untertiteln klingt hingegen ein eher kapitalistisches System an, in dem Arbeiterinnen und Bäuerinnen „fashion victims“ und nicht Opfer eines zentralisierten Wirtschaftssystems mit Fünfjahresplänen sind. Damit geht in der Übersetzung ein wichtiges semantisches Element verloren und für den französischen Rezipienten ist nicht mehr klar, dass die Mutter Kritik an der Planwirtschaft übt. Um diesen nicht unerheblichen Aspekt nicht zu verlieren, wäre folgende Übersetzung denkbar:

Il est absolument inconcevable

que les travailleuses et

les paysannes un peu enrobées

soient victimes des combinats du textile

malgré les 40 ans d’existence

de notre République.

Selbst wenn der Zuschauer nicht mit dem sozialistischen Wirtschaftssystem vertraut ist, klingt im Begriff „combinats du textile“ an, dass die Handlung der Mutter in einem historischen Kontext zu verstehen ist. Zudem gilt dies auch für die deutsche Fassung, die im Gebrauch der Lexik nicht auf die Herkunft und die damit verbundene Sozialisation der Rezipienten (Ost- oder Westdeutschland) Rücksicht nimmt. Problematisch ist die Anzahl von Zeichen, die bei 40 liegt und somit am Limit. Auf den Zusatz „du textile“ zu verzichten, wäre zwar möglich, jedoch nicht ratsam, da das Verständnis dadurch erheblich eingeschränkt wird.


2. Beispiel:

Szene: Die Mutter hatte Alex darum gebeten, Spreewaldgurken für sie zu kaufen. Wegen der Wende sind alle Ostprodukte aus den Supermarktregalen verschwunden. Jetzt will er der Mutter nicht sagen, dass es keine mehr gibt und lügt sie an:

Passage aus dem Ausgangstext:

Spreewaldgurken hatten Lieferschwierigkeiten.

Leider.

Passage aus dem Zieltext:

Ils avaient plus de cornichons

de Spreewald.

Im französischen Satz wird die Aussage sehr verkürzt wiedergegeben. Der Begriff „Lieferschwierigkeit“ wurde ausgelassen, was zu einem Informationsverlust führt, da die Ausrede von Alex ein ironischer Verweis auf eine typische Lebenssituation in der DDR darstellt. Der französische Zuschauer erfährt nicht, weshalb Alex keine Gurken besorgen konnte. Durch die Übersetzung hat eine Sinnverschiebung stattgefunden, der Bezug auf den Warenmangel der DDR ist jedoch trotzdem bewahrt worden.

»    Beispiel einer Liedübersetzung

Szene: Zur Geburtstagsfeier der Mutter kommen zwei ehemalige Schüler, um ein Geburtstagsständchen zu singen.

Passage aus dem Ausgangstext:

Unsere Heimat,

das sind nicht nur die Städte und Dörfer,

unsere Heimat sind auch all die Bäume im Wald

unsere Heimat ist das Gras auf der Wiese,

das Korn auf dem Feld

und die Vögel in der Luft und die Tiere der Erde

und die Fische im Fluss

sind die Heimat und wir lieben die Heimat.

Passage aus dem Zieltext:

Notre patrie,

Ce n’est pas seulement

Nos villes et nos villages

Notre patrie,

C’est aussi les arbres dans la forêt

Notre patrie,

C’est l’herbe dans les prairies,

Les grains dans les champs,

Les oiseaux dans les airs,

Les animaux sur la terre,

Les poissons dans les rivières,

C’est ça notre patrie,

Que nous aimons à la folie…

Die Untertitel des Liedes erscheinen in kursiver Schrift, um sie vom restlichen Dialog abzuheben. Dies entspricht den formalen Regeln, wie sie in Kapitel 2.5.6. beschrieben sind. Das Lied wird in den Untertiteln inhaltlich korrekt wiedergegeben, formal wurde eine Reimstruktur geschaffen, die so im Ausgangstext nicht vorhanden war. Für das deutsche Wort „Wiese“ wählt die Übersetzerin „prairie“ und nicht „pré“, damit mit dem vorhergehenden „patrie“ ein Reim entsteht. Dasselbe gilt für die Übertragung von dt. „Fluss“ in „rivières“ statt „fleuves“, die sich auf „terre“ und „air“ reimt. Das „à la folie“ in der letzten Strophe greift wieder den Reim mit „patrie“ auf. Die Reimstruktur ist nicht durchgängig beibehalten, denn „seulement“, „villages“, „forêt“ und „champs“ passen nicht in das Reimschema.

6.5. Kulturspezifische Elemente

Kulturspezifische Elemente wie z.B. all die, die unter dem Thema „Ostalgie“ [xii] zusammengefasst werden, sind im Film oft vertreten. Das französische Publikum wurde bereits im Sommer 2003 für das deutsche Ostalgie-Phänomen sensibilisiert. Im August sind zahlreiche Artikel zu diesem Thema in den französischen Tageszeitungen erschienen (Behrmann, 2005: 90), wie z.B. der Artikel aus l’Humanité:

„L’ostalgie“ se manifeste […] dans l’engouement pour des produits de l’Est remis à la mode et dont les slogans publicitaires prennent parfois des allures de défi. (Artikel vom 5. September 2003)

Der Filmregisseur Wolgang Becker wehrte sich in der Presse gegen die Behauptung er habe einen Ostalgiefilm gemacht. Seine Intention sei es gewesen, die Lächerlichkeit der DDR-Medien und den Traum der DDR-Bürger von einem demokratischen Kommunismus zu zeigen (Behrmann, 2005: 91).

Für einen Teil des Publikums ist der Faktor Ostalgie jedoch von besonderer Bedeutung, weshalb dieser Aspekt mit Sicherheit für den Erfolg von GBL maßgeblich mitverantwortlich war. Die mit einem Augenzwinkern erzählten kleinen Details über das Leben in der DDR wecken auch bei einem französischen Publikum das Interesse an dem historisch bedeutsamen Ereignis. Ob hierbei alle kulturellen Verweise tatsächlich verstanden werden, spielt keine so wichtige Rolle. Becker spielt ironisch mit Symbolen, historischen Zitaten und macht politische Anspielungen. Darin besteht der größte Teil des Humors im Films. Die Übersetzung dieser kulturspezifischen Elemente stellt eine besondere Herausforderung dar.

»    Beispiel für eine wörtliche Übersetzung (1) und Anpassung (2) eines kulturspezifischen Ausdruckes

Szene: Alex und Denis sitzen im Kleintransporter ihrer Firma. Denis hat Videos von Fernsehsendungen der DDR mitgebracht, die Alex seiner Mutter zeigen will.

Passage aus dem Ausgangstext:

(Denis:) dreißigmal „Aktuelle Kamera“, (1)

zehnmal „Schwarzer Kanal“, (1)

sechsmal „Kessel Buntes“ (2)

und viermal „Ein Tag im Westen“. (1)

Passage aus dem Zieltext:

30 émissions de „Caméra actuelle“, (1)

10 émissions de „Canal noir“, (1)

Pot-pourri“ (2)

et „Quotidien à l’Ouest“. (1)

Zunächst fällt auf, dass die Aufzählung der Sendungen in den Untertiteln als Zahl und nicht als Zahlwort wiedergegeben wurden. Zweistellige Zahlen könnten (nach der im theoretischen Teil der Arbeit beschriebenen Regel) ausgeschrieben werden (siehe Kap. 3.6.). Das hätte allerdings viel mehr Raum eingenommen.

Die Namen der ersten beiden Sendungen (Aktuelle Kamera[xiii] = „Caméra actuelle“; „Schwarzer Kanal [xiv] = „Canal noir“) wurden wörtlich übernommen. Sendungen mit diesen Titeln gibt es in Frankreich nicht. Der französische Zuschauer kann also nur vermuten, um welche Arten von Programm es hier geht. Der Kontext verweist auf die ostdeutsche Herkunft der Sendung, womit eine wichtige Information erhalten bleibt. Die dritte Sendung „Kessel Buntes[xv] wurde hingegen im Französischen durch „Pot-pourri“ wiedergegeben, da die wörtliche Übersetzung „bouilloire multicolore“ beim französischen Zuschauer nur fragende Blicke erzeugen würde. Die Übersetzung benutzt einen bildhaften Ausdruck, wobei der semantische Gehalt von „Pot-pourri“ sich dem des deutschen Begriffes annähert. Wie in den vorangegangenen Beispielen hilft der Kontext beim Verständnis. Der genaue Inhalt der Fernsehsendungen spielt für das Verständnis des Films eine untergeordnete Rolle. Was zählt ist, dass Denis Archivmaterial auftreiben konnte, um „neue“ Nachrichten für die Mutter von Alex zusammen zu schneiden.

»    Beispiele für die Anpassung eines kulturspezifischen Ausdruckes (1) und für die Übernahme eines kulturspezifischen Ausdruckes mit Erklärung (2)

1. Beispiel:

Szene: Auf dem TV-Monitor sieht man eine Übertragung aus dem All. Der Kosmonaut Sigmund Jähn hält das (Ost-)Sandmännchen und sein russischer  Kommandant ein Püppchen namens Mascha in den Händen. Sie schicken Grüße zu den Kindern auf der Erde.

Passage aus dem Ausgangstext:

1. Der Sandmann (1) hat sich den

Bedingungen im Weltraum hervorragend angepasst.

Aber die größte Überraschung für uns war die,

dass er sich mit Mascha (2) sehr gut bekannt gemacht hat.

Passage aus dem Zieltext:

1. Le Petit Marchand de Sable (1) s’est

parfaitement adapté aux conditions.

Mais la plus grande surprise pour nous,

c’est qu’il s’entend très bien

avec Mascha, la mascotte russe. (2)

Der kulturspezifische Begriff „Sandmann“ (1) wurde in der Übersetzung an die französischen Verhältnisse angepasst. In den 60er Jahren gab es in Frankreich die Kindersendung „Bonne nuit les petits“, eine Art „moderne“ Gutenachtgeschichte. Die Hauptfigur darin war „Le Petit Marchand de Sable“, auf den die Übersetzerin zurück greift. Natürlich ist er nicht eins-zu-eins identisch mit dem Ost-Sandmännchen, erfüllt aber dieselbe Funktion. Da der Film parallel ein Bild der Puppe liefert, kann der französische Rezipient den eigenen kulturellen Hintergrund in Bezug zur Zielkultur setzen und den Begriff in seiner ganzen Dimension erfassen.

Die Puppe Mascha hingegen ist in Frankreich völlig unbekannt und kann deshalb nicht unkommentiert übernommen werden. In der Übersetzung wird „Mascha“ übernommen und durch einen Zusatz („la mascotte russe“) erklärt.

2.Beispiel:

Szene: Im Film werden Fernsehberichte zu den letzten Vorbereitungen für die große Parade zum 40. Geburtstag der DDR gezeigt. Die Off-Stimme von Alex kommentiert sie aus seiner Perspektive.

Passage aus dem Ausgangstext:

Die Zeit roch nach Veränderung,

während vor unserem Haus

ein überdimensionierter Schützenverein (1)

seine letzte Vorstellung gab.

Passage aus dem Zieltext:

L’ère était au changement,

devant chez nous,

des guignols en tenue (1)

défilaient pour la dernière fois.

Die französische Übersetzung für „Schützenverein“ ist natürlich nicht „guignol“, sondern entweder „société de tir“ oder „club de tir“. Der Franzose verbindet mit diesen Begriffen aber nicht dasselbe wie der Deutsche mit dem Begriff „Schützenverein“. Schützenvereine sind eine deutsche Tradition und werden in der Regel mit Paraden oder Umzügen in Verbindung gebracht, bei denen der Schützenkönig geehrt wird. Der Begriff wird im Film ironisch verwendet und in Verbindung mit dem Attribut „überdimensioniert“ ins Paradoxe gezogen. Der „Guignol“ ist in Frankreich die Hauptfigur eines Puppentheaters, das französische Pendant zum deutschen „Kasperle“. Mit „guignol“ werden auch Personen bezeichnet, die sich lächerlich machen. Die Verwendung dieses Begriffs erhält also die Ironie und somit eine wichtige Funktion der Aussage, die bei den o.g. wörtlichen Übersetzungen verloren gegangen wäre. Die Ergänzung der Adverbialbestimmung „en tenue“ und des Verbs „défil[er]“ vermittelt, dass von Soldaten in Uniform die Rede ist. Die Überzeichnung im Ausgangstext durch das Adjektiv „überdimensioniert“ muss aus Platzgründen weggelassen werden. Die französische Übersetzung ist dennoch gelungen, sowohl sprachlich (Idiomatik) als auch funktional (Ironie).

»    Beispiel für eine Auslassung eines kulturspezifischen Ausdruckes (1) und für eine wörtliche Übersetzung eines historischen Zitats (2)

Szene: Im Bild wird in Zeitraffer die Weltzeituhr am Alexanderplatz gezeigt. Alex gibt in seinem Off-Kommentar seine Interpretation der Ereignisse.

Passage aus dem Ausgangstext:

Während die Weltuhr am Alexanderplatz

auf Mutters Geburtstag zuraste, (1)

vereinte ein kleiner runder Ball

die gesellschaftliche Entwicklung

der geteilten Nation und

ließ zusammenwachsen,

was zusammengehörte. (2)

Passage aus dem Zieltext:

Alors que l’anniversaire de maman

approchait à grand pas,

un petit ballon rond regroupait

les efforts des nations divisées

et réunissait

ce qui était fait pour être uni.

Der Anfang der Aussage (1) wird im französischen Untertitel stark gekürzt. Die Übersetzerin kann nicht voraussetzen, dass das französische Publikum die „Welt[zeit]uhr am Alexanderplatz“ in Berlin kennt und den Begriff versteht. Die Auslassung wird durch die gleichzeitige Darstellung im Bild legitimiert. Der Zuschauer bekommt den Eindruck der vorbeirasenden Zeit und braucht die Information zur Örtlichkeit nicht. Für ihn ist nur wichtig, dass die Zeit vergeht und Alex nach einer schnellen Lösung sucht, damit seine Mutter wie jedes Jahr Geburtstag feiern kann.

Am Ende der Aussage (2) wird das berühmte Zitat aus der Rede Willy Brandts vor dem Schöneberger Rathaus vom 10.11.1989 bemüht (Wir sind jetzt in der Situation, wo zusammenwächst, was zusammengehört.“), um in ironischer Form von der vereinigenden Wirkung der Fußball WM 1990 zu berichten. Der Bekanntheitsgrad dieser Redewendung ist Voraussetzung für die ironische Wirkung der Aussage. Ohne das Wissen um die historischen Hintergründe bleibt diese Wirkung aus. Das Zitat hat inzwischen den Status eines geflügelten Wortes erlangt, das in unterschiedlichen Kontexten Wiederverwendung findet. Die Übersetzerin übersetzt wortwörtlich mit „réunissait ce qui était fait pour être uni“; der Untertitel erzielt aber beim französischen Publikum nicht unbedingt dieselbe (ironische) Wirkung, wie der Ausgangstext beim deutschsprachigen.

»    Beispiel für eine Übernahme eines ausgangssprachlichen geographischen Ausdruckes mit Erklärung (1) und Auslassung (2)

Szene: Archivbilder werden eingeblendet: Kohl, Brandt und Diepgen „singen“ die deutsche Nationalhymne auf dem Balkon des Schöneberger Rathauses.

Passage aus dem Ausgangstext:

Sie verschlief ein klassisches Konzert (2) vor dem Rathaus Schönberg... (1)

Passage aus dem Zieltext:

Maman manque un concert (2)  devant

la mairie de Berlin-Schöneberg(1)

In der Aussage wird der geographische Name „Schöneberg“ übernommen. Für ein besseres Verständnis wird allerdings „Berlin-“ eingefügt, womit die Übersetzerin signalisiert, dass Schöneberg ein Berliner Stadtteil ist.

Die Auslassung des Adjektivs „klassisches hat keine inhaltlichen Konsequenzen. Unklar ist, warum die Übersetzerin im französischen Satz eine Tempusänderung (Präsens ® Präteritum) vornimmt und „Maman manque un concert“ statt „Maman manquait un concert“ übersetzt; vor allem, wenn im Folgenden erneut die Vergangenheit verwendet wird: „Maman continuait à dormir“.

»    Beispiel für die Übersetzung eines Namens einer historischen Person (1) und für eine wörtliche Übersetzung eines historischen Zitats (2)

Szene: Im Krankenwagen sitzen Lara und Alex neben einander. Vorne bei den Sanitätern läuft das Radio.


Passage aus dem Ausgangstext:

(Radiosprecher:) Sie sollten sich beeilen,

denn wie Michael Gorbatschow (1) schon sagte...

(Alex:) Entschuldigung.

(Radiosprecher und Sanitäter gemeinsam:)

wer zu spät kommt, den bestraft das Leben (2).

Passage aus dem Zieltext:

Dépêchez-vous,

car comme disait Gorbatchev(1)

- Après l’heure…

- C’est plus l’heure(2).

Namen müssen beim Übersetzen immer erst verifiziert werden, wie z.B. „Gorbatschow“ im Französischen „Gorbatchev“ (1) genannt wird. Das Gorbatschow zugeschriebene Zitat „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“ (2), das er angeblich am 7. Oktober 1989 bei seinem Besuch in Ostberlin gesagt haben soll, ist in Frankreich nicht allseits bekannt. Daher hätte eine wörtliche Übertragung keinerlei Wiedererkennungswert. Die Redewendung Après l’heure, c’est plus l’heure“ lässt die ironische Anspielung auf Gorbatschow vermissen, klingt dafür aber natürlich und idiomatisch.

»    Beispiel für die direkte Übernahme eines ausgangssprachlichen Ausdruckes mit oder ohne Erklärung

Szene: Bei der Geburtstagsfeier der Mutter, schenkt ihr Dr. Klapprath im Namen der Partei einen Korb mit kulinarischen Ost-Spezialitäten.

Passage aus dem Ausgangstext:

Rosenthaler Kadarka,

Mocca Fix Gold,

Globus Grüne Erbsen.

Passage aus dem Zieltext:

Du vin rouge bulgare,

du Mocca Fix Gold,

des petits pois Globus.

Da im Film, die Markennamen schon gefallen sind und sie im Bild zu sehen waren, müssen einige der Produkte (z.B. der Kaffee „Mocca Fix Gold“) nicht mehr erklärt werden. Die Begriffe sind nun bekannt und haben für den Zuschauer die Funktion eines Lehnwortes. Die Marke „Globus Grüne Erbsen„ enthält die Definition im Namen und kann daher unkommentiert übertragen werden: „des petits pois Globus“. Der Wein „Rosenthaler Kadarka“ hingegen ist dem französischen Publikum unbekannt und auch nicht aus dem Namen ableitbar. Daher wird in der Übersetzung auf den Markennamen verzichtet und der Begriff durch eine kommentierende Paraphrase ersetzt: „vin rouge bulgare“. In der Summe bleibt die Wirkung der Aussage dieselbe. Der Zuschauer bekommt Produkte vorgestellt, die ein Hinweis auf den Alltag der DDR sind.

»    Beispiele für die Ersetzung eines kulturspezifischen Elementes

1. Beispiel:

Szene: Alex redet mit Rainer, dem besten Freund von Ariane, und erklärt ihm, wie er sich gegenüber der Mutter verhalten soll.

Passage aus dem Ausgangstext:

Du organisierst den Einkauf für’n Mitropa-Restaurant.

Passage aus dem Zieltext:

Tu organises les achats pour

les restaurants des chemins de fer.

Neben der Neutralisierung von Mündlichkeit („für’n“) wird in der französischen Aussage die Marke „Mitropa“ nicht genannt. Ein französisches Publikum weiß nicht, dass es sich hierbei um eine Schlaf- und Speisewagenfirma der DDR handelt. Die Wiedergabe mit einer Paraphrase ist deutlich länger, weshalb der Markenname nicht gesondert genannt wird. Da Mitropa nicht mehrfach im Film Verwendung findet, ist das auch nicht nötig.

2. Beispiel:

Szene: Nachdem die Mutter auf die Strasse gegangen ist und die Veränderungen der Stadt gesehen hat, u. a. dass neue Nachbarn aus Bielefeld in ihrem Haus einziehen, sieht sich Alex gezwungen, eine plausible Erklärung zu finden. Zusammen mit seinem Kollegen Denis nimmt er eine Nachrichtensendung auf, die über die Einreise von Westdeutschen in die DDR berichtet.

Passage aus dem Ausgangstext:

Die einreisewilligen BRD-Bürger wurden zunächst

in den Berliner Bezirken

Mitte und Friedrichshain untergebracht.

Passage aus dem Zieltext:

Les demandeurs d’asile

ouest-allemands ont été relogés

dans le centre de Berlin-Est.

Die Namen der Berliner Bezirke „Mitte“ und „Friedrichshain“ werden in der Aussage durch die erklärende Paraphrase „le centre de Berlin-Est“ ersetzt. Der französische Zuschauer kennt die Stadt Berlin und die beiden Bezirke Mitte und Friedrichshain nicht unbedingt, weshalb eine Erklärung notwendig wäre. Die Nennung der Bezirke plus Erklärung würde zu viel Platz einnehmen, ohne wichtige Information zu gegeben. Eine Paraphrase ist an dieser Stelle also sinnvoll.

»    Beispiel für die wörtliche Übersetzung eines historischen Sachverhaltes (1) und Paraphrasierung eines ausgangssprachlichen Ausdruckes (2)

Szene: Nachdem Alex erfährt, dass Ariane von Rainer schwanger ist, reflektiert er über das „gesamtdeutsche Baby“ und über die Wiedervereinigung. Es werden Archivbilder eingeblendet, die die Außenminister beider deutschen Staaten und der vier Siegermächte zeigen, wie sie in Moskau den Zwei-plus-Vier-Vertrag unterzeichnen. Danach sieht der Zuschauer sie mit Sekt anstoßen.

Passage aus dem Ausgangstext:

In Moskau rechnete man aus,

dass 2 plus 4 eins ergibt (1)

und trank mit Krimsekt (2)

gesamtdeutsche Brüderschaft.

Passage aus dem Zieltext:

A Moscou,

on calculait que 4 2 = 1, (1)

et on levait son verre (2)

à la fraternité allemande.

Die Aussage spielt auf den Zwei-plus-Vier-Vertrag aus dem Jahr 1990 an, der ein wichtiges friedenspolitisches Dokument der Zeitgeschichte darstellt. Der Vertrag heißt auf Französisch „traité 4 2“, wobei diese Anspielung für einen französischen Zuschauer unklar bleibt, wenn er die deutsche Geschichte nicht gut genug kennt. Eine Alternative wäre die kommentierende Übersetzung: „A Moscou, on signait le contrat d’unification“, bei der allerdings die Ironie der Aussage verloren geht. Die Gleichung „4 2 = 1“ geht nicht auf, wodurch die Aussage eine neue Konnotation erhält. Dieser Aspekt fällt weg, wenn man sich für eine kommentierende Übersetzung entscheidet. Für den Film spielt historische Exaktheit keine große Rolle und die Entscheidung der Übersetzerin ist also vertretbar. Die graphische Darstellung mit mathematischen Zeichen verkürzt den Untertitel und entspricht der Praxis (vgl. Kapitel 3.6.). Im zweiten Teil der Aussage greift das Wort „Krimsekt“, ein Schaumwein aus der Ukraine, einen weiteren Aspekt des Kommentars auf. Die Wiedervereinigung wird mit einem typisch russischen Getränk gefeiert und nicht mit Champagner. Die Formulierung „on levait son verre“ behält die Grundaussage des Ausgangstextes, verliert aber eine Deutungsebene, die Distanz zu den Ereignissen aufbaut. Da Krimsekt in Frankreich kaum bekannt ist, wäre alternativ nur eine Übernahme mit Erklärung in Frage gekommen mit daraus resultierenden Platzproblemen.

6.6. Auswertung der Untersuchung

Die Analyse der französischen Untertitel der DVD des deutschen Films GBL zeigt, wie formale Aspekte den Untertitelungsprozess beeinflussen. In GBL wird die Handlung des Films über lange Strecken von den Off-Kommentaren getragen, die in direktem Bezug zu den Bildern stehen. Dies kann sich der Untertitler zu Nutze machen, indem er Redundanzen vermeidet und visuell vermittelte Informationen weglässt, wenn dies formal erforderlich ist. Alex’ Monolog ist linear, das Sprechtempo normal und die Aussagen ohne große Schwierigkeit zu kürzen. Probleme wie die Markierung der Dialogpartner treten nicht auf. Auch sprachlich ähnelt der Kommentar einem schriftlichen Text, was den Medienwechsel mündlich-schriftlich erheblich vereinfacht. Der Kommentar wird über den gesamten Film hinweg durch Kursivschrift markiert, damit er sich von den Dialogen abhebt. Die Dialoge fallen meistens kurz aus, weshalb die Anpassung der Untertitel ohne große Schwierigkeiten zu realisieren ist.

Die Protagonisten verwenden in den Filmdialogen verschiedene Elemente von Mündlichkeit, wie z.B. den besonderen Dialekt der Ostberliner oder den russischen Einklang der Lernschwester Lara. Auch in Wortwahl, Sprachregister und den syntaktischen Strukturen zeigen sich solche Elemente. Die Konvention für die Schriftlichkeit verlangt die Wiedergabe in Standardsprache, weshalb die Übersetzerin in den Untertiteln neutralisiert. Die Übersetzung dieser mündlichen Merkmale würde auf Kosten der Lesbarkeit der Untertitel gehen. Die Untersuchung zeigt, dass die Neutralisierung zumeist ohne Bedeutungsverlust möglich ist. Die Bildern kompensieren den atmosphärischen Verlust, der mit dem Weglassen der besonderen Sprechweise der Protagonisten einher geht. Die Einordnung des Dialekts ist für einen französischen Zuschauer nicht möglich und folglich wäre eine Übertragung nicht wirkungsvoll genug. Wegen des Erzählcharakters enthält der Off-Kommentar weniger Elemente von Mündlichkeit und ist dadurch leichter zu übertragen.

Die ironische Grundhaltung des Films spielt bei der Übersetzung eine besondere Rolle. Transportiert wird die Ironie zumeist über die Kommentare der Hauptfigur Alex. Hier zeigen sich auch die meisten übersetzerischen Schwierigkeiten. Das Verstehen der ironischen Aussagen setzt eine tiefgreifende Kenntnis der Ausgangskultur und –sprache voraus. Die Ironie liegt in GBL oft in der Um- bzw. Neubewertung historischer Begebenheiten und Zitate, die nur schwer in die Zielkultur übertragbar sind. Die historischen Erfahrungen des zielsprachlichen Publikums sind nicht dieselben, weshalb die Anspielungen nicht verstanden werden könnten. Die Wirkung der Anspielungen gehen, wie in der Untersuchung gezeigt, in der Untertitelfassung manchmal verloren. Ein in der Ausgangssprache allgemein verständliches Zitat wie z.B. „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“ lässt sich eben nicht ohne Bedeutungsverlust in die Zielsprache übertragen und verliert den Anspielungshorizont für eine neue (ironische) Kontextualisierung. Die Auslassungen in den Untertiteln sind motiviert und nicht vermeidbar.

Der kulturelle und historische Hintergrund bedingt eine Vielzahl an Realia, die einer Zielkultur wenn überhaupt nur schwer vermittelt werden können. Die Beispiele der Markennamen haben dies besonders deutlich gemacht. Kulturell bedingte Konnotationen des ausgangssprachlichen Textes, wie die in GBL sehr häufig verwendeten politischen und historischen Anspielungen, setzen eine profunde Kenntnis des kulturellen Kontextes voraus. Hierbei tritt der Übersetzer als Kulturmittler auf, der sich beim Übersetzen am Horizont des prototypischen französischen Zuschauers orientieren muss. Je nach Kontext entscheidet der Untertitler, ob kommentiert, ausgelassen, oder übernommen werden sollte. Zitate oder Anspielungen werden vom französischen Rezipienten nicht erfasst, wenn ihm das erforderliche Basiswissen fehlt. Er wird in der Figur des Herrn Ganske wohl kaum „Motzki“ aus der gleichnamigen Fernsehsendung wiedererkennen, da diese nicht in Frankreich gesendet wurde. Dem Übersetzer sind Grenzen gesetzt, da die eingeschränkte Länge der Untertitel wenig Spielraum für erklärende Ergänzungen lässt. Der französische Zuschauer interpretiert die historischen Hintergründe des Films aus einer anderen Sicht, nämlich die der Siegermacht Frankreich. Der Fall der Mauer bedeutet für ihn in erster Linie das Ende des kalten Krieges.  Details der deutsch-deutschen Geschichte sind ihm oft unbekannt. Die Darstellung des DDR-Alltags, auch im Bild, vermittelt eine neue Perspektive, die allerdings näherer Erläuterung bedarf. Der französische Filmvertrieb reagierte darauf, indem er vor dem Filmstart Zusatzinformationen streute. In Zeitungsartikeln, Filmbesprechungen usw. weckte er das Interesse und informierte über Hintergründe. Das dies nicht lückenlos erfolgte, versteht sich von selbst.

7. Schlussbetrachtung

Diese Arbeit hat gezeigt, dass die Filmübersetzung mittels Untertitel Einschränkungen mit sich bringt. Sicherlich beeinträchtigen Untertitel die Wahrnehmung des Bildes, da Informationen zeitgleich auf mehreren Kanälen (visuell und akustisch) erfasst werden müssen. Die Untertitelung wendet sich ausschließlich an Personen, die über eine gute Lesekompetenz verfügen und ihre Akzeptanz ist abhängig vom Bildungsgrad der Zuschauer.

Die Vorteile dieser Art der Sprachübertragung liegen auf der Hand. Die Gleichzeitigkeit der über die verschiedenen Kanäle transportierten Informationen, ermöglicht dem Zuschauer die Überprüfung der Untertitel auf Stimmigkeit. Verfügt er über ausreichende Sprachkenntnisse merkt er sofort, ob der ursprüngliche Sinn der Aussagen erhalten geblieben ist oder nicht.

Ein vermehrter Einsatz der Untertitelung im Fernsehen wäre wünschenswert, weil dadurch die Integration von hörgeschädigten oder fremdsprachigen Rezipienten gefördert würde. Untertitel sind ein Medium, um Lese- und Sprachkompetenz zu erhöhen und könnten daher ein Beitrag in der aktuellen Bildungsdebatte sein. Untersuchungen zeigen, dass die Bevölkerung der Länder in denen die Untertitelung praktiziert und angenommen wird, über eine höhere Fremdsprachkompetenzen besitzt. Andererseits könnten Untertitel ein Hilfsmittel für die Vermittlung der Deutschen Sprache (DaF) sein und so die Integration der Migranten vorantreiben.

Außerdem stellt die Untertitelung eine besondere Herausforderung für den Übersetzer und die Übersetzungswissenschaft dar. Wegen des intersemiotischen Charakters des Untersuchungsgegenstandes sind die theoretischen Ansätze ohne eine präzise Klärung der Terminologie nicht eindeutig genug. Die bisherigen Untersuchungen auf diesem Gebiet wurden oft in Englisch verfasst, während auf Deutsch nur wenige Publikationen existieren und kein einheitliches Beschreibungsinstrumentarium zur Verfügung steht. Im Grunde verlangt der Untersuchungsgegenstand eine interdisziplinäre Betrachtung, die auch die Erkenntnisse aus der Praxis einbezieht. Noch ist die Untertitelung ein relativ kleiner Markt innerhalb der Medienlandschaft und der ökonomische Druck entsprechend hoch. Für den Untertitler bedeutet dies unter erhöhtem Zeitdruck zu stehen, der einer Qualitätssicherung im Wege steht. Der Beitrag der Wissenschaft könnte hier sein, das theoretische Instrumentarium für objektive Übersetzungskritik zu liefern. Der erste Schritt hierfür dürfte gemacht sein, da die bisherigen Publikationen zum Thema Untertitelung ihre Zugehörigkeit zum Forschungsbereich deutlich gemacht haben dürften. Die Untertitelung leistet einen wichtigen Beitrag zum Verständnis multimedialer Texte, deren Bedeutung nicht zuletzt durch das Internet wahrscheinlich noch wachsen wird.


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(Stand vom 03.2006).



[i] Zur Filmgeschichte siehe Monaco (2002: 229-380).

[ii] Der Berufsname des Übersetzers, der Filme untertitelt: „Untertitler“ scheint keine geläufige Benennung zu sein, da sie weder im Wahrig (2000) noch im Duden (1996) zu finden ist. Die Bezeichnung wurde vom Artikel: Ein Untertitel ist keine Übersetzung, von Alan Wildblood, erschienen in: Schnitt, Nr. 21, 2001, entliehen.

[iii] Wahrig, 2000: 1353.

[iv] Vgl. Homepage der Zeitschrift Sequentia, herausgegeben von der Europäischen Audiovisuelle Informationsstelle: http://www.obs.coe.int/oea_publ/sequentia4.pdf.fr.

[v] „Gerät, das einen mit einer Computertastatur geschriebenen Text in ein Videosignal umsetzt. Dabei sind alle gewünschten Schriftarten, -größen und -farben ebenso möglich, wie das Hinzufügen von Grafiken oder Logos.“ (Quelle: http://bet.de/fachwoerterbuch/Schriftgenerator; Stand 03/06).

[vi]Trenn(ungs)- oder Bindestrich. Er teilt Wörter am Zeilenende oder verknüpft zusammengehörende Teilbegriffe. Er ist nicht mit dem längeren Gedankenstrich zu verwechseln.“ (Quelle: http://www.typolexikon.de/d/divis.html; Stand 03/06).

[vii] Vgl. Gercken, 1999: 79-80.

[viii] Gegenstand ihrer Untersuchung sind die Filme Bohater roku von F. Falk und die französische Version Le héros de l’année; Kochankowie mojej mamy von R. Piwowarski und die französische Version Les amants de ma mère; L’ami de mon amie von E. Rohmer und die französische Version Przyjaciel mojej przyjaciółki; Peggy Sue got married von F. Coppola und die französische Version Peggy Sue s’est mariée.

[ix] Die folgenden Übersetzungstheorien sind der Einführung in die Übersetzungswissenschaft von R. Stolze entnommen (Stolze, 1994: 155).

[x] Eine Definition des Begriffes findet sich im Artikel „Synchronisation oder Untertitel – Ein Überblick.“, von Helene Reid: „Der Begriff meint nicht nur einen Transfer auf der rein sprachlichen Ebene, sondern auch den der jeweiligen kulturellen Implikation. Lokalisation bedeutet, darauf zu achten, dass ein Markenname in der anderen Sprache nicht als Schimpfwort missverstanden werden kann. Im Bezug auf Film bedeutet es, dass die Übersetzung das divergierende kulturelle Referenzsystem der Zuschauer unterschiedlicher Kulturgruppen mitdenken muss.“ (Schnitt, Nr. 21, 2001: 17).

[xi] In Spanien erreichte der Film über 500.000 Besucher. In den USA überstieg der Umsatz 4 Mio. Dollar (Behrmann, 2005:84).

[xii] „Ostalgie bezeichnet die Rückbesinnung auf Dinge aus dem Alltagsleben in der ehemaligen DDR. Der Begriff entstammt einem Wortspiel aus Osten und Nostalgie und wird an sich ohne feste positive oder negative Konnotation verwendet.“ (http://de.wikipedia.org/wiki/Ostalgie; Stand 03/06).

[xiii]Die Aktuelle Kamera war die Hauptnachrichtensendung des DDR-Fernsehens. Sie wurde
täglich um 19 Uhr 30 im 1. Programm (DDR 1) ausgestrahlt und dauerte 30 Minuten.

(http://www.ddr-wissen.de/wiki/ddr.pl?Aktuelle_Kamera; Stand 03/06).

[xiv] Die Sendung im Magazinformat „sollte die Verlogenheit der westlichen Politik am Beispiel des westdeutschen Fernsehens entlarven.“ Einzelne Fernsehbeiträge wurden von einem Moderator eingeführt und kommentiert. „Das Konzept der Sendereihe bestand darin, Ausschnitte aus westdeutschen Fernsehsendungen zu zeigen und diese anschließend zu Agitationszwecken im Sinne der DDR-Einheitspartei, SED, auszulegen. Die Art der Kommentierung und die tendenziöse Auswahl der Bildbeiträge waren von Anfang an sehr umstritten, da die Zitate aus dem Zusammenhang gelöst, oftmals sinnverändernd wirkten. Die Idee zu dieser Sendeform wurde von der in der Bundesrepublik ausgestrahlten Reihe Die rote Optik übernommen, in der sich Thilo Koch mit der DDR-Fernsehpropaganda auseinander setzte.“ (vgl. die Homepage des Deutschen Rundfunkarchivs, http://sk.dra.de/grape/seite1.htm; Stand 03/06).

[xv]Ein Kessel Buntes war die große Samstagabendshow im ersten Programm des DDR-Fernsehens, die stets im Berliner Friedrichstadtpalast aufgezeichnet wurde.“ (http://www.ddr-wissen.de/wiki/ddr.pl?Ein_Kessel_Buntes; Stand 03/06).

 



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Zuletzt geändert:

15-10-2007, 15:45